Gedanken zu Paraschat Pekudej 5779  

Das Mischkan und der Schabbat

Aus der jüdischen Zeitung, Nr.10, 22. Ador 5778 / 9. März 2018

Bearbeitet und ergänzt von S. Weinmann

Anfangs von Paraschat Pekudej [38:21] erklärt Raschi die Worte ‚Mischkan Ha’Edut – Wohnung des Zeugnisses‘: „Dies dient als Zeugnis für Jisrael, dass der Heilige, gelobt sei Er, ihnen die Sünde des goldenen Kalbes verziehen, da er seine Schechina in ihrer Mitte wohnen liess.“

Das Mischkan bestätigt, dass die Schechina beim Klall Jisrael weilt! Das ist nach dem Götzendienst des goldenen Kalbes wahrhaftig keine selbstverständliche Sache. Denn nach dieser schrecklichen Sünde sollte die Schechina eigentlich nicht beim Klall Jisrael weilen. Nachdem die Jehudim nun also feststellen durften, dass sich die Schechina dennoch im Mischkan niederliess, wussten sie mit Sicherheit, dass ihnen ihre Sünde verziehen worden ist.

Die vorwöchige Parascha (Wajakhel) beginnt mit der Mizwa von Schabbat: „Das sind die Dinge, die Haschem befohlen hat, sie zu tun: “Sechs Tage hindurch darf Arbeit verrichtet werden, der siebte Tag  aber sei euch ein heiliger, hoher Schabbat…“ Gleich anschliessend folgt dann der Befehl, für den Bau des Mischkans zu spenden und die diversen Arbeiten, die mit dem Mischkan in Verbindung stehen, auszuführen, wie sie in den Paraschot Wajakhel und Pekudej geschildert werden.

Der Chatam Sofer (Torat Mosche Ki Tissa) wundert sich darüber. Denn auch in Paraschat Ki Tissa finden wir, dass die Tora diese zwei Dinge bringt, aber in einer verkehrten Reihenfolge. Zuerst steht vom Bau des Heiligtums und erst danach steht die Mizwa des Schabbats?

Er erklärt, dass das Mischkan als ‚Sühner‘ definiert wird; denn in Paraschat Ki Tissa steht folgender Vers [30:15]: „… so sollt ihr die Spende (des halben Schekels) für den Ewigen geben, um für eure Seelen Sühne zu erwirken“. Raschi erklärt zur Stelle, dass sich dies auf die Opfer bezieht, die mit dieser Spende gekauft werden und im Mischkan dargebracht werden und diese dann eine Sühne erwirken. So kann auch jedermann Korbanot (Opfer) im Mischkan darbringen, um für seine Sünden eine Sühne zu erwirken.

Unsere Weisen sagen (Sewachim 7b), wenn einer zwei Opfer darbringen muss, ein Chatat/Sündopfer und ein Ola/Ganzopfer, so wird das Sündopfer zuerst dargebracht, denn: „Zuerst kommt der Fürsprecher und verteidigt den Angeschuldigten beim König und wenn er Erfolg hat folgt das Geschenk des Angeklagten“. So auch wird das Sündopfer, das auf die schwersten Sünden sühnt, zuerst dargebracht und dann folgt das Ganzopfer, das im Verhältnis zum Sündopfer eher ein Geschenk darstellt und nur auf leichte Vergehen, wie z.B. schlechte Gedanken, gebracht wird.

In unserem tagtäglichen Leben ist es auch so: Möchte man einem Freund ein schönes Geschenk geben, dann schaut man an erster Stelle für die Übergabe einen Moment auszusuchen, in dem man mit dem Freund in guter Beziehung steht. Tat man etwas gegen den Willen des Freundes, dann wird man zuerst versuchen, den Freund um Verzeihung zu bitten und ihm erst danach das Geschenk zu überreichen. Ansonsten würde der Freund das Geschenk verschmähen. 

Der Schabbat ist einerseits ein Geschenk für den Klall Jisrael, den Haschem aus Seiner Schatzkammer nahm und dem Klall Jisrael schenkte, wie es heisst [Traktat Schabbat 10b]: "…Der Heilige, gelobt sei er, sprach zu Mosche: Ein kostbares Geschenk habe ich in meiner Schatzkammer und sein Name ist Schabbat, und ich möchte es Israel geben. Geh und lass sie es wissen ...".


