Bräuche, die auf die Tage der Pharisäer und Sadduzäer zurückgehen - (Rav Frand Emor 5780 – Beitrag 1)

 

Übersetzung und Ergänzungen: S. Weinmann

Bräuche, die auf die Tage der Pharisäer und Sadduzäer zurückgehen

Paraschat Emor enthält den biblischen Befehl, den Omer zu zählen: „Und ihr sollt am nächsten Tag des Schabbats (Ruhetages) zählen, ab dem Tag, da ihr das Omer der Schwingung dargebracht, sieben volle Wochen sollen es sein.“ [Wajikra 23:15]. Die Interpretation des Ausdrucks „am nächsten Tag des Schabbats“ (miMacharat haSchabbat) war eines der klassischen Auseinandersetzungen zwischen den Zeddukim und den Peruschim [Sadduzäern und Pharisäern].

Die rabbinische Interpretation, basierend auf der Überlieferung des mündlichen Gesetzes, war, dass der „nächste Tag des Ruhetages“ den Tag, nach dem ersten Tag von Pessach bedeutete, nämlich der 16. Nissan. Basierend auf dieser Tradition besteht unsere Praxis darin, die Omer-Zählung am zweiten Tag von Pessach zu beginnen.

Die Zeddukim waren buchstäbliche Bibelausleger, die nicht an das mündliche Gesetz glaubten und „das Morgen des Schabbats“ als Sonntag interpretierten. Somit wäre der Sonntag in der Woche von Pessach der erste Tag der Omer-Zählung und der Feiertag von Schawuot immer an einem Sonntag, sieben Wochen später.

(Anmerkung des Übersetzers: Der Katholizismus hat diese Interpretation von den Sadduzäern übernommen, daher ist Ostern und Pfingsten immer an einem Sonntag mit sieben Wochen dazwischen. Diese Interpretation ist auch lächerlich, denn sollte die Tora den regulären Schabbat meinen, müsste sie ein Datum für diesen Schabbat angeben, wie Raschi in der dieswöchigen Parascha [23:11] erklärt.)

Rav Schlomo Salman Auerbach machte eine interessante Beobachtung. Der Schabbat vor Pessach wird als „der grosse Schabbat“ (Schabbat haGadol) bezeichnet, und es gibt Dutzende von Erklärungen, warum dies so ist. Rav Schlomo Salman bot seine eigene interessante Vermutung an:

Wir sehen aus diesem Passuk [Vers], dass der erste Tag des Jom Tov von Pessach Schabbat genannt wird. So enthält die Woche von Pessach zwei Tage, die "Schabbat" genannt werden - den normalen Schabbat-Tag und den ersten Tag von Pessach, der auch "Schabbat" genannt wird. Wie unterscheidet man zwischen einem "normalen Schabbat" und einem "Schabbat", der in Wirklichkeit Pessach ist"? Rav Shlomo Salman antwortet, dass der reguläre Schabbat "Gadol " genannt wird, wie wir es in "Rezej" - im Schabbat-Zusatz zu Birkat HaMason – sagen:  "Stärke uns G-tt durch Deine Gebote und durch das Gebot des siebten Tages, des grossen und heiligen Schabbat’s (HaSchabbat haGadol wehaKadosch hase)…". Da der reguläre Schabbat "Gadol" heisst, wird der Schabbat vor Pessach - um ihn von dem anderen feierlichen Tag in der gleichen Woche zu unterscheiden, der auch Schabbat genannt wird - als "Schabbat haGadol" bezeichnet.

Rav Schlomo Salman macht noch eine weitere interessante Beobachtung. Wenn wir jemanden zur Tora aufrufen, nennen wir ihn „REB“ so und so, ben (Sohn von) so und so. Woher kommt dieser Begriff „REB“? Rav Schlomo Salman schlägt vor, dass dieser Brauch vielleicht zur Zeit der Zeddukim und Peruschim begann. Die Leute, die den Peruschim folgten, waren die Anhänger der Rabbiner. Jeder Anhänger der Peruschim hatte daher den Titel „Reb“, der bezeichnete, dass er zum ​​Lager der Rabbiner gehörte. Es war ein Ehrenzeichen, „Reb so und so“ genannt zu werden, denn das bedeutete, dass die Person kein Sadduzäer war, sondern ein Anhänger der Rabbiner.

 

Quellen und Persönlichkeiten:


Rav Schlomo Salman Auerbach (1910 - 1995);  berühmter Rabbiner, Possek, Rosch Jeschiwat Kol Torah, einer der gefragtesten Dezisoren  seiner Zeit, geachtet von allen Gruppierungen des Judentums. Jerusalem, Israel. An seiner Beerdigung nahmen rund 300’000 Menschen teil.

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Die Bearbeitung des Beitrages dieser Woche erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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