Doppeltes Unheil (Raw Jochanan Zweig, Bo 5774 - Beitrag 2)
Doppeltes Unheil
Übersetzt und bearbeitet von Herrn Gil Barnea
„Gehe zu Pharao, denn ich habe verstockt sein Herz…“ [10:1]
Die Parascha der letzten Woche enthält sieben der zehn Plagen, die über Ägypten verhängt wurden. Parschat Bo berichtet von den übrigen drei. Weshalb sind die Plagen über zwei Wochenabschnitte aufgeteilt? Die Einleitung zu den drei Plagen in diesem Wochenabschnitt enthält die Anweisung G-ttes an Mosche, vor Pharao zu erscheinen, sowie die Verpflichtung, unseren Kindern von den Wundern zu erzählen, die G-tt für uns vollbracht hat. Beide dieser Botschaften beziehen sich auf alle zehn Plagen. Warum werden sie an dieser Verbindungsstelle der beiden Wochenabschnitte dokumentiert?
Den Kindern Israels wurde befohlen, das Blut des Lammes an den Pfosten und Oberbalken ihrer Türen anzubringen. Das Verdienst der Erfüllung dieses Gebotes würde sie vor jeglichem Leid beschützen, das mit der Plage der Erstgeborenen zusammenhing. Darüber hinaus heisst es im Vers, dass G-tt zum Zeitpunkt dieser Plage die jüdischen Häuser überspringen (hebr. passach) wird. Raschi kommentiert, dass das Wort „passach“ sich auch als „Erbarmen haben, verschonen“ übersetzen lässt. Alle vorhergehenden Plagen trafen nur die Ägypter, und es war kein besonderer Schutz notwendig gewesen. Warum erforderte die Plage der Erstgeborenen ein neues Verdienst der Kinder Israels und ein zusätzliches Mass an Schutz?
Raschi zitiert einen Midrasch, wonach die zehn Plagen einem wohlkalkulierten Schlachtplan folgten. Wenn eine angreifende Armee den Feind zur Kapitulation bringen will, beginnt sie damit, dem Feind die Wasserversorgung abzuschneiden. Wenn der Feind sich weigert, aufzugeben, wird psychologische Kriegsführung angewandt, um ihn in die Knie zu zwingen. Genauso tat es auch G-tt, der zuerst die Wasserversorgung der Ägypter attackierte. Ihre Weigerung zu kapitulieren, brachte die Frösche über die Ägypter, die fürchterliche Laute von sich gaben und dem gesamten Volk Angst einflössten. Der Midrasch hat aber noch eine zweite Erklärung für die Motivation G-ttes hinter den zehn Plagen: Die Plagen, die Pharao überkamen, richteten sich an alle Elemente, die er benutzte, um die Kinder Israels zu versklaven. Die Plagen waren eine konzertierte Strafaktion gegen die ägyptische Versklavungsmaschinerie. Was aus diesen beiden Midraschim hervorgeht, ist das Verständnis, dass die Plagen einem dualen Zweck dienten: Sie wurden angewandt, um Pharao dem Willen G-ttes zu unterwerfen, und sie wirkten sich als Strafe aus, die gegen die Ägypter gerichtet war, weil sie die Kinder G-ttes versklavt hatten.
Obwohl Pharao bereits nach der siebten Plage kapituliert hatte, als er verkündete, „Haschem ist der Gerechte, und ich und mein Volk sind die Bösen“, wurde Mosche darüber informiert, dass Haschem Pharaos Entschlossenheit noch gestärkt hatte, die Kinder Israels nicht freizulassen. Es wird nun offensichtlich, dass die Plagen noch eine zweite Absicht verfolgten - denn selbst nachdem Pharao den Forderungen G-ttes zugestimmt hatte, setzten sich die Plagen fort. Hiermit erfüllte sich G-ttes Versprechen an Awraham: „Doch auch das Volk, dem sie dienen sollen, werde ich richten.“
Die Strafe ist nicht vollständig, bis alle zehn Plagen ausgeteilt sind. Die Abgrenzung der Wochenabschnitte repräsentiert die zwei Dimensionen der Plagen. Während der Fokus der ersten sieben darauf abzielt, Pharao zu unterwerfen, und die übrigen drei zur völligen Bestrafung dienen, ist dies also die angemessene Abgrenzung zur Aufteilung der Wochenabschnitte.
Als der Hintergrund der Plagen darin bestand, Pharao zu unterwerfen, benötigten die Kinder Israels keine eigenen Verdienste zu ihrem Schutz. Doch als die Plagen rein bestrafender Natur waren - und das Attribut der Gerichtsbarkeit (hebr. Midat Ha’Din) in den Vordergrund rückte, gerieten auch die Kinder Israels ins Visier einer genauen Überprüfung und benötigten ihr eigenes Verdienst, um Bestrafung abzuwenden. Mosche, der sich dessen bewusst war, ging nur widerwillig und zögernd nach der siebten Plage zu Pharao. Daher wurde es notwendig, dass Haschem gegenüber Mosche die Anweisung erteilte, Pharao zu informieren, dass die Plagen weitergehen würden. Das Attribut der Gerichtsbarkeit manifestierte sich selbst in der Plage der Dunkelheit. Raschi zitiert den Midrasch, der besagt, dass achtzig Prozent der Kinder Israels unter dem Schleier der Dunkelheit starben, damit die Ägypter ihre Bestrafung nicht mitansehen würden.
Die Botschaft, die wir unseren Kindern weitergeben, ist, dass ausser dass Haschem gegen die Ägypter Wunder vollbracht hat, um sie zu unterwerfen und uns zu befreien, Er sie auch dafür bestraft hat, dass sie uns versklavt haben.
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