Mitgefühl für den Lästerer - (Rav Frand Emor 5780 – Beitrag 2)

 

Übersetzung und Ergänzungen: S. Weinmann

Mitgefühl für den Lästerer

 

 

Das Ende von Paraschat Emor enthält den tragischen Vorfall des Megadef (G-tteslästerer).                                                        Das jüdische Volk und auch Mosche kannten zunächst nicht die angemessene Strafe für jemanden, der den Namen G-ttes verwünschte. Deshalb wurde der Sündige in Gewahrsam genommen, bis Haschem seine Strafe bekannt geben wird.

Raschi leitet aus der Verwendung des Pronoms „Man brachte IHN (vajanichuHU) in die Haft“, dass der Lästerer alleine im Gefängnis sitzen musste. Wer war wohl noch in Haft? Sagt Raschi, dass auch der Vorfall des Holzhauers (Mekoschesch Ejzim), der den Schabbat entweihte [Bamidbar 15:32-36], zur gleichen Zeit geschah und auch er in Erwartung weiterer Anweisungen des Allmächtigen im Gefängnis sass. Jedoch – betont die Tora - wurden sie nicht in derselben Gefängniszelle inhaftiert. [Im Fall des Schabbat-Entweihers war bekannt, dass er die Todesstrafe verdient, wie es bereits in Schemot [31:14] heisst: «Mechaleleha mot jumat – wer ihn entweiht, soll getötet werden», jedoch war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, welche Art von Todesstrafe er zu erleiden hatte.]

Ich habe einen sehr interessanten Gedanken im Sefer Ikvej Erev von Rav Esriel Lankeh gesehen. Rav Lankeh fragt, warum die beiden Sünder nicht in dieselbe Zelle gebracht wurden. Rav Lankeh erklärt, dass damals noch nicht bekannt war, dass der Megadef die Todesstrafe verdient. Wenn eine Person kein Kapitalverbrechen begangen hat, möchte sie nicht in dieselbe Zelle wie eine Person in der Todeszelle gebracht werden. Es wäre unangemessen gewesen, ihn in die Todeszelle zu bringen, wenn er selbst nicht für dieses Schicksal bestimmt worden ist. Bis Mosche tatsächlich hörte, wie seine Bestrafung aussehen würde, steckten sie ihn in eine separate Gefängniszelle, damit er sich keine Sorgen machen sollte.

Dies ist die Sensibilität seitens der Tora, dass wir dieser Person nicht ein unangemessenes Leid bereiten sollen. Überlegen Sie, mit welcher Art von Person wir es zu tun haben, mit einer Person, die das schreckliche Verbrechen begangen hat, den Namen G-ttes zu lästern! Dies ist kein Verbrechen aus Leidenschaft oder Lust. Dies ist eine völlige Rebellion gegen den Meister des Universums. Welche Freude hat eine Person daran, den Namen G-ttes zu verwünschen? Dies ist eine echte boshafte Person. Warum sollte ihm Sensibilität und Mitgefühl entgegengebracht werden? Unsere anfängliche Neigung wäre, ihn ins Gefängnis zu bringen, den Schlüssel wegzuwerfen und ihn dort verrotten zu lassen! Lass ihn sich Sorgen machen, was er will! Wir haben es hier nicht gerade mit einem Zaddik zu tun!

Wir sehen, dass er trotz alledem immer noch ein Jude ist und selbst ein solcher Jude mit Sensibilität behandelt werden muss. Wir kennen sein Schicksal noch nicht. Der Allmächtige wird es uns an irgendeinem anderen Tag kundtun. In der Zwischenzeit müssen wir ihm Mitgefühl zeigen und seine Angst nicht unnötig verstärken, indem wir ihn veranlassen, über ein Schicksal nachzudenken, das schlimmer sein könnte als das, was der Allmächtige uns mitteilen wird, das er tatsächlich verdient.

Wenn die Tora so besorgt über die Gefühle eines Megadef ist, um wie viel mehr müssen wir dann sensibel auf die Gefühle und Sorgen eines gewöhnlichen Juden reagieren, dem kein so schweres Verbrechen vorgeworfen wird?

Quellen und Persönlichkeiten:

Raschi (1040-1105) [Rabbi Schlomo ben Jizchak]; Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller TENACH- und Talmudkommentare“.

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Die Bearbeitung des Beitrages dieser Woche erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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