Der treue Diener war für seine Frau ein treuer Ehemann - (Raw Frand Beha'alotecha 5781 - Beitrag 2)

Am Ende der dieswöchigen Parascha finden wir eine aussergewöhnliche Begebenheit zwischen Mosche und seinen Geschwistern:

Es heisst: ‘Mirjam und Aharon redeten über Mosche wegen der kuschitischen Frau, die er genommen hatte; denn er hatte eine kuschitische Frau genommen hatte. Sie sprachen: ‘Hat denn der Ewige nur mit Mosche alleine geredet? Hat Er nicht auch mit uns gesprochen?’ Und der Ewige hörte es. Mosche aber war ein sehr bescheidener Mann, mehr als irgend ein Mensch auf Erden. Der Ewige sprach plötzlich zu Mosche, Aharon und Mirjam: Gehet alle drei zum Stiftzelt… Nicht also mein Diener Mosche, in meinem ganzen Hause hat er sich als treu bewährt (ist er beständig)… [Bamidbar 12:1-16].

Der treue Diener war für seine Frau ein treuer Ehemann

Das Ende dieser Parascha erzählt die Geschichte, in der Mirjam "Laschon Hara" (üble Nachrede) über ihren Bruder Mosche sprach, als es um "die kuschitische Frau, die er geheiratet hatte" [Bamidbar 12:1] ging. G'tt zürnte Mirjam und verteidigte Mosche mit einer Lobrede, wie sie während der gesamten Geschichte der Menschheit noch nie über einen Menschen gesprochen worden war.

Es gibt eine Vielzahl von Auslegungen, wie Mirjams Tadel über die "kuschitische Frau, die Mosche geheiratet hatte" zu verstehen ist. Der Moschaw Sekejnim mi'Ba'alej haTossafot fasst diese Rüge auf eine aussergewöhnliche Weise auf. Er erklärt, dass Mirjam meinte, dass es "unter Mosches Würde sei, unter den jetzigen Lebensumständen mit einer midjanitischen Frau verheiratet zu sein".

Als Mosche schon beinahe 80 Jahre alt war, befand er sich auf der Flucht. Es hatte ihn als 'Rechtsbrecher' nach Midjan verschlagen und dort heiratete er Ziporah. Es war für Mirjam noch verständlich, dass er unter diesen Umständen so eine Frau heiratete.

Aber jetzt war er der wichtigste Mensch seiner Zeit. Nun brauchte er eine bessere, gleichwertige Frau. Dass der Führer der Generation eine Fremde ohne besondere Vorfahren zur Partnerin hatte, schickte sich wirklich nicht.

Der Moschaw Sekejnim erweitert diese Begebenheit und beschreibt, dass Mirjam dies Mosche mitgeteilt hatte. Er jedoch lehnte es ab, sich von Ziporah scheiden zu lassen. Mosche entgegnete Mirjam, dass er sich gerade wegen den Argumenten, die Mirjam vorbrachte, nicht von seiner Frau scheiden lassen werde. "Diese Frau heiratete mich, als ich mich als armer, mittelloser Schafhirt auf der Flucht befand. Sie hielt zu mir, als ich ein Niemand war. Ich werde sie auch jetzt, als 'Gadol HaDor' (Führer der Generation) und Herr aller Propheten, nicht wegschicken."

Gemäss dem Moschaw Sekejnim passt diese Deutung zu G'ttes Zeugnis für Mosche "in Meinem ganzen Haus hat er sich treu bewährt" [Bamidbar 12:7]. Mosche fühlte eine enge Bindung zur Frau seiner Jugend. Er besass das Attribut von Hakarat HaTov (Dankbarkeit für erbrachte Wohltaten) und war nicht bereit seine bisherige Frau, die jetzt als Lebenspartnerin nicht mehr so angesehen war wie andere, fallenzulassen.

Vor die folgende Bemerkung müssen wir ein fettes "Lehawdil" (Unterscheidung zwischen zwei Lebenssituationen, die absolut nicht verglichen werden können) setzen. In der weltlichen Gesellschaft kommt diese Erscheinung öfters vor. Jemand heiratet früh und kommt später zu Geld. Er ist jetzt Direktor und verdient ein siebenstelliges Salär. Seine "alte Frau" entspricht nicht mehr seiner Stellung. Was tut er? Er lässt sich scheiden! Es ist ein Skandal. Er zahlt sie aus, leistet Alimente. Das gehört zu seiner Einstellung: "Was ich tue, ist recht. Ich kann es mir leisten! Ich bin so vermögend, dass ich es mir auch leisten kann, jeden Monat $50'000.- Alimente zu entrichten." Wir vernehmen dies - in der einen oder anderen Form - nur allzu oft.

Der Moschaw Sekejnim sagt, dass G'ttes unvergleichliches Lob für Mosche "in Meinem ganzen Haus hat er sich treu bewährt" darauf hinweist, dass er die midjanitische Frau seiner frühen Jahre nicht fallen liess - auch dann, als er sie gemäss seiner Lebensstufe "überholte". Solche Gedanken waren Mosche sichtlich fremd.

Quellen und Persönlichkeiten:

Moschaw Sekejnim mi'Ba'alej HaTossafot; ein Torakommentar, der Ba'alej HaTossafot („Tossafisten“), der Talmuderklärer des 12. und 13. Jahrhunderts.

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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