Schewat/ Paraschat Beschalach

Besuchen Sie jetzt unsere neue Website

logo new 1

  • Home
  • Parascha
  • Noach
  • Komplimente – in Anwesenheit oder Abwesenheit einer Person (Rav Frand, Noach 5783)

Komplimente – in Anwesenheit oder Abwesenheit einer Person (Rav Frand, Noach 5783)

Rav Frand zu Paraschat Noach 5783

Komplimente – in Anwesenheit oder Abwesenheit einer Person

 

In Paraschat Noach lesen wir folgendes: G-tt spricht zu Noach: "Komme in die Tejwa (Arche), du und deine gesamte Familie, denn Ich habe gesehen, dass du ein Zaddik (Gerechter) vor Mir bist, in dieser Generation" [Bereschit 7:1]. Raschi kommentiert dazu, dass die Parascha mit den Worten "Und Noach war ein gerechter Mann und eine tadellose Person (Zaddik, Tamim) in seiner Generation" beginnt [Bereschit 6:9]. Hier jedoch, wenn Haschem Noach auffordert, die Tejwa zu betreten, nennt er ihn nur gerecht, aber nicht tadellos. Dies lehrt uns, sagt Raschi, dass es angemessen ist, in Anwesenheit eines Menschen nur einen Teil seines Ruhmes auszusprechen, und die volle Beschreibung seines Ruhmes für eine Zeit aufzubewahren, wenn der Mensch nicht anwesend ist.

Diese Raschi basiert auf den Talmud [Traktat Eruwin 18b], der dieses Prinzip im Namen von Rabbi Jirmija ben El’asar erklärt. Aber dies ist nicht die einzige Stelle im Chumasch, wo Raschi diese Lehre bringt. Raschi erwähnt dieselbe Idee in Paraschat Beha’alotecha. Mirjam und Aharon haben ein Problem mit der Tatsache, dass Mosche Rabbejnu sich von seiner Frau getrennt hat. G"tt spricht sie bezüglich der Tatsache, dass sie gegen ihren Bruder gesprochen hatten, kritisch an. Zuerst fordert er alle drei auf, sich zum Stiftzelt zu begeben. Danach befiehlt er Aharon und Mirjam in den Hof hinauszukommen. Raschi [Bamidbar 12:5] führt den Grund, dass Haschem sie bat, sich von der Anwesenheit von Mosche zu entfernen, auf die Tatsache zurück, dass Er gegenüber ihnen die Einzigartigkeit von Mosche betonen wollte, "weil man nur einen Teil seines Lobes in der Gegenwart eines Menschen sagt und das Ganze, wenn er nicht zugegen ist. So finden wir es auch bei Noach…". Als Er gegenüber Aharon und Mirjam beschrieb, wer ihr Bruder war, liess Er kein Detail aus. Er beschrieb "sein gesamtes Lob". Deshalb musste die Botschaft in Mosches Abwesenheit übergeben werden. Diese Raschi in Beha’alotecha, die mit der Raschi hier in Paraschat Noach identisch ist, basiert auf einer Lehre im Sifri im Namen von Rabbi El’asar ben Asarja.

Rabbi El’asar ben Asarja ist ein Tanna (ein Mischna-Gelehrter). Er lehrte das Prinzip des "Erzählens eines Teils des Lobes über eine Person in seiner Anwesenheit und das volle Lob in seiner Abwesenheit". Rabbi Jirmija ben El’asar (die Quelle seiner Lehre in Traktat Eruwin) war nur ein Amora (Talmud-Gelehrter). Er war also ein Gelehrter viele Jahre später. Es kann nun die Frage gestellt werden: Was fügte Rabbi Jirmija ben El’asar – mehrere Generationen später – zu dem hinzu, was schon von Rabbi El’asar ben Asarja viele Jahre früher gelehrt worden war?

Zudem sollten wir vermerken, dass Raschis Ausspruch in unserer Parascha wie folgt lautet "Mikan - von hier lernen wir…". In Paraschat Beha’alotecha, ist Raschis Wortlaut "lefi sche'omrim - weil man sagt ..". Worin unterscheiden sich diese zwei Ausdrücke? Ich sah eine wunderschöne Antwort auf diese Fragen in einem Sefer mit dem Titel "Hejma Jenachamuni" des heutigen Tolner Rebbe von Jerusalem. Er stellt die Frage, ob das Prinzip des vollen Lobes einer Person in seiner Anwesenheit ein "Verbot/Issur" und nur ein Teil des Lobes eine Empfehlung ist, oder umgekehrt ist das Loben einer Person eine Mizwa, jedoch in seiner Anwesenheit nur einen Teil zu sagen, eine Empfehlung? Eine andere Art, diese Frage auszudrücken, ist die Betonung "sage nicht das ganze Lob eines Menschen in seiner Anwesenheit" (bedeutet ein Verbot), oder ist die Betonung, dass es eine Mizwa ist, Lob über einen Menschen auszusprechen, jedoch erhalten wir die Empfehlung, in seiner Anwesenheit nur einen Teil des Lobes auszusprechen.

