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Was hörte Jitro, das ihn veranlasste zu kommen? (Rav Frand Jitro 5782)

Rav Frand zu Paraschat Jitro 5782

Was hörte Jitro, das ihn veranlasste zu kommen?

Der Passuk sagt: "Und Jitro, der Fürst von Midjan, hörte alles, was G-tt für Mosche und Israel getan…" [Schemot 18:1] Raschi zur Stelle zitiert die talmudische Frage und Antwort [Traktat Sewachim 116a]: "Welche Nachricht vernahm er, die ihn veranlasste zu kommen und zum Judentum zu konvertieren? Das Spalten des Meeres und den Kampf mit Amalek." Wir wissen, dass "Nationen davon hörten und bebten; ein Zittern ergriff die Pelischtim (Philister)" [Schemot 15:14]. Jeder hatte von den Ereignissen des Auszugs der Juden aus Ägypten gehört. Jeder hatte vom übernatürlichen Spalten des Roten Meeres gehört. Und doch sehen wir nicht, dass eine Massenbewegung entstand, sich den Juden anzuschliessen oder zum Judentum zu übertreten. Auf irgendeine Weise war Jitro einzigartig.

Eines der Dinge, die wir bei früheren Gelegenheiten schon erwähnt hatten, als wir diese Stelle in Raschi besprachen, ist, dass wir von Menschen wie Jitro lernen sollten, dass dramatische Ereignisse uns beeinflussen müssen. Die wahre Lektion dieser Begebenheit ist, wie stumpfsinnig Menschen sein können. Menschen können in ihrem Leben übernatürliche Ereignisse und verblüffende Dinge erleben, ohne dass die Erlebnisse irgendeine Auswirkung auf sie haben. Sie sind nicht bereit, ihre Augen, Ohren und vor allem ihr Herz zu öffnen, was unweigerlich dazu führt, dass sie nach solchen Erlebnissen ihr Leben weiterführen, als ob nichts geschehen wäre.

Dies ist eine allgemeine Lektion, über die wir schon früher gesprochen haben. Heute möchte ich mich auf die folgende Frage des Talmuds konzentrieren: "Welches Ereignis hörte er, das ihn dazu veranlasste zu kommen? Ma Schemua schama u'ba? (Welche Nachricht vernahm er, dass er kam?) Was will der Talmud uns mit dem Hinzufügen des Wortes "u'ba" (und er kam) sagen?

Der Talmud sagt uns damit, dass wir von Jitro zwei Dinge lernen müssen. Erstens lehrt uns seine Handlung, dass wir für Anreize offen sein müssen und wenn Ereignisse eintreten, diese einen Einfluss auf uns haben sollten. Zweitens lehrt sie uns, dass wenn solche geschehen, wir die Inspiration annehmen und sofort handeln sollten. Wir sind damit betraut, dieses Momentum auszunützen.

Grundsätzlich gibt es drei mögliche Reaktionen auf das Erleben von übernatürlichen Ereignissen: Es gibt Menschen, die die Geschehnisse erfahren und sich überhaupt nicht aus der Fassung bringen lassen. Es gibt andere Menschen, die verblüfft sind. Die Ereignisse machen einen grossen Eindruck auf sie, aber ihre Reaktion ist leider ähnlich wie bei einem Grossteil der Menschheit – sie sagen "Ja, wirklich, wir sollten deswegen etwas unternehmen." Und dann machen sie weiter mit ihrem Leben, und die Inspiration verflüchtigt sich.

Die Neuartigkeit von Jitro und in der Tat die Lektion Jitros ist: "Was hörte er, dass ihn dazu veranlasste zu kommen (u'ba)". Jitro – wie viele andere – wurde von dem, was er hörte, inspiriert, nahm jedoch in einzigartiger Weise diese Inspiration an und unternahm sofort etwas. Er kam zum jüdischen Volk, weil er die Hand G"ttes erkannte und sagte: "Ich muss etwas unternehmen. Ich werde die Inspiration realisieren. Ich werde es in die Tat umsetzen."

Ich möchte Euch zwei Geschichten erzählen, aus denen hervorgeht, was es bedeutet, etwas in die Tat umzusetzen.

Es gab einen Bachur (Talmud-Student), der in der bekannten Woloschyner Jeschiwa lernte. Er war für das grösste enzyklopädische Wissen (grösster "Baki") in der Jeschiwa bekannt – was sehr viel bedeutet. In Wolozin lernten sie nicht einen Zyklus von 6 oder 8 Messechtot (Traktate), wie es heute in vielen Jeschiwot üblich ist. Sie begannen mit Berachot (dem ersten Traktat des babylonischen Talmuds) und machten weiter bis zum Schluss von Nidda (dem letzten Traktat des Talmuds). Wenn also jemand der "grösste Baki" in Woloschyn war, beherrschte er die Materie komplett!

