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Rav Frand zu Lag baOmer 5783

Ergänzungen: S. Weinmann

Was feiern wir am Lag baOmer?

Im Schulchan Aruch [493:2] steht folgendes: "Der allgemeine Brauch ist, dass man sich bis Lag baOmer nicht die Haare schneidet, denn es wird gesagt, dass an diesem Tag die Schüler von Rabbi Akiwa aufgehört haben zu sterben". Der Rem’a (Rabbi Mosche Isserlisch) fügt hinzu: "Wir verstärken an diesem Tag unsere Freude etwas und sagen kein Tachanun". Tachanun ist ein Gebet, das anschliessend an der Tefilat Amida (Schemone Essre) an gewöhnlichen Tagen (kein Feiertag) gesagt wird.  Es gibt viele Gründe dafür, dass Lag baOmer ein Anlass zur Freude ist. Rabbi Chajim Vital, der Hauptschüler des Arisal, schreibt in seinem Werk ‘Scha’ar Hakawanot’  [Sefirat Ha’Omer Drusch 12]: "Rabbi Schimon bar Jochai sagte, dass man den Lag baOmer-Tag zu einem Freudentag machen sollte. Aus diesem Grund begeben sich Tausende und Abertausende von Menschen an diesem Tag zur Grabstätte von Rabbi Schimon bar Jochai in Meron".

Anscheinend soll dies auch der Tag seiner Jahrzeit sein. Jedoch schreiben der ‘Chida’ und auch der ‘Ben Isch Chai’, dass es keine verlässliche Quelle gibt, das dies wirklich so ist.

Der herkömmlichere Grund, warum wir aus dem Tag des Lag baOmer einen kleinen Jomtov machen ist, dass dies der Tag ist, an dem das Sterben der Schüler von Rabbi Akiwa aufhörte, wie es im Talmud Traktat Jewamot  [62b] wie auch im Schulchan Aruch, erwähnt wird. Der Me’iri im Traktat Jewamot zitiert dies im Namen der Ge’onim.  

Dies ist sehr seltsam. Wann machen wir einen Jomtow wegen der Tatsache, dass Leute aufhören zu sterben? Gemäss Rav Ascher Weiss kann dies mit einem Menschen verglichen werden, der sieben Söhne hat. Sie sterben einer nach dem anderen, bis alle sieben verstorben sind. Würde irgendjemand überlegen, einen Jomtow zu feiern, nachdem alle sieben Söhne tot sind? Rabbi Akiwa hatte 24000 Schüler, die alle starben. Am Lag baOmer hörte das Sterben auf. Ist es unter diesen Umständen passend, an diesem Tag einen Tag der Freude zu erklären?

Der ‘Rem’a miPano’ schreibt eine neuartige Idee: In Wirklichkeit sollte Rabbi Akiwa selbst am Schluss (Lag baOmer) sterben. Es gab (aus irgendeinem Grund) eine Verfügung von Oben, dass auch dieser aussergewöhnliche Lehrer Israels zu diesem Zeitpunkt von der Nation genommen werden sollte. Der Ribbono schel Olam (Herr der Welt) gewährte Klall Jisrael eine gewaltige Gunst und das Sterben hörte bei ihm auf. Seine 24000 Schüler nahm der Ewige als Ersatz von Rabbi Akiwa von der Welt. Auf diese Weise wurde Rabbi Akiwa der Welt erhalten, deshalb verstehen wir, warum Lag baOmer ein Jomtow ist. Wir können jetzt den Zusammenhang des Todes von Rabbi Akiwas Schülern besser verstehen. Sie waren sozusagen ein Lösegeld für ihren Lehrer.

Der ‘Rema miPano’ und der ‘Chida’ erklären weiter: Unsere Weisen sagen [Talmud Traktat Jewamot  62b], nachdem Rabbi Akiwa die 24000 Schüler verlor, begab er sich in den Süden und wählte sich fünf Schüler (Rabbi Meir, Rabbi Jehuda, Rabbi Jossi, Rabbi Schimon bar Jochai und Rabbi Elasar ben Schamua). Sie wurden die bekannten Tora-Führer der nachfolgenden Generation uns so wurde die gesamte Überlieferung dem jüdischen Volk erhalten.

Wenn irgendeinem von uns - G"tt behüte - etwas Ähnliches wie Rabbi Akiwa zustossen würde, würden wir zweifellos die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und uns irgendwo in einem Loch begraben und nie wieder das Tageslicht sehen wollen. Rabbi Akiwa hatte die innere Kraft, weiterzumachen und sein gesamtes Tora-Lehren neu zu starten. In der Tat gibt es kaum eine Seite in der Gemara im gesamten Talmud, wo nicht mindestens einer dieser fünf Schüler von Rabbi Akiwa oder er selbst erwähnt wird.

