Josef’s Beschäftigung mit seinen Haaren war kein jugendliches Gehabe (Raw Frand, Wajeschew 5781)
Josef’s Beschäftigung mit seinen Haaren war kein jugendliches Gehabe
Der Passuk (Vers) beschreibt Josef als „we’hu Na’ar“ („und er war ein Jüngling“) [Berejschit 37:2]. Zu Beginn der Parascha zitiert Raschi einen dazugehörigen Midrasch. Der Midrasch Raba [84:7] sagt, dass Josef unreif handelte, so wie ein Jüngling. Er hatte die Angewohnheit, seine Haare zu ordnen und seine Augen zu pflegen und zu schminken, damit er gut aussah.
Josef war damals 17 Jahre alt, sein Verhalten war für einen 17-jährigen angemessen. Andererseits scheint es ein sehr ungewöhnliches Verhalten für eine Person von Josef’s Format zu sein. Unsere Weisen lehren uns, dass Josef beinahe eine Kopie unseres Patriarchen Ja’akow war. Wegen seiner Zurückhaltung, die er in der dieswöchigen Parascha zeigt, gilt er als „Josef HaZaddik“ (der Fromme) Er erlag der Versuchung nicht, obwohl er nun fern von seiner Familie war. Josef hatte einen rechtschaffenen Charakter. Jede einzelne Handlung, die er tat, geschah zu Ehren des Himmels. Wie können wir ihm - sogar im Alter von 17 Jahren - unterstellen, dass es ihm nur um das Aussehen ging?
Sogar, wenn wir dazu geneigt sind, Josefs Verhaltensweise, sich feinzumachen, als das törichte Verhalten eines Jugendlichen abzutun, eine Verhaltensweise, der er bald entwachsen sein würde, so ergäbe sich immer noch eine Schwierigkeit. Später in der Parascha steht nämlich [Berejschit 39:6]: „Und Josef war von schöner Gestalt und von schönem Antlitz“ („jefe toar we’jefe mar’eh“). Der Midrasch Tanchuma bemerkt dort folgendes, wie Raschi ihn zur Stelle zitiert: «Als Josef sah, dass er (in Potiphar’s Haus) eine führende Stellung innehatte, begann er zu essen, zu trinken und sein Haar zu pflegen; da sagte der Heilige, gelobt sei ER: „Dein Vater trauert um dich und du beschäftigst dich mit deinen Haaren! So will ich den Bären (Frau von Potiphar) gegen dich reizen!“
Josef war schon erwachsen. Warum wirft ihm der Midrasch erneut seine Beschäftigung mit seinen Haaren vor? Man bedenke, dass wir den frommen Josef vor uns haben. Was geht hier wirklich vor?
Rav Schwab liefert uns eine interessante Erklärung. Die Torah nennt Josef einen ‚Na’ar’ (Jüngling). Die
Torah gebraucht diesen Begriff auch in der letztwöchigen Parascha (Wajischlach) für Schechem, Sohn des Chamor. „Der Jüngling säumte nicht, die Sache in die Tat umzusetzen; denn er sehnte sich nach der Tochter Ja’akows.“ Zu diesem Zeitpunkt war Schechem, Sohn des Chamor, aber kein Knabe mehr. Er war vielmehr einer der angesehensten Männer der Stadt. Warum wird er in dem Passuk als ‚Na’ar’ bezeichnet?
Dies lehrt uns, dass die Definition eines ‚Na’ar’ nicht mit dem tatsächlichen Alter zusammenhängt. Vielmehr ist die Bezeichnung ‚Na’ar’ symbolisch für die Ungestümheit der Jugend. Wenn man älter wird, lernt man das Leben langsamer und überlegter anzugehen. Man trifft keine voreiligen Entscheidungen. Oft will ein junger Mensch etwas nicht ‚jetzt’, sondern am liebsten bereits ‚gestern’. Wenn wir älter werden, lernen wir, dass wir Dinge überdenken und abwarten müssen. Wir können nicht immer alles reflexartig an uns reissen.
Schechem war eine ältere Person. Er war sogar eine angesehene Persönlichkeit. Er handelte aber trotzdem wie ein ‚Na’ar’, weil er auf den Vorschlag von Schimon und Levi einging, ohne vorher darüber nachzudenken. Dies ist die Definition eines ‚Na’ar’.
Unsere Weisen lehren uns, dass Josef König über seine Brüder war. Josef wusste dies aus seinen Träumen. Er sah voraus, dass sie sich vor ihm verbeugen und er König sein würde. Ein Gesetz der Monarchie war es, körperlich auffällig zu sein. „Deine Augen werden den König in seiner Schönheit sehen…“[Jeschajahu 33:17]. Der Talmud [Sanhedrin 22b] legt fest, dass ein König sein Haupthaar täglich pflegen muss. Er vertritt das Volk und muss daher ein stattliches Aussehen haben, damit das Volk ihn respektiert.
Wenn unsere Weisen lehren, dass Josef wie ein ‚Na’ar’ handelte, dann meint dies, dass es ein Fehler war, sich schon im Alter von 17 Jahren als Monarch zu sehen. Es war keine jugendliche Haarpflege. Das Problem war, dass er sich als Herrscher über seine Brüder empfand, bevor die Zeit dafür reif war. Auch das ist die Bedeutung des zweiten Midrasch. Als sich Josef seiner Führungsposition im Hause Potiphar’s bewusstwurde, begann er wieder damit, seine Haare herzurichten. Wieso? Josef dachte abermals, die Zeit, sich wie ein König zu verhalten, sei nun gekommen. Er war wieder voreilig. Dieses unreife Verhalten, und nicht jugendliches Interesse für seine Haare, war das „Ma’aseh Na’arut“ („‚unreife’ Handlung“), welches der Midrasch Josef vorwirft.
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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich
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