Rabbi El’asar ben Asarja im Sifri (zitiert von Raschi in Beha’alotecha) und Rabbi Jirmija ben El’asar in Eruwin (zitiert von Raschi hier in Noach) sprechen über zwei verschiedene Dinge. Raw El’asar ben Asarja sprach über einen Fall, bei dem der Allmächtige die Dinge richtigstellen musste. Er musste Komplimente über Mosche Rabbejnu aussprechen, um gegenüber Aharon und Miriam Mosches wahren Charakter zu beschreiben. Deshalb zog sie Haschem nach aussen, damit die Komplimente nicht in Mosches Anwesenheit sein sollen. Diese Erzählung gibt uns jedoch keinen Hinweis, dass es angemessen ist, nette Dinge über einen Menschen zu sagen (der Gedanke des unvollständigen Lobes in seiner Anwesenheit). Dort wird betont, vollständige Komplimente ausserhalb seiner Anwesenheit" auszusprechen. Deshalb erklärt Raschi dort, warum sie gebeten wurden, hinauszutreten: "Weil man kein vollständiges Lob in Anwesenheit des Menschen ausspricht".

In Noach jedoch sehen wir etwas Anderes. G"tt hätte Noach einfach sagen können: "Komme in die Tejwa (Arche), du und deine ganze Familie." Punkt. Der Satz hätte da enden können. Der Allmächtige fügte jedoch etwas hinzu: "denn Ich habe dich als gerechten Menschen vor Mir in dieser Generation erkannt." Dieser überflüssige Ausdruck lehrt uns etwas Neues: "Von hier sehen wir, dass es Teil der Eigenschaften von G"tt ist, Komplimente zu machen."

Ungeachtet dessen, wer man ist, ungeachtet dessen, wie erfolgreich und gefeiert ein Mensch ist, hört jeder gerne ein Kompliment. Ein Kompliment bewirkt etwas in einem Menschen. Es stärkt ihn. Dies ist das Neue, das Rabbi Jirmija ben El’asar uns in unserer Parascha lehrt. "Von hier sehen wir, dass man ein Lob (wenn auch unvollständig) über einen Menschen aussprechen soll." Dieser Gedanke wurde in Paraschat Beha’alotecha nicht besprochen und wurde von Rabbi El’asar ben Asarja nicht gelehrt.

Es könnte in der Tat sein, dass dieses "Kompliment" des Allmächtigen an Noach der Schlüssel zu Noachs Rettung war. Der Midrasch Rabba [Bereschit 32:1] zitiert zwei Verse aus Tehillim/Psalm [5:7-8) und weist daraufhin, dass es Noach war, der diese Worte aussprach: "Du vernichtest diese, die Lügen reden; den Mann des Blutes und des Betruges, verabscheut der Ewige." Was jedoch mich betrifft: "Ich aber, infolge des Ausmasses Deiner Güte, werde in Dein Haus eintreten…"

Der Midrasch sagt, dass Noach sprach: "So wie sie (die Generation der Sintflut) handelten, so handelte auch ich." In anderen Worten: "Ich war so schlecht wie sie." (Der Talmud in Sanhedrin 108a lehrt einen ähnlichen Gedanken, dass Noach nur, weil er "Gunst in den Augen G-ttes fand" (letzter Vers von Paraschat Bereschit), gerettet wurde.) Noach fügt jedoch (gemäss dem Midrasch) hinzu, dass G"tt ihm eine Gnade erwies und "Ich deshalb, infolge des Ausmasses Deiner Güte, in Dein Haus (bedeutet die Tejwa/Arche) kommen werde."

"Weil Du mir gesagt hast," - sagt Noach - "dass Du mich als Zaddik vor Dir in dieser Generation betrachtest", war ich motiviert, fromm und gerecht zu sein. "Was mich dazu anspornte, mich zu verbessern", sagt Noach, "ist, dass Du, der Allmächtige, mir ein Kompliment gegeben hast. Dies ist der Grund, warum ich mich änderte, wegen dem (unvollständigen) Lob, das ich von Dir hörte."

