Perspektiven zu Chanukka 5782:
Die Bedeutung des Kampfes von Chanukka
VON RABBI BENJAMIN BLECH
Aus: Die Jüdische Zeitung
Nr.50, 01. Tewet 5773 / 14. Dez. 2012
Ergänzungen: S. Weinmann
Öl ist die „politisch" am wenigsten geeignete Flüssigkeit. Es weigert sich einfach, seine Einzigartigkeit zu verändern. Wäre Öl eine Person, würde es fast mit Sicherheit als störrisch bezeichnet werden, wegen seines Unwillens, sich unter andere zu mischen.
Es möchte lieber oben bleiben, abgesondert und verschieden. Wenn man es mit Wasser mischt, trennt es sich sofort und behält seine eigene Identität. Egal, wie sehr man sich bemüht, Öl bleibt sich selbst immer treu und wird sich nicht anpassen.
Vielleicht ist das ein Grund, weshalb es zum Symbol des Chanukka- Wunders wurde. Wenn wir den Sieg der Makkabäer über die syrischen Griechen feiern, müssen wir daran denken, was bei dieser grossen Konfrontation wirklich auf dem Spiel stand. Es war kein gewöhnlicher Krieg. Er wurde nicht ausgetragen, um ein Territorium zu erobern. Er diente nicht dazu um Beute zu machen oder Menschen in Gefangenschaft zu nehmen. Vielmehr war es ein Konflikt zwischen zwei völlig verschiedenen Weltanschauungen.
Bei der Chanukka-Geschichte geht es vor allem um den Zusammenstoss zwischen zwei Kulturen. Die Griechen wollten die Juden nicht ermorden. Ihre Absicht bestand darin, diejenigen zu bekämpfen, die ihr Heidentum bedrohten, ihre Anbetung des Körpers, ihre Obsession für athletische Wettbewerbe - um so ihre Hochwertigkeit zu beweisen. Darin fanden sie Schönheit und Lebensbedeutung. Die Griechen beteten die Schönheit als heilig an, die Juden aber wollten der Welt das Schöne des Heiligen lehren.
Die Schlacht zwischen diesen beiden Ideen charakterisierte den Krieg der Makkabäer. Es war traurig, dass es Juden gab, die vom Säkularismus mitgerissen wurden und ihr Erbe verliessen. Sie verleugneten die Botschaft der Propheten für den Ruhm der Spiele. Sie wählten vergängliche Belohnungen des Körpers, statt dem ewigen, geistigen Segen. Wir nennen sie Hellenisten. Sie assimilierten sich — und man hat danach nichts mehr von ihnen gehört. Sie verschwanden von der Welt-Bühne.
Der Sieg der Makkabäer war der Triumph derjenigen, die sich mit der einzigartigen Eigenschaft des Öls auszeichneten und weigerten, sich anzupassen. Sie blieben in ihrer Aufgabe stark, um die Vision des Judentums auf der Welt zu behalten.
Das ist es, was die Geschichte der Makkabäer in unserer Zeit so relevant macht. Nach mehr als 2000 Jahren scheint heute der Geist der Makkabäer seine Schlacht – zumindest teilweise - zu verlieren. Die Juden scheinen den Kampf gegen die Assimilierung in eine säkulare Kultur und Ideologie zu verlieren.
Die Griechen gaben uns die Olympiade. Ironischerweise und entgegen jeder Logik und Einfühlungsgabe, heisst die jüdische, olympia-ähnliche, athletische Veranstaltung, die in Israel alle vier Jahre stattfindet, „Makkabia". Und das, gegen das definierte Ziel der Makkabäer, die für die oberste Gewalt des Bejt Hamikdasch, des Heiligtums, über die Sportarena kämpften. Das Heiligtum, das von den Griechen in der gräulichsten Art und Weise geschändet wurde.
Athletische Wettbewerbe sind eine wunderbare Art der körperlichen Erfrischung. Sie hören jedoch auf, bewundernswert zu sein, wenn sie unser Leben diktieren. Sportanlässe sind in Ordnung, wenn sie nur eine Ergänzung zum geistigen Leben sind. Werden sie aber zum Hauptzweck, dann nehmen wir fremde Werte - Werte von solchen, die uns auslöschen wollten - an und assimilieren uns.
Die Assimilation nimmt heute viele Formen an:
Wir haben uns assimiliert, wenn wir nur noch feiern, aber nicht mehr dawenen (beten) wollen. Wir haben uns assimiliert, wenn wir uns nur noch darum kümmern, wie wir äusserlich aussehen, nicht, wie wir uns innerlich fühlen. Wir haben uns assimiliert, wenn Ruhm und Reichtum unsere höchsten Ziele sind, statt Liebe zum Lernen und zur Erfüllung der Mizwot. Wir haben uns assimiliert, wenn wir uns nichts Besseres wünschen, als von unseren Mitmenschen bewundert zu werden, statt in den Augen G"ttes wertvoll zu erscheinen.
Wir haben uns assimiliert, wenn uns hauptsächlich daran gelegen ist, viel Güter anzusammeln, statt einfach nur für unsere hiesige Existenz unsere wertvolle Zeit einzusetzen. Wir haben uns assimiliert, wenn wir uns viel mehr mit unserer materiellen Erbschaft beschäftigen, als mit unserem geistiges Erbe. Wir haben uns assimiliert, wenn wir uns darauf konzentrieren, was wir der Zukunft materiell mitgeben möchten, statt das geistige weiter zu pflanzen.
