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Die "besondere Tora", die in der Jeschiwa von Schem und Ewer gelehrt wurde (Raw Frand Wajeze 5782)

Rav Frand zu Paraschat Wajeze 5782 

Bearbeitet und ergänzt von S. Weinmann

Die "besondere Tora", die in der Jeschiwa von Schem und Ewer gelehrt wurde


Wohin ging Ja’akow, nachdem er Be'er Schewa verlassen hatte? Unsere Weisen [Talmud Traktat Megila 17a, wie in Raschi am Ende der vorwöchigen Parascha zitiert] sagen, dass er vierzehn Jahre lang in der Jeschiwa von Schem und Ewer lernte. Schem lebte zwar dazumal nicht mehr, aber sein Enkel Ewer leitetet die Jeschiwa. Dies ist erstaunlich. Ja’akow war bereits 63 Jahre alt. Was hatte er denn bis anhin getan? Auch bis jetzt hatte Ja'akow nur gesessen und gelernt, wie die Torah in Paraschat Toldot [25:27] bezeugt "Joschew Ohalim – der in Zelten sass", und wie Raschi zur Stelle erklärt, in den Batej Midrasch (Zelten) von Schem und Ewer.

Ich gebe hier die herrlichen Gedanken von Raw Jakow Kamenetzky sZl. in seinem Buch "Emet LeJa’akow" wieder:

Der Unterschied zwischen der Tora der "Patriarchen" und der von "Schem und Ewer"

Wir wissen alle, dass die heiligen Vorväter ihre eigenen Lehrhäuser besassen. Der Talmud [Traktat Joma 28b] lehrt, dass alle Patriarchen – Awraham, Jizchak und Ja’akow - eigene Jeschiwot führten. Bis 15 Jahren lernte Ja’akow bei seinem Grossvater Awraham und nachher bei seinem Vater Jizchak.

Jetzt war es Zeit zu gehen - Zeit ins Exil zu gehen. Sein Vater und seine Mutter hatten – aus verschiedenen Gründen - beschlossen ihn nach Charan zu schicken. Seine Mutter schickte ihn weg, um ihn aus Furcht der Rache von Ejsaw in Sicherheit zu bringen und sein Vater, um eine Frau zu heiraten.  Und was tut er? Er geht und sitzt hin und lernt noch einmal 14 Jahre lang - und zwar buchstäblich Tag und Nacht!

Was hatte Ja’akow Awinu als 63 Jahre alter Schüler noch nicht gelernt? Warum verschwand er für 14 Jahre in der Jeschiwa von Ewer und erfüllte erst nachher den Befehl seiner Eltern?

Auch wenn Toralernen das Grösste und Wichtigste auf der Welt ist, gibt es dennoch Momente und Situationen, in denen andere Mizwot vorrangig sind. So auch in diesem Fall, als Ja’akow die Mizwa von "Kibud Aw waEm" (Ehren von Vater und Mutter) auszuführen hatte. Da diese durch keinen anderen erfüllt werden konnte, hatte sie eigentlich ein Vorrecht gegenüber dem Toralernen. Entweder bedient er seine alten Eltern oder erfüllt ihren Wunsch nach Charan zu gehen. Gleicht dies nicht etwa einem Sohn, dessen Vater ihn etwas einkaufen schickt und er stattdessen ins Bejt Hamidrasch geht und dort 14 Jahre lernt? 

Raw Jakow Kamenetzky sZl. erklärt daher ausführlich, dass es einen grundlegenden Unterschied gibt zwischen der "Jeschiwa" – der Art und Weise des Toralernens und der Awodat Haschem (Dienst G-ttes) – der "Awot Hakedoschim (heiligen Patriarchen)" und der Jeschiwa von "Schem und Ewer". Awraham und Jizchak Awinu konnten sich in gewisser Weise von den schlechten Einflüssen der Welt distanzieren und sich vor ihnen verschliessen, sodass sie in Ruhe vor jeglicher Störung und Behinderung dem Allmächtigen mit wahrer Hingabe dienen und Tora in aussergewöhnlicher Reinheit und Heiligkeit lernen konnten. Dies sehen wir bei Sara Imejnu (unserer Mutter), die Awrahams Sohn Jischmael aus dem Haus trieb, sobald dieser begann Jizchak zum Schlechten zu beeinflussen. Der Ewige war mit diesem Entschluss einverstanden, denn dies entsprach der Richtlinie der Awot Hakedoschim.

"Schem" war derjenige, der der Generation des Mabuls / der Sintflut die Stirn geboten hatte. Er konnte "eine besondere Torah" lehren - die Torah, wie man in einer abscheulichen Gesellschaft, in der Diebstahl, Zügellosigkeit und Verdorbenheit vorherrschen, bestehen kann.

"Ewer" erlebte das "Dor Haflaga", das den Turm von Bawel baute, um sich gegen Hakadosch Baruch Hu (der Heilige, gelobt sei Er) aufzulehnen. Er kämpfte und wehrte sich gegen ihre schlechten Absichten, und ihre Bosheit färbte sich kein bisschen auf ihn ab. Er, der der Ketzerei der Generation des "Turm von Bawel" widerstand, konnte eine besondere Tora lehren.

Danach eröffneten diese zwei Zaddikim eine Jeschiwa, in der sie auf eine ganz andere Weise als Awraham Awinu und Jizchak Awinu Tora und Awodat Haschem lehrten. Sie lehrten ihre Schüler eine Methode, mit der man sich gegen die schlechten Einflüsse der Umwelt und der Nachbarn wehren konnte. Sie gaben ihren Schülern die Basis für Standhaftigkeit in jeder Lage und bei jeder Bedrohung.

