Schewat/ Paraschat Beschalach

Perspektiven zu Schemini Azeret 5784

Von Raw Shraga Simmons

Aus: DJZ 14. Tischri 5769 / 13. Okt. 2008

Ergänzungen: S. Weinmann

 

Schemini Azeret

Haschem fügte am Ende von Sukkot einen speziellen Tag hinzu, einen Tag, der eine besondere Intimität mit unserem Schöpfer herstellen soll, ein Tag, an dem Er Seine jüdischen Kinder bittet, bei Ihm zu bleiben und noch länger Zeit mit Ihm zu verbringen.

Stellen wir uns vor, dass wir ein grosses Fest organisieren und jeden einladen, den wir kennen. Es ist kein "gewöhnliches" Fest: Es ist eine volle Woche mit Essen, Musik und Vergnügen. Langsam beruhigen sich die Dinge und die Leute beginnen zu gehen. Als Gastgeber gehen wir aber zu einigen unserer besten Freunde und flüstern ihnen zu: "Bleibt noch hier, nachdem die anderen weggegangen sind – dann bringe ich euch die wirklich guten Gerichte heraus."

Jedes Jahr gibt uns der Allmächtige den Jomtow "Sukkot". In früherer Zeit wurden im Bejt Hamikdasch (Tempel), in den sieben Tagen von Sukkot, gesamthaft 70 Stiere als Opfer dargebracht. Dies, erklärt die Gemara (Talmud Traktat Sukka 55b), entspricht den 70 Nationen der Welt. Das Bejt Hamikdasch war nicht nur für die Juden da. Als Schlomo Hamelech das Bejt Hamikdasch baute, bat er Haschem besonders darum, den Gebeten der Nichtjuden Beachtung zu schenken, die in das Bejt Hamikdasch kommen (Melachim 1, 8:41-43): "Wenn auch ein Fremder, der nicht von deinem Volk Israel ist, kommt aus fernem Lande um deines Namens willen - denn sie werden hören von Deinem grossen Namen und von Deiner mächtigen Hand und von Deinem ausgereckten Arm - und kommt, dass er bete vor diesem Hause; so wollest du hören im Himmel, im Sitz deiner Wohnung, und tun alles, worum der Fremde dich anruft, auf dass alle Völker auf Erden Deinen Namen erkennen, Dich zu fürchten wie Dein Volk Israel und dass sie erkennen, dass dieses Haus nach Deinem Namen genannt ist, das ich gebaut habe".

Und auch der Prophet Jeschaja benennt das Bejt Hamikdasch als "Haus für alle Nationen" (Jeschaja 56:7): "Und ich werde sie zum Berge meiner Heiligkeit bringen und sie erfreuen in meinem Bethause, und ihre Ganzopfer und Friedensopfer werden mir angenehm sein auf meinem Altar; denn mein Haus wird ein Bethaus allen Völkern heissen".

Das Bejt Hamikdasch war das allgemeine Zentrum der Geistigkeit, ein Punkt, von dem aus, das Bewusstsein und die Erkenntnis von Haschem in die Welt drang. In der Tat sagt die Gemara (ibid.(, dass die Römer das Bejt Hamikdasch nie zerstört hätten, wenn sie realisiert hätten, wieviel Nutzen sie selbst vom Bejt Hamikdasch hatten!

Und dann, am Ende von Sukkot, fügte Haschem einen besonderen Tag hinzu. Er wird Schemini Azeret genannt, wörtlich der "achte Tag der Versammlung". An diesem Tag wurde nur ein Stier geopfert – der für das jüdische Volk steht. Es ist ein Tag tiefer Verbundenheit mit unserem Schöpfer, an dem Er Seine jüdischen Kinder bittet, zusätzlich noch einen Tag bei Ihm zu verbleiben (ibid.(.

Was verkörpert die Zahl acht?

Der Ramban erklärt einen wunderschönen kabbalistischen Begriff: Sieben ist die Zahl der natürlichen Welt. Es gibt sieben Tage in der Woche, denn in sieben Tagen hat G-tt die Welt erschaffen, es gibt sieben Noten auf der musikalischen Skala und sieben Richtungen (links, rechts, oben, unten, vorne, hinten und die Mitte). "Sieben" – das von den sieben Tagen von Sukkot dargestellt wird – ist die Welt der Natur. "Acht" – durch Schemini Azeret dargestellt – verkörpert alles, was jenseits der Natur steht. (Weitere Beispiele sind: Brit Mila, Chanukka, etc.)

Das jüdische Volk, sagt der Talmud, steht über der Natur. Wir haben jede vorstellbare und unvorstellbare Verfolgung, Exil, Not und Vertreibung überlebt. Und trotzdem haben wir Leistungen vollbracht und haben uns viel mehr entwickelt, als es für die Zahl der Mitglieder unseres Volkes zu erwarten war.

Unser "Geheimnis" ist das besondere Geschenk, das Haschem dem jüdischen Volk gegeben hat: die Tora.

Es ist kein Zufall, dass wir am Schemini Azeret auch die Vollendung des jährlichen Zyklus der Tora-Lesung und den Beginn eines neuen Zyklus feiern. Dieses Ereignis wird liebevoll mit "Simchat Tora", wörtlich "Freude der Tora", bezeichnet.

Warum beenden wir am gleichen Tag das Lesen der Tora und beginnen damit neu? Unsere Weisen erklären: "Um zu zeigen, dass die Tora uns so lieb ist wie ein neuer Gegenstand und nicht wie eine alte Bestimmung, die ein Mensch nicht mehr schätzt. Da sie für uns gänzlich neu ist, rennen wir alle, um sie zu begrüssen." Wir singen und tanzen um die Bima herum, tragen die Torarollen und drücken unsere Freude über die Gelegenheit aus, Haschem so nahe zu kommen.

Am Schemini Azeret, wenn wir die Feiertage beenden, sagen wir ein spezielles Gebet zu Haschem: das Gebet für Regen. Der Regen kennzeichnet die Berachot (Segen) des Wachstums und der Fülle. Durch die harte Arbeit an uns selbst während Elul, Rosch Haschana, Jom Kippur und Sukkot haben wir einen weiten Weg zurückgelegt. Unsere Aufgabe ist es jetzt, diese Energie durch das ganze Jahr zu tragen.

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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