Wir haben uns assimiliert, wenn wir unsere Kinder als Last statt als Segen empfinden; und wenn wir daran glauben, dass Wertsachen, statt Werte, das Beste sind, was wir ihnen geben können.
Unsere Tradition lehrt uns, das Schöne im Heiligen zu bewundern. Dafür kämpften die Makkabäer, als sie einer fremden Kultur entgegentraten, die den Körper über die Seele hob, das Materielle über das Geistige.
Das ist auch heute noch unsere Aufgabe. Daran hat sich nichts geändert. Gleich wie das Öl der Chanukka-Geschichte, dürfen wir uns keinesfalls assimilieren.
Während wir mit der Flamme des Öls allabendlich immer stärkeres Licht in unser Haus bringen, bestärken wir unseren Glauben, dass wir in unserer Bemühung erfolgreich sein werden. Wir werden unsere Einzigartigkeit bewahren, die es uns ermöglichte, nicht nur zu überleben, sondern auch als Fackelträger der Moral und Lebensweise der gesamten Menschheit zu dienen.
Anmerkung des Herausgebers:
In diesem Zusammenhang möchte ich hier die brillante Feststellung und Frage von Mark Twain (vor rund 120 Jahren) zitieren:
„Wenn die Statistiken stimmen, machen die Juden gerade nur ein Viertel Prozent der Weltbevölkerung aus. Man denkt dabei an ein nebelhaftes, mattes Wölkchen Sternenstaub, das sich irgendwo im leuchtenden Schein der Milchstrasse verliert. Eigentlich dürfte man vom Juden kaum etwas hören; aber man hört von ihm, hat immer von ihm gehört. Er ist auf unserem Planeten so bedeutend wie nur irgendein anderes Volk, und seine wirtschaftliche Bedeutung steht in gar keinem Verhältnis zur Geringfügigkeit seiner Anzahl. Sein Anteil an den grossen Namen der Welt in Literatur, Wissenschaft, bildender Kunst, Musik, Finanzen, Medizin, Bildung und sonderbarer Gelehrsamkeit übersteigt ebenfalls weit den Massstab seiner zahlmässigen Schwäche. Er hat auf dieser Welt zu allen Zeiten einen bewundernswerten Kampf gefochten, noch dazu mit auf den Rücken gebundenen Händen. Wenn er sich etwas darauf einbildete, wäre dies nur verzeihlich.
Der Ägypter, der Babylonier und der Perser stiegen auf, erfüllten den Planeten mit Lärm und Glanz, verblassten dann zu Traumgestalten und sind dahingegangen; es folgten der Grieche und der Römer, sie erregten ungeheures Aufsehen, und nun sind sie fort; andere Völker sind emporgekommen und haben ihre Fackel eine Zeitlang hochgehalten, doch sie ist ausgebrannt, und jetzt sitzen sie in der Dämmerung oder sind gänzlich verschwunden. Der Jude sah sie alle, übertraf sie alle, ist heute noch, was er immer war, und lässt weder Verfall oder Altersschwäche noch ein Schwinden seiner Fähigkeiten, ein Erschlaffen seiner Energien oder ein Abstumpfen seines lebhaften und angriffslustigen Geistes erkennen. Alle Dinge sind sterblich, nur der Jude nicht; alle anderen Kräfte vergehen, doch er bleibt. Was ist das Geheimnis seiner Unsterblichkeit?“
Mark Twain
Wer war Mark Twain?
Samuel Langhorne Clemens (geb. 30. November 1835 in Florida, Missouri; gest. 21. April 1910 in Redding, Connecticut) – besser bekannt unter seinem Pseudonym Mark Twain – war einer der grössten US-amerikanischen Schriftsteller.
Er war ein Vertreter des amerikanischen Realismus und ist besonders wegen seinen – von genauen Beobachtungen des sozialen Verhaltens geprägten – Erzählungen und aufgrund seiner scharfzüngigen Kritik an der amerikanischen Gesellschaft berühmt. In seinen Werken beschreibt er den alltäglichen Rassismus, seine „Helden“ durchschauen die Heuchelei und Verlogenheit der herrschenden Verhältnisse.
Zitat von Mark Twain über die Juden:
"Mit anderen Worten: In einer Bevölkerung von 48 Millionen, von denen nur 500.000 als Juden geführt werden, liegt 85 Prozent der Intelligenz und Ehrbarkeit bei den Juden." - Mark Twain; Kommentar zu einem Artikel, der die Vertreibung der Juden forderte, da 85 Prozent der Anwälte und Geschäftsleute Juden seien.
Mark Twain starb 1910 als gefeierte Persönlichkeit. Nach einem Master-of-Arts-Titel ehrenhalber (1888) verlieh ihm die Yale University 1901 einen Ehrendoktortitel. Seine Werke hat viele amerikanische Autoren beeinflusst.
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Nun, wir kennen das Geheimnis der Unsterblichkeit: Die Makkabäer und die Tora-treuen Juden, die seit fast 2200 Jahren in den Fusstapfen der Makkabäer treten und die ihre Kinder – auch in schwierigsten Zeiten - zu Tora und Mizwot erziehen und so einen erfolgreichen Kampf gegen die Assimilation führen, sie - und nur sie - sind die Garanten des Überlebens und Fackelträger der Moral und Sittlichkeit für die gesamte Menschheit. Dies symbolisieren die Öllichter von Chanukka.
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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich
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