Unterschätze niemals die Kraft von Gebeten - (Raw Frand Noach 5781 – Beitrag 1)

Unterschätze niemals die Kraft von Gebeten

Die Haftara von Paraschat Noach stammt aus Kapitel 54 in Jeschaja. (Dies ist auch die Haftara von Parschat Ki Teze.) Die Verbindung zu Parschat Noach wird in zwei Worten in den Pesukim 7-9 angedeutet: "Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen; aber mit grosser Barmherzigkeit werde ich dich einsammeln. Mit leichtem Zorn habe Ich Mein Antlitz für einen Moment vor dir verborgen, aber mit ewiger Gnade werde Ich deiner erbarmen, spricht dein Erlöser, Haschem. Denn wie die „Mej Noach - Wasser von Noach“, soll dies für Mich sein; wie Ich geschworen habe, nie wieder die Wasser von Noach über die Erde zu bringen, so habe ich geschworen, dass ich nicht über dich zürnen noch dich schelten werde.

Weshalb wird die Sintflut Im Propheten Jeschaja als "die Wasser von Noach" bezeichnet? Weshalb heissen sie nicht die Wasser der Generation von Noach? In welchem Sinn ist es Noachs Sintflut? Der Sohar Hakadosch weist Noach zurecht, dass er nicht um Gnade für seine Generation gebetet hat. Der Sohar sagt, dass die Sintflut nach Noach benannt wurde, da er nicht genügend für seine Mitmenschen gebetet hatte.

Man könnte argumentieren, dass dies nicht Noach in die Schuhe geschoben werden sollte. Haschem kam ja zu Noach und verkündete ihm, dass die Menschen der Erde schlecht seien und Er sie deshalb vernichten würde. Wir lesen viel über die Perversion und die Bosheit jener Generation. Haschem befahl Noach eine Tejwa (Arche) zu bauen, um seine Familie und ausgesuchte Tiere zu retten. Weshalb sollte Noach G’ttes Beschluss in Frage stellen und beten, dass Er seine Pläne aussetzen soll? Es besteht kein Grund anzunehmen, dass ein solches Gebet den himmlischen Beschluss hätte ändern können, die langjährige Korruption zu beenden.

Nur, dies ist ein klassisches Beispiel für die unglaubliche Kraft von Gebeten. Dies sagt uns, dass – hätte Noach gebetet – er die Sintflut hätte verhindern können. Er hatte nicht genügend Glauben in die Macht seines Gebets und deshalb kam die Sintflut und wurde nach ihm benannt - Mej Noach.

Den Beweis, dass Noachs Gebete hätten helfen können, entnehmen wir den Pessukim (Versen) nach dem Ende der Sintflut: "Und  Noach baute dem Ewigen einen Altar und nahm von allem reinen Vieh und von allen reinen Vögeln und brachte Opfer dar auf dem Altar. Und als Haschem  den lieblichen Geruch wahrnahm da sprach  Er  in Seinem Herzen: 'Ich werde nie mehr den Erdboden verfluchen um des  Menschen willen... niemals mehr will Ich  alles Leben  totschlagen, wie Ich es getan habe." [Bereschit 8:20-21]. Noachs Gebete wurden angenommen und Haschem beschliesst, dass Noach recht hat. "Nie wieder werde Ich eine Sintflut bringen!" Wir sehen also, dass das Gebet funktionierte. Demnach können wir annehmen, hätte Noach vor dem Mabul einen solchen Altar gebaut und gebetet, so wäre der Mabul vielleicht nie geschehen.

Der Talmud sagt [Rosch Haschana 18a]: Rabbi Meir pflegte zu sagen, zwei Menschen, die an der gleichen Krankheit erkranken oder zwei Kriminelle, die für das gleiche Verbrechen angeklagt werden; es ist möglich, dass der eine gesund wird und der andere nicht, dass der eine freigesprochen wird und der andere nicht. Der eine bleibt leben und der andere stirbt. Wie kann dies sein? Der eine betete und seine Gebete wurden erhört, der andere betete und seine Gebete wurden nicht erhört. Rabbi Meir führt weiter aus – derjenige, der "ein vollständiges Gebet" betete, wurde erhört und derjenige, der kein „vollständiges Gebet“ betete, wurde nicht erhört.

Was ist die Definition eines “vollständigen Gebets” oder eines “unvollständigen Gebets“? Raschi zur Stelle erklärt das „vollständige Gebet“ mit einem Wort: „Kawana (Andacht)“. Jedoch ist es unwahrscheinlich, dass Raschi sagen möchte, dass der Unterschied in der Konzentration liegt. Es ist undenkbar, dass die Gedanken eines Menschen herumstreifen, wenn er auf dem Sterbebett liegt oder vor einem Todesurteil steht. Rabbi Meir meint sicher nicht, dass der eine sich konzentrierte und der andere nicht.

Raw Elja Lopian erklärt, dass “ein vollständiges Gebet" (Tefilla schlejmah) von einem Menschen stammt, der an die Macht seines Gebets glaubt. Er glaubt in die Macht des Allmächtigen und an die Macht seiner eigenen Gebete und deshalb wurde

er erhört.  Der andere glaubte nicht, dass sein Gebet erwidert wird und deshalb wurde er auch nicht erhört. Dies bedeutet die „Kawana“, von dem Raschi spricht.

Die Schwester des Kotzker Rebbe wurde einst krank und nichts half ihr. Sie ging zu ihrem Bruder, dem Rebben und bat ihn, dass er für sie bete. Er schaute sie an und sagte, "Ich kann nichts für dich tun" und schloss die Tür vor ihrer Nase. Seine Schwester begann zu weinen, "Herr der Welt, mein eigener Bruder will mir nicht helfen. Nur Du kannst mir helfen, hilf mir bitte!" Der Kotzker Rebbe öffnete die Tür wieder und sagte, "Das wollte ich hören. Es ist nicht der Kotzker Rebbe oder die Ärzte, die dir helfen können, es ist nur der Herr der Welt. Ich wollte, dass du dies realisierst. Jetzt wird alles in Ordnung kommen!" Dies ist die Definition eines "vollständigen Gebets".

Der Ba’al Schem Tow sagt, dass Gebete eines der höchsten Dinge dieser Welt sind, doch Menschen behandeln sie leichtsinnig. Oft beten wir und unsere Gebete haben weltumfassende Auswirkungen, obwohl wir dies nicht realisieren; manchmal denken wir sogar, dass sie nicht erhört wurden. Wir sehen keine sofortigen Ergebnisse; aber Generationen später werden diese sichtbar. Wir denken, dass wenn wir für einen unserer Familienmitglieder beten, so müssen diese Gebete diesem Menschen helfen. Dies ist auch verständlich. Jedoch kennen wir nicht die Macht der Gebete. Oft helfen unsere Gebete vielen anderen Personen ihr Leben zu retten, obwohl wir das Gebet für eine ganz andere Person ausgesprochen hatten.

Quellen und Persönlichkeiten:

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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