Gleichzeitig erbringen wir aber auch eine Leistung für G“tt, wenn wir unseren Schabbat Seinem Willen gemäss einhalten. Wir zeigen damit, dass wir bereit sind sich dem Willen G“ttes zu unterstellen und alle unsere Arbeiten und Vergnügungen am Schabbat aufzugeben. Das Halten des Schabbats ist unser Geschenk an G-tt.

Nun schauen wir uns die zwei Paraschot an:

In Paraschat Ki Tissa steht zuerst vom Bau des Heiligtums und erst danach steht die Mizwa des Schabbats. Bevor die Tora über das Geschenk des Schabbats spricht, das der Klall Jisrael HKB“H geben möchte, wird der Bau des Mischkans beschrieben. Nachdem das Mischkan die Sühne bringt und man die herrliche Beziehung zum Ewigen vollkommen hergestellt hat, wird die Mizwa des Schabbats als Geschenk dem Ewigen gebracht. 

Hingegen folgt Paraschat Wajakhel, nachdem der Klall Jisrael sich mit dem goldenen Kalb gegenüber HKB“H schwer versündigt hatte. Da kann man nicht mit ein paar Korbanot/Opfer alles wieder gut machen. Mit der Sünde des Götzendiensts können wir nicht ins Heiligtum treten, sondern müssen uns zuerst von dieser grossen Sünde reinwaschen. Und so braucht es zuerst ein fehlerfreies Einhalten des Schabbats. Denn das grosse Geschenk des Schabbats, das

wir von Hkb“H erhalten haben, kann selbst für die schwersten Sünden wie den Götzendienst sühnen! Die Gemara [Traktat Schabbat 118b] schreibt: "Rabbi Chija bar Abba sagte im Namen von Rabbi Jochanan: Jeder, der den Schabbat gemäss der Halacha beachtet, wird Vergebung zuteil, sogar, wenn er Götzendienst gedient hat wie die Generation von Enosch...".  

Erst nachdem wir unsere Aufopferung für ein fehlerfreies Einhalten des Schabbats beweisen und in diesem Verdienst die schweren Sünden gesühnt werden, können wir über den Bau des Heiligtums sprechen. Erst dann haben wir das Verdienst, das Heiligtum zu betreten und die Korbanot, die für leichtere Sünden sühnen, als Geschenk an den Ewigen darzubringen.

Bemerkenswert ist auch, dass die Mizwa des Schabbats in Paraschat Wajakhel und in Paraschat Ki Tissa in ganz anderer Form beschrieben wird. Während in Ki Tissa – vor der Sünde des Ejgels – hauptsächlich vom ‚Zeichen‘ zwischen dem Klall Jisrael und Haschem, die der Schabbat zum Ausdruck bringt, die Rede ist, steht in Paraschat Wajakhel nur das Verbot, am Schabbat jegliche Arbeit zu verrichten. Denn in Wajakhel, nach dem Ejgel, steht der Schabbat als Sühne für die Sünde des Ejgel. Man musste beweisen, dass man auf alle Arbeiten der Werktage verzichten kann.

Vor der Sünde des Ejgels drückte der Schabbat den gegenseitigen Bund und das gegenseitige Geschenk aus, die infolge des Einhalten des Schabbats zum Vorschein kommen, hingegen in Wajakhel, nach der Sünde, wird der Verzicht auf die Arbeit in den Vordergrund gestellt.

Quellen und Persönlichkeiten:

Chatam Sofer (1762-1839) [Rabbi Mosche Sofer / Schreiber]; Pressburg/Bratislava, Slowakei. Rosch Jeschiwa und einer der führenden Rabbiner des 19. Jahrhunderts. Verfasser von zahlreichen Werken, wie 7 Bände Responsen, 7 Bände Kommentare zur Tora und Predigten, Erklärungen zum Talmud, Briefe und Gedichte, etc.

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Die Bearbeitung dieses Wochenblatts erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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