Raw Frand zu Parschat Wajischlach 5772

Eine kontraintuitive Lesung eines schwierigen Passuks

Die Torah beschreibt, wie Ja’akow seine Familie in Vorbereitung auf das Treffen mit Ejsaw ordnete: "Er stellte die Mägde und ihre Kinder voran, dahinter Leah und ihre Kinder, und Rachel und Josef zuletzt" [Bereschit 33:2]. Obwohl es offensichtlich eine Ordnung geben musste, scheint es ein Problem aufzuwerfen, dass die Torah die Reihenfolge so deutlich aufzählt. Es scheint als ob Ja’akow fand, dass Bilhah und Silpah und ihre Söhne entbehrlich waren – und sie deshalb an die Front schickte, gerade vor Ejsaw. Lehawdil scheint es als ob sie Kanonenfutter waren – die erste Reihe Fussvolk, die von der Attacke des Feindes in der Regel vernichtet werden.

Ähnlich werden auch Leah und ihre Kinder als zweitklassige Familienmitglieder behandelt. Leah war nie Ja’akows Lieblingsfrau und nun wurde auch ihr Teil der Familie in eine mehr ungeschützte Position gestellt als Ja’akows Lieblingsfrau (Rachel) und ihr Sohn (Josef).

Wie sollen wir diesen Passuk lesen, sodass es nicht wie die zynische Berechnung eines Generals tönt, der seine Gefreiten an die vorderste Front schickt, um das Feuer des Feindes abzufangen?

Raw Schach schlägt eine neue Auslegung vor, über die er fühlte, dass sie "Amita schel Torah" war – die wahre Auslegung dieses Passuks. Raw Schach sagte, G’tt behüte, dass diese Positionierung eine zynische Gefühllosigkeit gegenüber den Mägden und ihren Söhnen zeigt. Genau das Gegenteil war der Fall.

Wie wir in der Parscha der kommenden Woche lernen, brachte Josef seinem Vater schlechte Nachrichten über seine Brüder. Raschi erklärt, dass er sagte, Leahs Kinder misshandelten die Söhne der Mägde (Dan, Naftali, Gad und Ascher). Wir müssen dies in die richtige Perspektive setzen, doch die Tatsache ist, dass die Söhne von Bilhah und Silpah emotionell und psychologisch unter den Sticheleien ihrer Halbbrüder litten. Wenn ein Mensch leidet (Jissurim hat), so sühnt dies für ihn und beseitigt seine Schuld im Himmel. Deshalb hatten die Söhne der Mägde die grössten Verdienste der Familie. Da sie wegen ihren Brüdern leiden mussten, schaute Haschem gefällig auf sie, weil sie unterdrückt waren. Aus diesem Grund verdienten sie den vordersten Platz in der Willkommensgruppe. Die Menschen mit den meisten Verdiensten führen das jüdische Volk immer in die Schlacht.

Danach kamen Leah und ihre Söhne, da auch Leah litt. Sie litt unter dem Gefühl, dass Ja‘akow sie nicht liebte. Auch ihre Söhne fühlten die Spannung in der Familie und sie litten. Wieder war es dieses Leiden, dass ihnen den zweiten Platz im Treffen mit Ejsaw einbrachte.

Ironischerweise und anders als wir denken würden, wenn wir den Passuk lesen, standen Rachel und Josef gerade weil sie so von Ja’akow geliebt wurden, hinter allen anderen. Sie konnten sich nicht auf den reinigenden Effekt von Leiden verlassen und mussten deshalb am meisten beschützt werden.

Raw Schach fühlte, dass dies die wahre Auslegung des Passuks ist.

Es ist hart, wenn Menschen leiden. Doch man soll sich immer erinnern – ein Mensch, der leidet, hat mehr Verdienste als einer, der nicht gelitten hat. Leiden entfernt "Schulden", was Menschen, die Schlimmes durchgemacht haben, mit einer weissen Weste zurücklässt. Dies sollte denjenigen ein Trost sein, die während ihrem Leben leiden müssen.



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