Rav Gissenger von Lakewood, New Jersey, war ein Talmid (Schüler) von Raw Pam und selbst ein sehr angesehener Raw. Vor einigen Jahren ehrte ihn seine Schul (Synagoge) an einem Diner und lud Raw Pam ein, über seinen Talmid zu sprechen. Rav Gissenger erhielt die Ehre, seinen Rebben einzuführen. Er sagte: "Als ich im Schiur (Lektion) von Raw Pam sechzehn Jahr alt war, ermutigte uns Raw Pam vor den Sommerferien, ihm im Sommer unsere Chiduschej Tora (Gedanken, Abhandlungen zu Talmud-Abschnitte) zu schreiben. Rav Gissenger tat dies und sandte seine Tora-Gedanken per Post an Raw Pam. Raw Pam schrieb ihm eine Postkarte, auf welcher er schrieb: "Ich habe deine Chiduschej Tora sehr genossen." Raw Gissenger zog die Postkarte, die Raw Pam ihm vor dreissig Jahren geschickt hatte, hervor. Er hatte die Postkarte aufbewahrt. Warum? Er war von der Tatsache, dass Raw Pam ihm geschrieben hatte, dass er seine Chiduschej Tora genossen habe, so inspiriert und freudig erregt, dass er die Karte dauernd bei sich trug. Dieses Lob inspirierte ihn sein Leben lang! Dies ist, was ein Kompliment erreichen kann.

"Von hier sehen wir, dass man ein Lob (auch wenn es nur ein teilweises Lob ist) einem Menschen ins Gesicht sagen soll" – dies ist eine Mizwa, eine sehr gute und empfehlenswerte Gepflogenheit! Dies lehrt uns Paraschat Noach. Es ist das Verhalten des Allmächtigen und es ist ein Verhalten, das man nachahmen sollte. Wenn jemand vor dem Amud (Lesepult des Vorbeters) dawent (vorbetet) und auf akzeptable Weise dawent, sollte man ihm sagen: "Jejascher Koach! Ich habe dein Dawenen genossen! Gut gemacht!" Geben Sie Menschen ein Kompliment. Es kostet nichts und man ahmt damit den Ribbono schel Olam (Herr der Welt) nach.

Quellen und Persönlichkeiten:

Sifri – Ältester Midrasch Kommentar zu Sefer Bamidbar und Sefer Dewarim. Der Sifri zu Bamidbar stammt aus dem Bejt Hamidrasch von Rabbi Jischma’el und der auf Dewarim aus dem Bejt Hamidrasch von Rabbi Akiwa.  Wird oft von Raschi zitiert.

Midrasch Rabba (der grosse Midrasch): Grosse Sammlung von Erklärungen und Aggadot zum Chumasch der Tanna’im (Mischnagelehrten) und Amora’im (Talmudgelehrten).

Raschi (1040-1105), Akronym für Rabbi Schlomo ben Jizchak; Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller TENACH- und Talmudkommentare“.

Rav Avraham Pam (1913 - 2001): Führender Gelehrter; Rosch Jeschiwa; Brooklyn, New York.

Rabbi Jizchak Menachem Weinberg, der Tolner Rebbe (zeitgenösischer Rebbe und Redner), leitet die Tolner Gemeinde in Jerusalem und ist ein gefragter Dozent. Verfasser von "Hejma Jenachamuni", Gedanken zum Pentateuch.

___________________________________________________________________

 

 

Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

_________________________________________________________

 

Copyright © 2022 by Verein Lema'an Achai / Jüfo-Zentrum.

Zusätzliche Artikel und Online-Schiurim finden Sie auf: www.juefo.com

Weiterverteilung ist erlaubt, aber bitte verweisen Sie korrekt auf die Urheber und das Copyright von Autor und Verein Lema'an Achai / Jüfo-Zentrum.

Das Jüdische Informationszentrum („Jüfo“) in Zürich erreichen Sie per E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! für Fragen zu diesen Artikeln und zu Ihrem Judentum.

What do you think?

Send us feedback!

Drucken E-Mail

  • /parascha/13-noach/1942-ein-vergleich-von-zwei-maennern-und-ihren-entsprechenden-laufbahnen-rav-frand-noach-5784-beitrag-1.html
  • /parascha/13-noach/1760-wunder-geschehen-oft-gemaechlich-perspektiven-zum-neuen-jahr-rav-frand-zu-paraschat-noach-5782.html

Aktuell sind 290 Gäste und keine Mitglieder online