Die Liebe zur Torah
Eine Geschichte aus dem Leben von Raw Ja'akow David Wilawsky – Der „RIDWAS" ( 5605 - 5674 / 1845 - 1914)
Jeder in der Gemeinde wusste, dass dies ein besonderer Tag für Raw Ja'akow David Wilawsky war. Er war der Rabbiner ihrer Gemeinde und ein berühmter Torah-Gelehrter, auf der ganzen Welt als „RIDWAS"(der Titel seiner Erklärung zum Talmud Jeruschalmi) bekannt.
Es war die Jahrzeit (Todestag) seines Vaters. Wie es der Brauch am Jahrzeitstag ist, war der Ridwas an diesem Tag der Chasan, der Vorbeter der Gemeinde. Der Ridwas betete mit aussergewöhnlicher Kawana (Andacht). Manchmal weinte er sogar. Nach Schacharis (Morgengebet) trat ein Gemeindemitglied zum Raw und sagte: „Leider kannten wir Ihren Vater nicht. Wer war er? Wie war sein Leben?" Da erzählte der Ridwas dem Gemeindemitglied folgende Geschichte:
„Es gibt ein Erinnerungszeichen an ihn, das ich mehr als alle anderen schätze. Es war in der Zeit, als ich noch ein kleiner Junge in der Stadt Kobrin war. Wir waren sehr, sehr arm und hatten kaum das Allernötigste, das wir zum Leben brauchten. Wir wohnten in einer kleinen Hütte, die gerade gross genug für unsere Familie war.
Mein Vater, Raw Se'ev, war ein einfacher Arbeiter und meine Mutter besorgte das Waschen und Putzen. Ende Monat gab es ein wenig Geld und ich weiss heute noch nicht, wie sie damit auskamen. Aber irgendwie ging es immer, obwohl uns ab und zu etwas fehlte. Doch für eine Sache hatte mein Vater immer Geld. Wisst Ihr, was es war?"
„Für mehr Essen?" schlug ihm das Gemeindemitglied vor. „Nein", sagte der Ridwas, „für einen Lehrer. Mein Vater träumte immer von einer Sache sehr stark, nämlich dass sein Sohn ein Talmid Chacham (Torah-Gelehrter) werden sollte. Er wollte, dass ich alle Vorteile geniesse, die er selbst nicht hatte. Da er selbst nicht mit mir lernen konnte, stellte er einen speziellen Lehrer an, der jeden Tag mit mir lernen kam. Er schaute so glücklich aus, als er sah, dass ich bei meinem Lehrer Fortschritte machte. Es war, als ob in diesem Moment alle seine Probleme verschwunden waren.
Dann kam ein aussergewöhnlich harter Winter. Die Kälte war schrecklich, die Winde schienen durch unsere Knochen zu blasen, es waren harte Zeiten.
Währenddessen hatten wir kein Geld, um den Lehrer zu bezahlen. Er war mir zwar sehr treu, aber auch er brauchte das Geld, um zu leben. Bald kam ein trauriger Tag, den ich nie vergessen werde. Eines Tages nach dem Unterricht musste mein Vater dem Lehrer gestehen, dass er überhaupt kein Geld hatte, um ihn zu bezahlen. Mein Lehrer machte den Vorschlag, den Unterricht um einige Tage zu verschieben, bis wieder Geld vorhanden sei. Der Lehrer machte dann noch meinem Vater klar, dass er sich einen anderen Schüler suchen werde, wenn es zu lange ginge. Mein Vater sah sehr traurig aus. Nur sein Glaube an Haschem hielt ihn noch aufrecht.
Am nächsten Tag hörte mein Vater in der Schul (Synagoge) den Lehrer mit einem Freund sprechen. Sie diskutierten über das schlechte Wetter und mein Lehrer sagte, er leide schrecklich, da sein Ofen kaputt sei und er kein Geld habe, diesen zu ersetzen.
Mein Vater hörte das Gespräch und mischte sich dann wie folgt ein: „Sie wissen, dass ich kein Geld habe, um den Unterricht zu bezahlen. Aber wenn ich einen neuen Ofen in Ihr Haus einbaue, werden Sie dann auch weiterhin meinen Sohn unterrichten?"
Der Lehrer war überglücklich. „Meine Familie warm zu halten ist wichtiger als Geld. Aber wie können Sie sich einen neuen Ofen leisten?" „Sorgen Sie sich nicht", antwortete mein Vater, „morgen werden Sie einen guten Ofen haben!"
Am Nachmittag, als ich nach Hause kam, sah ich, wie meine Eltern mit grosser Emsigkeit am Ofen arbeiteten, wie sie Stück für Stück auseinander nahmen. Verwundert fragte ich sie, was sie vor hatten. Mein Vater antwortete mir, dass er den Ofen verkauft habe. „Aber was wird mit uns geschehen?" fragte ich. „Sorge Dich nicht", versicherte er mir, „wir werden schon einen Weg finden, um uns warm zu halten. Wir kleiden uns dann mit drei Schichten von Kleidern."
Dann trug er Stein um Stein von unserem Ofen zum Hause des Lehrers und setzte ihn zusammen. Mein Vater war bereit zu frieren, aber er wollte nicht hinnehmen, dass ich den besten Lehrer der Stadt nur wegen des Geldes verlieren würde.
„Und so", erzählte der Ridwas weiter, „froren wir oft in jenem Winter. Aber in den Augen meines Vaters war ein Funkeln, als er sah, wie ich mit meinem Studium vorankam. Und deshalb beklagte sich auch nie jemand von uns."
