Raw Frand zu Parschat Teruma 5765
Die einzige Sache, die du mitnehmen kannst, ist dein Esszimmertisch
Die Parscha beginnt mit der ersten "Spendensammlung" in der Geschichte des jüdischen Volkes. "... und sie sollen für Mich nehmen ("We'jikchu li") eine Spende von jedem Menschen, dessen Herz ihn dazu bewegt ..." [Schemot 25:2] Viele Erklärer stört das Verb "we'jikchu li" ("und sie sollen nehmen"). "We'jitnu" ("und sie sollen geben") wäre der bessere Ausdruck im Zusammenhang mit einer Spende gewesen.
Eine Reihe Erklärer, die sich mit dieser Wortwahl befasst, kommt zu folgendem Schluss: Bei Wohltätigkeit unterscheidet sich die jüdische Sicht grundlegend von der allgemeinen, weltlichen Sichtweise. Wenn man eine Zuwendung macht, ist die allgemeine Haltung: "Ich bin der "Geber". Es ist mein hart verdientes Geld. Ich GEBE etwas von meinem Geld für Wohltätigkeit."
Als G'tt jedoch die Weisung gab, ein Mischkan ("Stiftzelt“) zu bauen und ein "Baukomitee" zusammentrat, um Geld zu sammeln, machte man allen klar, dass in Wahrheit niemand etwas von sich selbst hergibt. Dies, weil jeder Jude sich bewusst sein sollte, dass alles, was ihm auf dieser Welt gehört, von G'tt stammt. Dieses Konzept kann als redliche Verwaltung bezeichnet werden. G'tt hat uns als Hüter Seines Geldes eingesetzt. Er hat es uns anvertraut. Wenn wir eine Spende machen, geben wir im Grund nichts. In Wahrheit nimmt der Spendensammler nur etwas zurück, was in Wirklichkeit G'tt gehört.
Technisch gesehen sollte ein Spendensammler, wenn er auf seiner Sammeltour ist, nicht den Ausdruck "Könntest du mir eine Spende GEBEN" verwenden. Er sollte eher sagen: "Ich möchte gerne eine Spende NEHMEN." (Vom praktischen Standpunkt rate ich jedoch von dieser Wortwahl ab.) Diese Denkweise sollte uns das Geben erleichtern. Erstens gehört es uns nicht. Zweitens gibt es die berühmte Weisheit, die nur allzu wahr ist: Wir können es nicht mitnehmen. Ein Mensch kann nur eines mitnehmen, wenn er diese Welt verlässt: Die Mizwot, die er sich mit seinen wohltätigen Gaben erwarb.
Zu unserer Parscha finden wir einen kraftvollen Kommentar von Rabbejnu Bechaje. Im Prophet Jecheskel (Ezechiel) heisst es: "Der Misbejach (Altar) war aus Holz, drei Ellen hoch und seine Länge war zwei Ellen; seine Winkel, seine Platte und seine Wände waren aus Holz. Er sagte zu mir: "Das ist der Schulchan (Tisch), der vor Haschem steht."" [41:22] Der Pasuk spricht zuerst über den Misbejach und schliesst mit dem Pasuk über den Schulchan. Unsere Weisen sagen [Berachot 25a], dass dies darauf hinweist, dass ein Mensch durch den Misbejach Sühne erwirken konnte, solange das Bejt HaMikdasch (Tempel) noch stand. Heutzutage, da wir nicht mehr über das Bejt HaMikdasch verfügen, können wir nur durch den Schulchan Sühne erwirken.
Es stellt sich jedoch die Frage: Wieso soll der Schulchan wirkungsvoller sein als der Misbejach? Wenn das Bejt HaMikdasch nicht mehr steht, dann existiert der Schulchan auch nicht mehr. Was macht den Schulchan besser als den Misbejach, wenn beide nicht mehr vorhanden sind? Die Antwort ist, dass der eigene Esstisch Sühne erwirken kann.
Der Esstisch kann für einen Menschen die Eintrittskarte in die künftige Welt werden. Die Wohltätigkeit, die jemand an seinem Esstisch ausübt (indem er Gäste einlädt und Arme verköstigt) kann das Werkzeug sein, das ihm in der heutigen Zeit, in der wir über keinen Misbejach verfügen, Sühne erwirkt.
Rabbejnu Bechaje fügt hinzu, dass es bei frommen Leuten in Frankreich Brauch war, das Holz des Esstisches als Rohmaterial für ihren Sarg zu verwenden. Stellen Sie sich vor: Begraben im eigenen Esstisch! Warum? Um zu lehren, dass man keinen Heller mit sich nehmen kann. In die nächste Welt begleiten uns nur unsere wohltätigen Gaben, die wir während unserem Leben spenden und die Güte, die wir den anderen am Esstisch zeigen.
Dies scheint in Europa ein verbreiteter Brauch gewesen zu sein. Die Menschen wollten einen Gegenstand mit sich nehmen, der ihnen vor dem Himmlischen Gericht als Fürsprecher dienen würde. Von Rav Pam habe ich einmal vernommen, dass die ehrlichen Schneider in Europa verlangten, dass man sie mit ihrem Messstab, mit dem sie den Stoff massen, beerdige. In Europa war es vor 200 Jahren gang und gäbe, dass die Schneider "schummelten", indem sie so viel Tuch wie möglich (vom Stoff, den die Kunden für die Herstellung ihrer Kleider zur Verfügung stellten) für sich selbst beiseite schafften. Die ehrlichen Schneider, die ihren Messstab nie dazu benutzten, um ihre Kunden hinters Licht zu führen, baten, dass er ihnen in den Sarg gelegt werde - als Verteidiger, wenn sie dem endgültigen Richtspruch entgegensahen.
Die einzige Sache, die wir mit uns in die künftige Welt mitnehmen können, ist unser Esstisch. Nicht der Tisch an sich, sondern das, was wir mit ihm und um ihn herum tun. Das ist die Lehre von "Teruma nehmen".
Eigentlich gehört uns nichts. Ausser der Wohltätigkeit, die wir an unserem Esstisch ausüben, wird uns nichts zur Seite stehen.
Quellen und Persönlichkeiten:
Rabbejnu Bechaje ben Ascher (13. Jahrhundert): Toraherklärer und Kabbalist; Saragossa , Spanien.
Rav Avraham Pam (1913 - 2001): Führender Gelehrter; Rosch Jeschiwa; Brooklyn, New York.
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