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Raw Frand zu Parschat Beha'alotecha 5766

Die Wolke zieht weiter, genauso wie das Leben

In der dieswöchigen Parscha gibt es einen sehr interessanten Ramban. Die Torah sagt, dass die Reisen und Aufenthalte des jüdischen Volkes in der Wüste von der Fortbewegung der Wolke abhängig waren, die sie begleitete. Der Ramban bemerkt dazu, dass es für die Juden nicht ungewöhnlich war, an einem absolut unwirtlichen Ort anzukommen. Es gab Zeiten, an denen sie den Ort sofort wieder verlassen wollten, aber sie mussten bleiben, weil die Wolke über dem Stiftszelt weilte. Zu anderen Zeiten geschah es ebenso, dass sie erschöpft an einem herrlichen Ort ankamen und sich wünschten, dort einige Zeit bleiben zu können. Oft war es aber an solchen Orten so, dass die Wolke nach nur zwei bis drei Tagen weiterzog und sie ihre Reise fortsetzen mussten.

Der Ramban fügt hinzu, dass sie manchmal an einen Ort, wo die Wolke hielt, kamen und sie alles ausluden. Dann, am nächsten Morgen, nachdem sie mit dem Auspacken aller ihrer Habseligkeiten fertig waren, zog die Wolke weiter und sie mussten alles wieder einpacken und weiterreisen.

Man stelle sich einen solchen Vorgang vor! Wir wissen, was es alles braucht, um auf eine Reise zu gehen. Alles wird im Kombiwagen verstaut. Mit grosser Mühe wird die Ladung auf dem Dach festgebunden. Kommen wir endlich ans Ziel, möchten wir doch wenigstens einige Wochen lang bleiben können!

Dies ist die Bedeutung des Passuks: „Wenn die Wolke über der Wohnung (Stiftszelt) lange Zeit verweilte, so beobachteten die Kinder Israels die Vorschrift des Ewigen und brachen nicht auf.“ [Bamidbar 9:19] Die Reisen waren nicht leicht. Sie waren eine gewaltige Prüfung.

Es gibt jedoch eine offensichtliche Frage. G’tt ist kein launenhafter Puppenspieler, der fordert, dass Menschen ohne Grund „springen“ müssen. Worin lag der Sinn, den Aufenthalt in der Wüste so willkürlich und beschwerlich zu gestalten?

Rav Dessler gibt dazu in seinem Sefer (Buch) Michtav mi’Elijahu (Band 4) einen sehr interessanten Kommentar. Rav Dessler erklärt, dass die Juden während der Zeit, die sie in der Wüste verbrachten, viel aus der Torah empfingen. Vielleicht wollte G’tt uns lehren, dass wir, unabhängig von äusseren Umständen, Torah lernen und Mizvot ausüben müssen. Viele von uns sagen: „Wenn wir nur ein wenig mehr Zeit hätten.“ Oder: „Wenn wir uns nur nicht so sehr um unseren Lebensunterhalt kümmern müssten …“ „Wenn wir uns nur nicht um unsere Kinder sorgen müssten.“ – „Dann könnte ich sitzen und Torah zu lernen, dann könnte ich richtig davenen (beten) ohne hetzen zu müssen!“

Als Rebbe in der Jeschiva muss ich von Zeit zu Zeit einen Bachur (lediger Student) strafen, wenn er sich nicht so verhält, wie er sollte. Ich höre oft Entschuldigungen wie: „Ich habe viele Hausaufgaben.“ Oder: „Ich habe Schwierigkeiten mit Schiduchim (Partnersuche). Wenn ich nur einen Schiduch hätte und die Schule beendet hätte… wie wäre ich dann fähig zu sitzen und zu lernen!“ Aber das Leben funktioniert so nicht. Das Leben ist immer voller Störungen. Wir leben nicht im Gan Eden (Garten Eden). Es gibt finanzielle Probleme. Es gibt Probleme mit den Eltern, Probleme mit den Kindern. Es gibt immer Probleme!

Das lehrt uns die Torah anhand der Reisen in der Wüste. Das Leben in der Wüste war nicht einfach. Es war kein Picknick. Aber das Leben muss weitergehen. In anderen Worten, wir müssen weiterlernen und weiterhin ehrlich und würdig als Juden leben, unabhängig von den äusseren Umständen.

Wer die Geschichte der Mirrer Jeschiva während der Zeit des 2. Weltkrieges liest, kann sich nur wundern. Die Mirrer Jeschiva floh von Mir in Polen nach Russland, dann quer durch Russland nach Kobe in Japan und von Kobe nach Schanghai in China. Es waren junge Männer, ledige und verheiratete, die nicht wussten, was der nächste Tag ihnen bringen würde. Bachurim waren von ihren Familien getrennt. Sie wussten nicht, ob ihre Familien noch am Leben waren oder nicht. Sie wussten nicht, ob sie jemals aus dem „Sumpf“ herauskommen würden; und wenn ja, ob sie jemals heiraten könnten.

Jeder „Mirrer Talmid“ (Student an der Mirrer Jeschiva) dieses Zeitabschnittes kann uns bestätigen, dass der Jeschiva-Betrieb auch in den schlimmsten Tagen in Schanghai weitergeführt wurde. Die Sedarim (regelmässige Lernzeiten für das Lernen der Torah) wurden beibehalten, die Menschen lernten und schrieben Torah-Sefarim (Bücher). Sie lernten Torah unter den schlimmsten Bedingungen.

Wir haben, Baruch Haschem (G’tt sei Dank), ein verhältnismässig leichtes Leben. Unsere Eltern machten viel Schlimmeres durch, als wir uns vorstellen können. Trotz schlimmster Umstände lernten sie Torah und übten Mizvot aus. Dies ist die Lehre der Wolke: Weiterzumachen, obwohl nicht alles auf einem silbernen Tablett serviert wird. Das Leben wird nicht auf einem silbernen Tablett serviert, aber das Leben, das heisst Torah und Mizvot, muss weitergehen.


Quellen und Persönlichkeiten:
Ramban (1194 -1270) [Rabbi Mosche ben Nachman]: einer der führenden Toragelehrten des Mittelalters; Gerona, Spanien, Jerusalem.
Rav Eljahu Dessler (1891 - 1954): Eine der herausragendsten Persönlichkeiten der "Mussar-Bewegung" (moralische Erneuerung); London, Gateshead, Bnej Brak (Israel).



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