Eine solche Tora hatte Ja’akow Awinu in den ersten 63 Jahren seines Lebens nicht gelernt!

In dem Moment, in dem es Ja'akow bewusst wurde, dass er ins Exil gehen muss, um beim schlitzohrigen Lawan zu leben, musste er eine "andere Torah" lernen als diejenige, die ihm von seinem Vater und seinem Grossvater überliefert worden war. Er musste lernen, wie ein Jude in einer verdorbenen Umgebung überlebt. Aus diesem Grunde ging er zuerst in die Jeschiwa von Ewer. Die 14 Jahre in dieser Jeschiwa waren seine Medizin und sein Schutz, um nicht im Haus von Lawan und dessen Umgebung schlecht beeinflusst zu werden.

Dies gleicht einem Sohn, den der Vater bittet, für ihn koschere und schöne Arba Minim einzukaufen. Wenn dieser zuerst die diesbezüglichen Halachot (Vorschriften) lernt, liegt dies selbstverständlich im Interesse des Vaters, da dieser keine unbrauchbare und schlechte Ware haben möchte. So lagen auch diese 14 Jahre, die Ja’akow in der Jeschiwa von Ewer verbrachte, im Interesse seiner Eltern, damit er gut gerüstet und gewappnet gegen alles Schlechte zu Lawan kam und später gegenüber Ejsaw behaupten konnte: "Im Lawan garti – weTarjag Mizwot schamarti - Ich habe bei Lawan (20 Jahre lang!) gewohnt und dennoch alle 613 Gebote beachtet!"

Mit diesem Gedanken erklärt Rav Kamenetzky ein weiteres sehr problematisches Ereignis.

In Paraschat Wajeschew erzählt uns die Tora, dass Ja’akow seinen Sohn Josef mehr als seine anderen Söhne liebte, denn er war sein "Ben Sekunim" [Bereschit 37:3]. Raschi erklärt (einer der Erklärungen), im Namen unserer Weisen [Midrasch Raba 84:8], dass Ja'akow alles, was er in der Jeschiwa von Schem und Ewer gelernt hatte, an Josef weitergab!

Zwei Fragen liegen auf der Hand:

  1. Hatte denn Ja’akow nur bei Schem und Ewer Tora gelernt? Was war mit der Tora der Vorväter?
  2. Weshalb übergab er diese Überlieferung nur Josef?

Die Antwort: Die Nachkommen unseres Patriarchen Awraham hatten von ihm überliefert bekommen, dass sie noch ins Galut (Exil) werden gehen müssen, wie der Ewige ihm beim "Brit Bejn Habetarim" (Bund zwischen den Stücken) sagte: "Du sollst wissen, dass deine Nachkommen Fremde sein werden in einem Land, das ihnen nicht gehört; und man wird sie knechten und peinigen, vierhundert Jahre".

Warum offenbarte G-tt dies dem Awraham? Die Antwort ist, dass der Allmächtige wollte, dass Awrahams Nachkommen davon Kenntnis haben, damit sie sich auf das Galut vorbereiten können.

Ja’akow wusste dies. Er wusste, dass dies eines Tages geschehen wird.  Und nun war es ja Josef, der als erster seiner Brüder nach Mizrajim (Ägypten) gelangte, wo er sich in äusserst schwierigen Situationen behaupten musste, um nicht von der niedrigen und sittenlosen Lebensweise der Ägypter beeinflusst zu werden. Folglich fiel auf ihm die Aufgabe den langjährigen Aufenthalt des Klal Jisrael im Galut Mizrajim vorzubereiten.

Aber wie war es überhaupt möglich, dass ein Jüngling von 17 Jahren solch schwere Prüfungen meistern und so eine Mamutaufgabe übernehmen konnte? Dies konnte er nur mit Hilfe der Tora tun, die Ja’akow in der Jeschiwa von Schem und Ewer gelernt hatte. Deshalb übergab Ja’akow die "Tora von Schem und Ewer" an Josef. Die anderen Söhne von Ja’akow hingegen, benötigten diese Lernmethode nicht, sondern konnten sich voll und ganz der Tora der Awot haKedoschim, die auf einer höheren Stufe steht, widmen.

Die Brüder von Josef kannten den Grund nicht, sie sahen nur, dass der Vater die Lehre der Tora hauptsächlich Josef weitergab, und beneideten ihn deshalb.

Erst als die Söhne Ja’akows ihren Bruder Josef in Ägypten entdeckten verstanden sie alles rückwirkend.

(Anmerkung des Herausgebers: Man muss sagen, dass Ja’akow durch Ruach Hakodesch (prophetischen Geist) ahnte, dass Josef diese Lehre mehr als seine Brüder nötig hatte.)

 

Quellen und Persönlichkeiten:

 

  • Midrasch Rabba (der grosse Midrasch): Grosse Sammlung von Erklärungen und Aggadot zum Chumasch der Tana’im (Mischnagelehrten) und Amora’im (Talmudgelehrten).
  • Raschi (1040-1105) [Rabbi Schlomo ben Jizchak]; Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller TENACH- und Talmudkommentare“.
  • Rabbi Ja'akov Kamenetsky (1891-1986); Minsk, Slobodka, Seattle, Toronto und New York. War Rabbiner, Rosch Jeschiwa, Possek und grosser Talmudgelehrter. Rosch Jeschiwa von Tora We’Daat, Brooklyn. Zusammen mit Rabbi  Mosche Feinstein leitete er das amerikanische Judentum in Fragen der Halacha und in spirituellen Angelegenheiten bis 1986, als beide Grössen starben. Verfasser von verschieden Werken, wie Emet leJaakov zum Schulchan Aruch und Erklärungen zum Chumasch.

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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