Schewat/ Paraschat Beschalach

Sprüche der Väter: Abschnitt 4, Mischna 6

Rabbi Jossi erklärt: "Wer die Torah ehrt, dessen Körper [bzw. Person] wird von den Menschen geehrt; wer aber die Torah entweiht, dessen Körper [bzw. Person] wird von den Menschen entwürdigt."

Es gibt verschiedene Interpretationen, auf welche Art von Ehre oder Entweihung der Torah sich die Mischna bezieht. Raschi sagt, die hier gemeinte Entweihung der Torah bestehe darin, eine (oder mehrere) Torah-Rolle(n) auf einer Sitzbank liegen zu lassen, auf der man sich (auf gleicher Höhe) setzen kann. Rabbejnu Bachje schreibt, es beziehe sich auf jemanden, der einen "Chumasch" (Fünf Bücher Moses) auf eine "Sefer Torah" (Torah-Rolle) oder einen "Navi" (Buch der Propheten) auf einen "Chumasch" oder einen Band der "Ketuwim" (Schriften) auf einen Band der "Newi'im" (Propheten) legt. Ein Mensch, der die Hierarchie innerhalb der Heiligkeit der Schriften achtet, wird geehrt - und umgekehrt.

Der "Chida" in seinem Buch "Chasdej Awot" erklärt diese Mischna auf der Basis eines höchst seltsamen Vorfalls. Zwei Menschen starben am selben Tag und ihre Beerdigungen waren für dieselbe Zeit angesetzt. Einer war ein grosser Gelehrter, eine g-ttesfürchtige und geliebte Persönlichkeit. Der andere war der Steuerbeamte der Stadt, der von allen verachtet wurde (in einer Zeit, wo dieses Amt dem jeweiligen Herrscher abgekauft wurde und wo Steuerbeamte als skrupellose und korrupte Individuen bekannt waren, die aus jedem so viel Geld wie möglich ausquetschten).

Alle Menschen der Stadt kamen zur Beerdigung des Gelehrten und nur die Familie des Steuerbeamten kam, um ihren Verwandten beizusetzen. So geschah es, dass beide Bestattungsprozessionen, die  sich   in  nächster Nähe zu einander bewegten, von Räubern attackiert wurden. Alle liessen die Särge stehen und flohen um ihr Leben, ausser einem Schüler des Gelehrten, der es schaffte, sich vor den Räubern zu verstecken. Ein paar Stunden später, nachdem die Räuber davongezogen waren, kehrte die Gefolgschaft der Trauernden zurück, um die Beerdigung fortzusetzen. Irgendwie wurden die Särge vertauscht, sodass die grosse Gruppe - im Glauben, es sei der Gelehrte - den Sarg des Steuerbeamten aufhob und die Familie des Steuerbeamten den Sarg des Gelehrten mitnahm. Auf diese Weise wurde der eine mit grossen Lobreden und höchstem Respekt bestattet - wohingegen der andere auf sehr stille und bescheidene Art von den nächsten Angehörigen des Steuerbeamten beigesetzt wurde.

Der Schüler des Gelehrten, der vergeblich über den falschen Sarg protestiert hatte, war sehr verärgert über diese Angelegenheit - bis ihm sein Lehrer drei Tage später im Traum erschien und die Sache erklärte:

"Mache dir keine Sorgen. Ich bin im Garten Eden und der Steuerbeamte im "Gehinom" [Hölle]. Du möchtest wissen, was passiert ist? Einmal war ich dabei, als jemand einen anderen Torah-Gelehrten beschämte und ich leistete keine Gegenwehr. Ein anderes Mal, richtete der Steuerbeamte ein riesiges Festmahl für den Regierungsbeamten aus, der ihm die Lizenz verkauft hatte - und der Regierungsbeamte erschien nicht. So bösartig er auch war, nahm der Steuerbeamte bei dieser Gelegenheit das vorbereitete Essen und gab es an Torah-Gelehrte weiter, damit es nicht weggeworfen werde. Ich musste meine Strafe für mein Vergehen erhalten - und er musste seinen Lohn für seine Güte bekommen."

Der "Chida" bezieht sich auf diese Geschichte, um die Mischna zu erklären: Wer auch immer die Torah auch nur ein einziges Mal ehrt - sogar dieser verachtenswerte Steuerbeamte, wird für seine Mühe belohnt werden, indem sein Körper von den Menschen geehrt werden wird. Gleichermassen wird jeder, der die Entweihung der Torah zulässt, dafür bestraft werden - und sei es auch nur ein einziges Mal, so gross er anderweitig auch war - indem sein Körper unter der mangelnden Ehre der Menschen leiden wird.

Dies bedeutet: "Wer die Torah ehrt, dessen Körper [bzw. Person] wird von den Menschen geehrt; wer aber die Torah entweiht, dessen Körper [bzw. Person] wird von den Menschen entwürdigt."

Seien wir uns bewusst, dass jede Tat geahndet oder belohnt wird, nichts wird vergessen!

Quellen und Persönlichkeiten

"CHIDA" - Rabbi Chaim Joseph David Asulai (Akronym Chida); (1724 - 1806), Jerusalem, Chewron, Kairo und Livorno. Rabbiner, Kabbalist und Verfasser von 122 Werken.

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Die Bearbeitung der Gedanken dieser Woche erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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