Jetzt wird alles klar. Die Tatsache, dass die Schüler starben, war eine Sühne für Rabbi Akiwa. Anstatt dieser 24000 Schüler überlebte Rabbi Akiwa selbst. Rabbi Akiwa rettete die gesamte Überlieferung. Er rettete Klall Jisrael. Dies zeigt uns die Grösse von Rabbi Akiwa, dass er solch eine schreckliche persönliche Tragödie überleben und trotzdem beharrlich weitermachen konnte.

Jetzt verstehen wir, was Rabbi Schimon bar Jochai meinte. Rabbi Schimon bar Jochai ist der Autor der Erklärung "G"tt behüte, dass die Tora von Israel vergessen würde" (entgegen einer anderen Meinung im Talmud), denn es steht geschrieben [Dewarim 31:21]: ‘Sie soll von den Mündern seiner Nachkommen nicht vergessen werden’ [Traktat Schabbat 138b]. Vielleicht ist es dies, was Rabbi Chajim Vital im Namen von Rabbi Schimon bar Jochai sagen will. Der Grund, warum Rabbi Schimon bar Jochai Lag baOmer zu einem Jomtow bestimmte, war, dass als die Schüler am Lag baOmer aufhörten zu sterben und Rabbi Akiwa gerettet wurde, Rabbi Akiwa den Fortbestand der gesamten Überlieferung der Tora und das Lernen im jüdischen Volk sicherstellte.

Aus diesem Grund allein lohnt es sich, einen Festtag zu feiern, eine Feier namens Lag baOmer. Dies weist auf die verborgenen Wege des Allmächtigen hin. Warum mussten die Schüler sterben? Warum sollte Rabbi Akiwa sterben? Wir werden diese Dinge nie verstehen. Wir können jedoch von dieser Episode die Grösse von Rabbi Akiwa ableiten – nicht nur in seinem Lernen, sondern auch in seiner persönlichen Durchhaltekraft und Anpassungsfähigkeit.

Quellen und Persönlichkeiten:

Rabbi Mosche ben Jisrael Isserles, (1525-1572); bekannt mit dem Akronym Rem’a. Krakau (Polen).  Verfasser von vielen Werken. Sein bekanntestes Werk sind seine Anmerkungen zu Rabbi Josef Karos Gesetzessammlung ‚Schulchan Aruch‘, die für die aschkenasischen Juden verbindlich sind.

Rabbi Chajim ben Josef Vital (1542-1620); Zefat (Safed), Jerusalem (Israel) und Damaskus (Syrien). Auch bekannt mit Akronym ‘Maharchu’. Rabbiner und Kabbalist. Schüler des Alschich Hakadosch (Rabbi Mosche Alschich), von Rabbi Mosche Kordowero (Rema’k) und schlussendlich der Haupt-Schüler des Ari Hakadosch. Er studierte und verfasste die Kitwej haArisal (Schriften des Arisal).

Rabbi Menachem Asaria von Pano (1548-1620), auch Emmanuel de-Fano genannt, bekannt mit dem Akronym Rem’a miPano. Bologna, Reggio di Lombardia, Venezia und Mantua.  Er war Rabbiner, Rosch Jeschiwa, Possek (Dezisor) und Kabbalist. Er gilt als der grösste Kabbalist Italiens. Er verfasste rund 30 Werke zu Halacha, Bräuche und Kabbala, etc.

Rabbi Chajim Josef David Asulai (1724 - 1806); bekannt mit dem Akronym "CHIDA". Jerusalem, Chewron, Kairo und Livorno. Rabbiner, Kabbalist und Verfasser von über 80 Werken. War u.a. ein Schüler des Or Hachajim Hakadosch. Als ‘Schadar’ (Abgesandter) reiste er viel herum, um für die jüdische Gemeinde von Chewron (Hebron) Spenden zu sammeln. Einer seiner bekannten Werke ist Schem HaGedolim (Namen des Grossen), das über 1000 Biographien und Bibliographien von Weisen des jüdischen Volkes enthalten.

Rabbi Josef Chajim ben Elijahu von Bagdad (1835-1909); Bagdad (Irak). Er war Rabbiner, Possek (Dezisor) und Kabbalist. 50 Jahre lang war er der Rabbiner von Bagdad. Jedoch ging seine Einflussnahme weit über Bagdad hinaus. Bei den irakischen, persischen, indischen, aber auch bei den sephardischen Juden in Israel war sein Einfluss sehr gross. Er verfasste über dreissig Werke zu Halacha, zum Talmud, zur Kabbala, etc. Einer seiner bekanntesten Werke ist das Werk ‘Ben Isch Chaj’, zu Paraschat Haschawua und zu alle gängigen Halachot eines Juden. In der Regel wird er nach diesem Werk benannt.

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