Dieser Student sass einst bei einer Mahlzeit, als jemand hereinkam und ihm eine Frage stellte. Er wusste die Antwort nicht. Jemand anders am Tisch antwortete: "Dies wird in Tossafot (Erklärung zum Talmud) klar erklärt." Der "Baki" war zutiefst bestürzt. Er hatte einen Tossafot vergessen! Was tat er? Er stand mitten in der Mahlzeit auf – liess sein Essen liegen, benschte nicht (Birkat Hamason, Segensspruch nach dem Essen), und rannte zur nächsten Schul (Synagoge) und gelobte, die nächsten sieben Jahre ununterbrochen zu lernen. Und dies war, was er auch tat!

Es gab jedoch ein Problem – er hatte nicht gebenscht. Man fragte den Rosch Jeschiwa – Rav Chajim Woloschyner: Hat er richtig oder falsch gehandelt? Rav Chajim antwortete: Er hat sicherlich falsch gehandelt, weil er nicht gebenscht hat. Hätte er jedoch gewartet, bis er Birkat Hamason sagt, wäre der Affekt der Bestürzung in den vergehenden Minuten verflogen. Er hätte kein Gelöbnis gemacht und hätte niemals die nächsten sieben Jahren ununterbrochen gelernt. Es ist keine Kleinigkeit, vom biblischen Gebot, nach einer Mahlzeit zu benschen, abzuweichen, aber wenn er gewartet hätte, hätte sich die Inspiration unweigerlich verflüchtigt. Dies ist die Lektion von "Was hörte Jitro, u'ba", das ihn dazu veranlasste zu kommen."

Die andere Geschichte sah ich im Sefer Ozrot Hatorah. Der Mann, der sich um die Finanzen der Jeschiwa von Radin kümmerte, kam zum Chafez Chajim mit einem einfachen Couvert, das über das polnische Postsystem verschickt wurde. Das Couvert enthielt 500 Rubel Bargeld (eine sehr grosse Summe in jener Zeit). Wir können annehmen, dass das Postsystem in Radin um das Jahr 1920 nicht besser war als das Postsystem in den USA 100 Jahre später, und heute würde niemand sogar nur $500 in Bar mit nicht eingeschriebener Post senden und erwarten, dass es wirklich dort eintrifft, wo es eintreffen sollte.

Der Chafez Chajim sagte seinem Sekretär, er solle die Geschichte ausfindig machen, die sich hinter diesem Umschlag verberge. Wer sende denn 500 Rubel in einem Couvert per Post, ohne sich darum zu kümmern, dass es eingeschrieben verschickt werde?

Es stellte sich folgendes heraus. Ein gewisser Geschäftsmann bemühte sich ein Geschäft abzuschliessen. Er gelobte: "Wenn dieser Deal mir gelingt, werde ich der Jeschiwa des Chafez Chajim 500 Rubel spenden." Siehe da, das Geschäft war erfolgreich, aber es war schon am späten Nachmittag, als sich dies ereignete. Die Post war schon geschlossen. Er dachte sich, er würde es eben erst am nächsten Tag absenden. Dann hörte er eine leise Stimme in seinem Innern, die ihm sagte: "Fünfhundert Rubel? Glaubst du nicht, dass die Jeschiwa auch mit 50 Rubel zufrieden sein würde? Natürlich würden sie mit 50 Rubel zufrieden sein, ist ja auch viel! Warum soll ich ihnen 500 Rubel schicken?"

Der Mann sagte: "Ich sah, wie meine Beherztheit sich verflüchtigte. Ich hatte Angst, dass - falls ich bis zum nächsten Tag warte - ich nur noch fünf Rubel schicken würde. Ich beschloss daher - komme was wolle - das Geld in ein Couvert zu legen und es in den nächsten Briefkasten zu werfen – ohne eingeschriebene Post, ohne Empfangsbestätigung! Ich sah nämlich, sollte ich noch länger zuwarten, dass sich der Enthusiasmus und die Entschlossenheit, die Mizwa zu erfüllen, auflösen würde.

Dies ist die Lektion von Jitro. Von welchem Ereignis hörte er, das ihn dazu veranlasste zu kommen? Er war inspiriert vom Spalten des Meeres und den Kampf mit Amalek, und nützte die Inspiration aus, um sofort zu kommen.

Quellen und Persönlichkeiten:

  • Tossafot ("Tossafisten"): Talmuderklärer des 12. und 13. Jahrhunderts. Einige unter ihnen waren Enkel von Raschi.
  • Rav Chajim von Woloschyn (1749-1821): Berühmter Schüler des Wilnaer Gaon, Gründer der Jeschiwa von Woloschyn; Litauen (heute Weissrussland).
  • Ozrot Hatorah. Verfasser: Rav Elijahu Hacohen. Zeitgenössischer Rav, Redner und Verfasser von div. Werken zum Chumasch und Feiertagen.

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