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Hoffentlich werde ich auf frischer Tat ertappt - (Rav Frand, Toldot 5766)

 

Hoffentlich werde ich auf frischer Tat ertappt

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Die Gemara (Talmud) [Makot 24a] sagt, dass sich die Beschreibung in Tehilim (Psalmen) „welcher keine Verleumdung auf der Zunge hat“ [15:3] auf Ja’akow bezieht. Der Beweis der Gemara, dass Ja’akow Awinu das Paradebeispiel für einen Mann der Wahrheit darstellt, bildet der folgende Passuk (Vers) aus unserer Parascha: „Vielleicht betastet mich mein Vater („Ulaj jemuschejni Awi“) und ich wäre ein Betrüger in seinen Augen.“ [Bereschit 27:12]

Diese Gemara ruft nach einer Erklärung. Von allen Stellen im Chumasch ist dies wohl der unwahrscheinlichste Ort für einen Beweis von Ja’akows Ehrlichkeit – gerade hier, wo Ja’akow sich als Ejsav verkleidet! Eher hätten wir den Beweis bei Ja’akows Rede zu Lawan erwartet, wo er betont, dass er während allen Dienstjahren keine Verfehlung begangen hat [Bereschit 31:38 – 41]: „Zwanzig Jahre bin ich jetzt bei dir, deine Schafe und Ziegen haben nicht fehlgeboren, und die Widder deiner Herde habe ich nicht gegessen. Zerrissenes habe ich nicht gebracht, ich musste es ersetzen; von meiner Hand hast du es gefordert, mochte es bei Tag oder Nacht gestohlen sein. Am Tage verzehrte mich die Glut und der Frost in der Nacht und der Schlaf floh meinen Augen …“ Wir kommen jedoch kaum auf die Idee, dass es Ja’akows grösste Stunde war, als er sich als Ejsav ausgab, um die Segnungen zu erhalten.

Ich sah eine schöne Antwort auf diese Frage bei Rav Simcha Sissel Ziv. Aus der Übersetzung des Targum Jonatan ben Usiel von „vielleicht wird mich mein Vater betasten“ können wir erkennen, dass sich Ja’akow nicht darum sorgte, ob er den väterlichen Zorn auf sich ziehen würde. Er hatte keine Angst, dass ihn sein Vater wegen Vorspiegelung falscher Tatsachen verfluchen würde. Ihm war der Schutz davor garantiert, weil ihm seine Mutter zugesichert hatte: „Auf mich komme dein Fluch, mein Sohn“ [Bereschit 27:13]. Er hatte Angst vor der Sünde von Unaufrichtigkeit. Der Gedanke zu lügen war Ja’akow derart zuwider, dass es ihn davor schauderte, dem Wunsch seiner Mutter nachzukommen.

Rav Simcha Sissel erläutert, wie der Targum dies aus dem Passuk im Chumasch herleiten kann. Dabei stützt sich Rav Simcha Sissel auf eine Lehre des Wilnaer Gaons zur letztwöchigen Parascha.

Unsere Weisen lehren: Als Elieser Awraham sagte „Ulaj (vielleicht) wird das Mädchen mir nicht folgen wollen“, dachte er in Wahrheit „Elaj“ (zu mir) - mit der Bedeutung: „Ich habe ja eine Tochter, vielleicht wird Jizchak meine Tochter heiraten.“ Der Gaon fragt: Wieso nehmen Chasal (unsere Weisen) Elieser’s unschuldige Bemerkung und machen daraus etwas Bösartiges. Der Gaon führt aus, dass es im Hebräischen zwei Worte gibt, welche „vielleicht“ bedeuten: „Ulaj“ und „Pen“. Was ist der Unterschied? Der Gaon antwortet, dass wir das Wort „Pen“ dann verwenden, wenn wir das mögliche Ergebnis unerwünscht ist, wie „Pen namut“ („vielleicht werden wir sterben“). [Schemot 20:16] Dies ist das „vielleicht“, von dem sich der Mensch nicht erhofft, dass es eintritt. Die Bedeutung des Wortes „Ulaj“ ist, dass ich WILL, dass etwas geschieht. Ein Beisoiel: Awraham bittet um Sedom und Amora und spricht [Bereschit 18:24]: „Es mögen „ulaj - vielleicht" fünfzig Gerechte in der Stadt sein; wolltest du die umbringen und dem Ort nicht vergeben um fünfzig Gerechter willen, die darin wären?“

Weil Elieser „Ulaj“ sagte – die Frau will vielleicht gar nicht mitkommen -, erkennen wir, dass er tief in seinem Inneren die Hoffnung hegte, dass sie nicht mitkommen möge (denn dann hätte er Jizchak’s künftiger Schwiegervater werden können.).

Gemäss dem Wilnaer Gaon gilt somit das Prinzip, dass „Ulaj“ die Bedeutung hat, dass ich wünsche, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt. Wenn Ja’akow sagt: „Ulaj wird mein Vater mich betasten“, verkörpert dies gemäss Rav Simcha Sissel, dass Ja’akow hofft, dass dies geschieht. Ja’akow wünscht sich, dass er „auf frischer Tat ertappt“ wird. Wieso will Ja’akow erwischt werden? Rav Simcha Sissel antwortet, dass Ja’akow erwischt werden will, weil er Falschheit derart verabscheut, dass er es vorzieht ertappt zu werden und keinen Segen zu erhalten, als betrügerisch zu handeln, sogar wenn er auf diese Weise den Segen ergattert.

Aus diesem Grund ist es gerade dieser Passuk, mehr als jeder andere, welcher Ja’akows Aufrichtigkeit unterstreicht. Er hatte in dieser Sache keine Wahl. Er musste den mütterlichen Befehlen Folge leisten. Es war wichtig, dass der Segen ihm zukam. Aber Falschheit war ihm verhasst. Es widerstrebte ihm so sehr, dass er sagte: „Ulaj, wird mein Vater mich erwischen“ in der Hoffnung, dass dies in Tat und Wahrheit auch geschehen möge.

Quellen und Persönlichkeiten:

Rav Simcha Sissel Ziv [der "Alte von Chelm"] (1824 - 1898): Rosch Jeschiwa in Chelm; einer der Hauptschüler von Rabbi Jisrael Salanter, dem Gründer der Mussarbewegung (Schulung des Charakters).
Wilnaer Gaon: Rabbi Elijahu ben Schlomo Salman von Wilna (1720 - 1797), Wilna; Torahgenie, Autor von zahlreichen Büchern und Kommentaren.

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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