Mazot und Mizwot (Raw Jochanan Zweig, Bo 5774 - Beitrag 1)
Mazot und Mizwot
Übersetzt und bearbeitet von Herrn Gil Barnea
„Beobachtet das Gebot der ungesäuerten Brote..!“ [12:17]
Die wörtliche Auslegung dieses Verses ist, dass man die Zubereitung der Mazot mit grösster Vorsicht und Eile angehen sollte, weil die kleinste Verspätung dazu führen kann, dass der Teig „Chamez“ (gesäuert) wird - was die Mazot für den Gebrauch am Pessach-Fest ausschliesst. Raschi zitiert eine Interpretation des Midrasch im Namen von Rabbi Joschija, die besagt, dass durch die Umstellung der Vokale, das Wort „Mazot“ zu „Mizwot“ wird - womit der Vers eine Aufforderung an uns darstellt, alle Mizwot mit grösster „Srisut“ (Eifer, Schnelligkeit) auszuüben. Wenn ein Mensch die Möglichkeit hat, eine Mizwa auszuüben, sollte er sie nicht „ansäuern“ lassen, sondern sie sofort umsetzen.
Der Vergleich des Midrasch zwischen dem Backen von Mazot und der Ausübung von Mizwot, beinhaltet folgende Schwierigkeit: Wenn ein Mensch die Mazot ohne die nötige Schnelligkeit zubereitet, macht er sie unbrauchbar. Doch obwohl es nicht die vorzuziehende Art und Weise ist, wie man Mizwot ausübt, führt ihre Verzögerung nicht automatisch zu ihrer Entwertung (oder gar Ausserkraftsetzung). Ausserdem erfordert auch der folgende talmudische Ausspruch [Traktat Sanhedrin 105b] eine Erklärung: „Ein Mensch sollte sich zu jeder Zeit mit Thora und Mizwot beschäftigen - und sei es mit unreiner Absicht (persönliche Interessen), denn durch ihre Ausübung wird er sie (automatisch) letzten Endes mit reiner Absicht ausüben.“ Warum stellt die Ausübung einer Mizwa mit unreiner Absicht ein Verdienst dar, wohingegen die Ausübung einer Mizwa mit reiner Absicht - aber mit zu wenig Eifer und Schnelligkeit - mit wertlosem Chamez verglichen wird?
Wenn eine Frau ihr Kind losschickt, um ein paar Lebensmittel einzukaufen, dann geht das Kind aus einem Gefühl heraus, es seiner Mutter schuldig zu sein (d.h. aus Verpflichtung). Wenn das Kind zurückkehrt und seine Mutter ihm mitteilt, dass noch etwas aus der Einkaufsliste fehlt, dann wird das Kind ein weiteres Mal zum Laden gehen - wenn auch widerwillig. Wenn sich dieses Szenario aber wiederholt, dann wird der Widerwille des Kindes mit jedem Mal ansteigen, an dem es schon wieder gebeten wird, zum Laden zurückzulaufen – bis das Kind an den Punkt angelangt, wo es die Anweisung seiner Mutter ablehnt. Das Kind mag seinen Widerwillen sogar dadurch zum Ausdruck bringen, dass es respektlos zu seiner Mutter spricht. Es wäre besser von Seiten der Mutter gewesen, wenn sie ihr Kind erst gar nicht um den Gefallen gebeten hätte - denn was als ein Akt des Respekts begann, hat sich zu Respektlosigkeit hochgeschaukelt. Doch wenn die Mutter ihrem Kind einen finanziellen Anreiz geboten hätte, dann würde es die Aufgabe mit Freude ausführen.
Die Erklärung dafür ist wie folgt: Je länger ein Mensch eine Aufgabe mit Ablehnung ausführt, umso mehr wird sein Widerwille ansteigen. Er wird einen Punkt von derartiger Ablehnung erreichen, dass er es verabscheuen wird, die Aufgabe zu erfüllen. Doch Anreize werden seine Abneigung mildern - und er wird möglicherweise sogar Freude daran entwickeln, die Aufgabe auszuführen. Der Rambam (Maimonides) lehrt, dass wir Anreize schaffen sollten, um unsere Kinder zur Ausübung von Mizwot zu bringen - etwa mit Süssigkeiten, sodass sie mit der Handlung etwas Positives verbinden. Die Erfahrung zeigt, dass wenn man seine Kinder dazu zwingt, zur Synagoge zu gehen - und es dadurch im Bewusstsein der Kinder zu negativen Konnotationen kommt (bishin zum Kontrollverlust über die Kinder) - dann werden sie aufhören, hinzugehen. Wenn sie jedoch die Erfahrung als eine positive ansehen - und sei es auch aus falschen Gründen - dann stehen die Chancen gut, dass sie weitermachen werden. Hoffentlich werden sie dann aufwachsen und lernen, die Synagoge (wie auch alle anderen Mizwot) aus sachgerechten, angemessenen Gründen zu lieben.
Ein Mensch mag die richtigen Intentionen bei der Ausübung einer Mizwa haben, doch wenn er sie auf eine lasche, nachlässige Weise ausführt, dann zeigt er damit, dass er es mit Widerwillen tut. Die Abneigung kann bis zu dem Punkt anwachsen, an dem er die Ausübung der Mizwa sogar verabscheut. Aus diesem Grund bezeichnen unsere Weisen die Ausübung einer Mizwa ohne Eifer als Chamez. Auf der anderen Seite, wenn ein Mensch eine Mizwa mit Enthusiasmus ausübt, dann kann er sie lieben lernen - selbst wenn sein Enthusiasmus durch Belohnungen und Anreize hervorgerufen wurde. Aus diesem Grund ermutigen unsere Weisen ein solches Verhalten.
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