Raw Frand zu Parschat Schoftim 5773

Anstiftung zum Götzendienst ist schlimmer als die Handlung selbst

Im Altertum pflegten Götzendiener einen Baum namens Aschera zu pflanzen, den sie für allerlei rituellen Kult verwendeten. Die Torah lehrt uns zu Beginn dieses Wochenabschnitts: "Pflanze dir keinen Hain [hebr. Aschera], überhaupt keinen Baum neben dem Altar des Ewigen, deines G-ttes, den du dir errichten sollst. Und du sollst dir keinen Opferstein [hebr. Mazewa] aufrichten, den der Ewige, dein G-tt, hasst." [Dewarim 16:21-22]

Raschi weist darauf hin, dass uns befohlen wird, einen Altar aus mehreren Steinen und einen Altar aus Erde (gefüllt mit Erde) zu machen - doch ein Altar aus einem einzigen Stein (Mazewa) gehörte zum Ritual der Kena'aniter und war daher verhasst in den Augen des Allmächtigen. Raschi fährt fort: "Obwohl die Mazewa zu Zeiten der Stammväter von Ihm [G-tt] geliebt wurde, ist sie jetzt verhasst geworden, weil sie zum Bestandteil heidnischer Rituale wurde."

Der Ramban (Nachmanides) wundert sich über Raschi und schreibt in seinem Kommentar, er könne diese Erklärung nicht verstehen, denn schliesslich machten die Kena'aniter bei ihren heidnischen Ritualen sowohl Gebrauch von der Mazewa (einem Altar aus einem einzigen Stein), als auch vom Misbeach (einem Altar aus mehreren Steinen). Er zitiert zum Beweis seiner Aussage den Vers: "Und reisset ihre Altäre [aus mehreren Steinen] nieder und zertrümmert ihre Opfersteine [aus einem einzigen Stein], und ihre Haine [Aschera-Bäume] verbrennet durch Feuer..." [Dewarim 12:3]. Der Ramban hat daher eine andere Erklärung dafür: Er ist der Ansicht, dass die Heiden innerhalb ihrer Tempel Altäre aus mehreren Steinen hatten, auf denen sie Opfer für ihre verschiedenen Götter darbrachten. Ausserdem hatten sie einen einzigen, grossen Stein am Eingang des Tempels, auf dem ihre Priester standen - und ganz in der Nähe pflanzten sie einen riesigen Baum, um den Weg zum heidnischen Tempel zu weisen.

Wir müssen uns vor Augen halten, dass es zu dieser Zeit noch keine Plakatwände, Neonschilder und Helium-Ballons gab. Auf welche Art wies man also Menschen den Weg, wie sie zu einem Hause des Götzendienstes gelangen konnten? Man stellte eine Mazewa auf und pflanzte einen speziellen, grossen Aschera-Baum am Eingang der Tempel - das Markenzeichen heidnischer Tempel. Aus diesem Grunde verbat G-tt, dem Götzendienst zuwider ist, die Mazewa und Aschera und erlaubte ausschliesslich den Misbeach, der für die Opfergaben notwendig ist.

Das Sefer Ikwej Erew stellt genau dieselben Fragen zum Ramban, wie der Ramban zu Raschi stellt: Er wundert sich, inwieweit der Ramban die Problematik klärt, denn nach wie vor verstehen wir nicht den Unterschied zwischen Misbeach und Mazewa. Warum hat G-tt ersteres erlaubt und letzteres verboten? Im Gegenteil: Gemäss dem Ramban, war der Misbeach INNERHALB des heidnischen Tempels und die Mazewa war AUSSERHALB. Der Misbeach war der Altar, auf dem sie ihre eigentlichen Opfer darbrachten. Die Mazewa hingegen wurde nur als Plattform benutzt, auf der die Priester zu stehen pflegten. Es würde daher wohl mehr Sinn machen, den Misbeach zu verbieten und die Mazewa zu erlauben!

Aus diesem Grund kommt der Ikwej Erew auf ein sehr interessantes Konzept: Die Aschera und die Mazewa, die ausserhalb des Götzentempels standen, waren SCHLIMMER als der Misbeach, der drinnen stand. Er zitiert das Gebot des Mejssit (hebr. Hetzer, Anstifter), der die Menschen zum Götzendienst anzustiften versucht [Dewarim 13:7-12]. Der Tatbestand, einen jüdischen Mitmenschen zum Götzendienst zu verführen, ist das schlimmste Verbrechen, das ein Jude begehen kann. Die Torah verbietet es, jegliches Mitleid gegenüber dem "Anstifter" zu haben. Die Prozeduren des jüdischen Religionsgesetzes, die sich auf die Strafverfolgung des Anstifters beziehen, beinhalten Anweisungen zur Schliessung jeglicher rechtlicher Schlupflöcher, die es beim Verfahren der Strafverfolgung aller anderen Sünden gibt. Dies bedeutet, dass die Strafverfolgung des Anstifters die strengste in unserer Religion ist.

Es gibt sogar ein beispielloses Gesetz, das es erlaubt, einem verdächtigten Anstifter eine Falle zu stellen. Es empfiehlt, Zeugen hinter einem Zaun zu verstecken und den Anstifter darum zu bitten, seine Worte der Empfehlung hinsichtlich des Götzendienstes zu wiederholen - woraufhin die Zeugen herausspringen und ihn aller einschlägigen Verbrechen bezichtigen!

Wir lernen also aus dem Konzept des Mejssit, dass es schlimmer ist, Menschen vom richtigen Weg abzubringen und sie zum Götzendienst zu verleiten, als den Götzendienst selbst zu verrichten. Die Todesstrafe für Götzendienst lautet Sajif (Tod durch das Schwert), wohingegen die Strafe für Anstiftung zum Götzendienst Skila (Steinigung) lautet, was die härteste Form der Todesstrafe darstellt.

Wenn dies der Fall ist, können wir jetzt verstehen, warum der Misbeach (der für die rituellen Handlungen des Götzendienstes an sich verwendet wurde) nicht für den G-ttesdienst (im jüdischen Tempel) verboten worden ist, wohingegen die Aschera und die Mazewa, die zur Anlockung von Menschen zu heidnischen Tempeln dienten, von G-tt verabscheut und für immer vom jüdischen G-ttesdienst verbannt worden sind.

 

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