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Raw Frand zu Parschat Balak 5766 (Beitrag 1)

Bilam verlor sein Schreckempfinden

Die Weisen verblüffen uns mit einer erstaunlichen Aussage: Bilams prophetische Kräfte waren gleichwertig zu denen von Mosche. Im Vers steht: „Es stand aber in Israel kein Prophet mehr auf wie Mosche.“ [Devarim 34:10] Die Rabbiner erklären, dass spezifisch in Israel kein anderer solcher Prophet aufstand, aber andere Nationen der Welt brachten solch einen Propheten hervor. Wer war es? Bilam, der Sohn des Pe’or. [Sifri]

Wir sprechen also von einem Menschen, der eine Beziehung zu G’tt hatte, wie man sie sich nur träumen kann. Wir wissen jedoch gleichzeitig, dass er eine Haltung hatte, die nur schwer nachzuvollziehen ist. Auf die Frage G’ttes an Bilam: „Wer sind diese Männer bei dir?“ antwortet Bilam G’tt gemäss Raschi auf hochnäsige Weise: „In Deinen Augen mag ich vielleicht unbedeutend erscheinen, in den Augen von Königen bin jedoch wichtig.“

Später, in einer der verblüffendsten Begebenheiten der Torah, scheint Bilam nicht im Geringsten davon beeindruckt zu sein, dass sein Esel mit ihm zu reden beginnt. Er antwortet einfach und beginnt mit dem Esel ein Gespräch, als ob es sich um etwas Alltägliches handelte.

Wie können wir diese widersprüchliche Persönlichkeit Bilams verstehen? Rav Schwab vermittelt uns einen interessanten Gedanken. G’tt gab uns verschiedene Sinne. Die meisten von uns sind mit dem Sehsinn, dem Gehör, dem Geschmackssinn, dem Tastsinn und dem Geruchssinn gesegnet. Es gibt auch den Sinn, der uns befähigt, von gewissen Phänomenen auf dieser Welt beeindruckt zu sein.

In unserem Dienst für G’tt ist der Sinn, beeindruckt zu werden („nitpa’el“) unabdingbar. Der Rambam spricht vom Menschen, welcher von Ehrfurcht von der Schöpfung erfasst und überwältigt wird, von der Weisheit und der Schönheit der Natur. Dies ist ein Sinn, den wir in uns zur Entfaltung bringen sollten, ein Gefühl von Zuneigung und Ehrfurcht gegenüber dem Schöpfer.

Genau wie alle anderen Sinne bei falschem Gebrauch abgestumpft und abgetötet werden können, so kann dies auch beim sechsten Sinn der Fall sein. Wenn ein Mensch lange genug laute Musik hört, kann er sein Gehör verlieren. Wenn ein Mensch unaufhörlich scharfe Speisen einnimmt, setzt er seinen Geschmackssinn aufs Spiel. Ebenso kann ein Mensch seiner Fähigkeit, beeindruckt zu werden, verlustig gehen. Wie kann das passieren? Wie schafft es ein Mensch, seine Fähigkeit, beeindruckt zu werden, zu verlieren?

Rav Schwab meint, dass ein Mensch seine Fähigkeit, beeindruckt zu werden, durch vollkommene Hingabe zu Genuss und Vergnügen dieser Welt verliert. Wenn ein Mensch von Genuss, Habgier, Völlerei und Konsum besessen ist und nichts anderes im Sinn hat, als sich auf unanständige und abstossende Art zu vergnügen, so wird ihm nach einiger Zeit nichts mehr Eindruck machen. Er ist so mit der Zufriedenstellung seiner Genussansprüche verbraucht, dass ihn nichts mehr beeindrucken kann.

Dieses Konzept scheint schwer verständlich, und doch: Wir müssen nur unsere Augen aufmachen und schauen, was heute in der westlichen Welt geschieht. Es gibt nichts, was noch Eindruck macht. Die Filme werden immer eindeutiger und brutaler. Die Musik wird immer abstossender. Die Redensweisen und die Worte, die verwendet werden, werden immer unverblümter, weil heute nichts mehr Eindruck macht. Unsere Gesellschaft hat den Sinn für das Wundersame verloren. Wir sind verroht.

Um einen kürzlichen Kommentar der „Baltimore Sun“ zu zitieren: „Amerika hat sein Gefühl für den Schrecken verloren. Nichts schockt uns heute mehr.“

Das ist, was mit Bilam geschah. Nichts konnte ihn mehr erschrecken. Sein Haustier sprach mit ihm und er ging sehr locker damit um.

Jedermann ist mit mir einig, dass es eine ernste Sache ist, die Sehkraft oder das Gehör zu verlieren, chas ve’schalom. Wir sollten auch erkennen, dass der Verlust der Fähigkeit, beeindruckt zu werden, sehr ernst ist. Der Verlust des Sinnes für das Aussergewöhnliche ist eine Folge des gierigen und genussüchtigen Lebens, welches Bilam führte.


Quellen und Persönlichkeiten:
Sifri: Alter Torahkommentar.
Raschi (1040 - 1105) [Rabbi Schlomo ben Jizchak]; Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller Torakommentare“.
Rav Schimon Schwab (1908 - 1995): Rabbiner der Gemeinde Adat Jeschurun in Washington Heights, New York.



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