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Jeder in der Gemeinde wusste, dass dies ein besonderer Tag für Raw Ja'akow David Wilawsky war. Er war der Rabbiner ihrer Gemeinde und ein berühmter Torah-Gelehrter, auf der ganzen Welt als „RIDWAS"(der Titel seiner Erklärung zum Talmud Jeruschalmi) bekannt.
Es war die Jahrzeit (Todestag) seines Vaters. Wie es der Brauch am Jahrzeitstag ist, war der Ridwas an diesem Tag der Chasan, der Vorbeter der Gemeinde. Der Ridwas betete mit aussergewöhnlicher Kawana (Andacht). Manchmal weinte er sogar. Nach Schacharis (Morgengebet) trat ein Gemeindemitglied zum Raw und sagte: „Leider kannten wir Ihren Vater nicht. Wer war er? Wie war sein Leben?" Da erzählte der Ridwas dem Gemeindemitglied folgende Geschichte:
„Es gibt ein Erinnerungszeichen an ihn, das ich mehr als alle anderen schätze. Es war in der Zeit, als ich noch ein kleiner Junge in der Stadt Kobrin war. Wir waren sehr, sehr arm und hatten kaum das Allernötigste, das wir zum Leben brauchten. Wir wohnten in einer kleinen Hütte, die gerade gross genug für unsere Familie war.
Mein Vater, Raw Se'ev, war ein einfacher Arbeiter und meine Mutter besorgte das Waschen und Putzen. Ende Monat gab es ein wenig Geld und ich weiss heute noch nicht, wie sie damit auskamen. Aber irgendwie ging es immer, obwohl uns ab und zu etwas fehlte. Doch für eine Sache hatte mein Vater immer Geld. Wisst Ihr, was es war?"
„Für mehr Essen?" schlug ihm das Gemeindemitglied vor. „Nein", sagte der Ridwas, „für einen Lehrer. Mein Vater träumte immer von einer Sache sehr stark, nämlich dass sein Sohn ein Talmid Chacham (Torah-Gelehrter) werden sollte. Er wollte, dass ich alle Vorteile geniesse, die er selbst nicht hatte. Da er selbst nicht mit mir lernen konnte, stellte er einen speziellen Lehrer an, der jeden Tag mit mir lernen kam. Er schaute so glücklich aus, als er sah, dass ich bei meinem Lehrer Fortschritte machte. Es war, als ob in diesem Moment alle seine Probleme verschwunden waren.
Dann kam ein aussergewöhnlich harter Winter. Die Kälte war schrecklich, die Winde schienen durch unsere Knochen zu blasen, es waren harte Zeiten.
Währenddessen hatten wir kein Geld, um den Lehrer zu bezahlen. Er war mir zwar sehr treu, aber auch er brauchte das Geld, um zu leben. Bald kam ein trauriger Tag, den ich nie vergessen werde. Eines Tages nach dem Unterricht musste mein Vater dem Lehrer gestehen, dass er überhaupt kein Geld hatte, um ihn zu bezahlen. Mein Lehrer machte den Vorschlag, den Unterricht um einige Tage zu verschieben, bis wieder Geld vorhanden sei. Der Lehrer machte dann noch meinem Vater klar, dass er sich einen anderen Schüler suchen werde, wenn es zu lange ginge. Mein Vater sah sehr traurig aus. Nur sein Glaube an Haschem hielt ihn noch aufrecht.
Am nächsten Tag hörte mein Vater in der Schul (Synagoge) den Lehrer mit einem Freund sprechen. Sie diskutierten über das schlechte Wetter und mein Lehrer sagte, er leide schrecklich, da sein Ofen kaputt sei und er kein Geld habe, diesen zu ersetzen.
Mein Vater hörte das Gespräch und mischte sich dann wie folgt ein: „Sie wissen, dass ich kein Geld habe, um den Unterricht zu bezahlen. Aber wenn ich einen neuen Ofen in Ihr Haus einbaue, werden Sie dann auch weiterhin meinen Sohn unterrichten?"
Der Lehrer war überglücklich. „Meine Familie warm zu halten ist wichtiger als Geld. Aber wie können Sie sich einen neuen Ofen leisten?" „Sorgen Sie sich nicht", antwortete mein Vater, „morgen werden Sie einen guten Ofen haben!"
Am Nachmittag, als ich nach Hause kam, sah ich, wie meine Eltern mit grosser Emsigkeit am Ofen arbeiteten, wie sie Stück für Stück auseinander nahmen. Verwundert fragte ich sie, was sie vor hatten. Mein Vater antwortete mir, dass er den Ofen verkauft habe. „Aber was wird mit uns geschehen?" fragte ich. „Sorge Dich nicht", versicherte er mir, „wir werden schon einen Weg finden, um uns warm zu halten. Wir kleiden uns dann mit drei Schichten von Kleidern."
Dann trug er Stein um Stein von unserem Ofen zum Hause des Lehrers und setzte ihn zusammen. Mein Vater war bereit zu frieren, aber er wollte nicht hinnehmen, dass ich den besten Lehrer der Stadt nur wegen des Geldes verlieren würde.
„Und so", erzählte der Ridwas weiter, „froren wir oft in jenem Winter. Aber in den Augen meines Vaters war ein Funkeln, als er sah, wie ich mit meinem Studium vorankam. Und deshalb beklagte sich auch nie jemand von uns."