Rav Schlomo Katz zu Tisch’a beAw 5783 – Beitrag 2
Bearbeitet und ergänzt von S. Weinmann
Dreimal Ejcha!
"Ejcha / Wie soll ich allein eure Mühe und Last, die ihr mir macht, und eure Streitigkeiten ertragen? Wählt aus euren Stämmen weise, kluge und bekannte Männer, ich will sie an eure Spitze stellen." [1:12-13]
Der Midrasch Rabba in Ejcha [1:1] bemerkt, dass drei Propheten das Wort "Ejcha" verwendeten: Mosche (im erwähnten Passuk), Jeschaja [in der dieswöchigen Haftara - Jeschajahu 1:21]: "Ejcha / Wie ist sie ist sie zur Buhlerin geworden, die treue Stadt! Die voll war von Gerechtigkeit, in der das Recht übernachtete, sie ist jetzt voll Mörder!" Und Jirmijahu [Megillat Ejcha 1;1]: "Ejcha / Wie liegt sie so einsam, die einst so volkreiche Stadt, wie eine Witwe ist sie geworden; die einst so gross da stand unter den Völkern, eine Fürstin in den Provinzen, nun ist sie tributpflichtig geworden!" Der Midrasch fährt fort: "Dies kann mit einer Edelfrau verglichen werden, die drei Freundinnen hatte. Eine sah sie in den Tagen des friedlichen Lebens, so wie Mosche Rabbejnu die Benej Jisrael sah; eine sah sie in ihren aufgewühlten Tagen, wie Jeschaja das jüdische Volk sah; und eine sah sie in ihrer Schande, wie Jirmijahu die Nation sah."
Rav Jizchak Schmelkes in seinem Werk Bejt Jizchak stellt die Frage: Wenn diese drei Propheten das jüdische Volk in drei verschiedenen Stadien sahen, wie der Vergleich im Midrasch andeutet, warum verwendeten sie bei ihrer Prophetie denselben Ausdruck - "Ejcha"? Er erklärt dies mit einem weiteren Vergleich:
Es gibt drei verschiedene Arten von Ärzten. Manche Ärzte können eine Krankheit nicht korrekt identifizieren, bevor deren Symptome ziemlich ausgeprägt sind. Bessere Ärzte können die Krankheit identifizieren, sobald der Patient die ersten Symptome aufweist. Die besten Ärzte können eine Krankheit oder eine Neigung zu einer Krankheit sogar bei einem scheinbar gesunden Patienten identifizieren.
Rav Schmelkes fährt fort: Die drei Propheten, die im Midrasch erwähnt werden, prophezeiten nicht über verschiedene Phasen des jüdischen Volkes. Vielmehr prophezeiten sie über die letztendliche Zerstörung des Bejt Hamikdasch und das folgende Galut (Exil), und deshalb verwendeten sie dasselbe Wort – ‘Ejcha’. Mosche Rabbejnu war wie der dritte, erfahrenste Arzt: sogar als die Benej Jisrael friedlich in der Wüste lebten, sah er die ersten Anzeichen der Krankheit, die letzten Endes zu einer Katastrophe führen würde. Jeschajahus prophetische Vision war weniger scharf: er sah das bevorstehende Unheil erst, nachdem die ersten Anzeichen ersichtlich waren. Jirmijahu jedoch sah die bevorstehende Zerstörung und das Galut erst, als diese bereits unabwendbar waren.
Quellen und Persönlichkeiten:
Rabbi Jizchak Jehuda ben Schemuel Schmelkes (1827–1905); Lemberg (Lvov, Galizien heute Ukraine). Als Schüler von Rav Joseph Schaul Nathanson , dem Leiter des Bejt Din (Rabbinergerichts) in Lemberg , wurde Rav Schmelkes in seiner Jugend als brillanter und genialer Talmudschüler gefeiert. Er fungierte als Rabbiner und Leiter des Bejt-Din in mehreren Städten, wie Berezsan und Pzsemisel (Przemyśl, Polen) bevor er nach Lemberg berufen wurde, wo er bis zu seinem Tod blieb. Von 1869 bis 1893 war er Leiter des Bejt Din in Lemberg. Danach wurde er zum Rabbiner der Stadt gewählt.
Sein Werk Bejt Jizcḥak (6 Bände, 1875–1908) über die vier Teile des Schulcḥan Aruch fand grossen Anklang. Seine Meinung zu halachischen Fragen wurde von vielen prominenten zeitgenössischen Gelehrten eingeholt. Auch verfasste er das Werk ‘Bejt Jizcḥak’, Erklärungen zur Tora.
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