Raw Frand zu Parschat Teruma 5766
Die Gaben für das Mischkan werden in absteigender Reihenfolge aufgelistet
Der Vers zählt verschiedene Werkstoffe auf, die für das Mischkan (Stiftzelt) gespendet wurden. Die Torah erwähnt „Gold, Silber und Kupfer, purpurblaue, purpurrote und karmesinfarbene Wolle, Byssus und Ziegenhaar, rotgefärbte Widder- und Thachaschfelle, Akazienholz, Öl für den Leuchter, Gewürze für das Salböl und Räucherwerk aus Spezereien, Schohamsteine und Steine zum Besetzen des Ephod und des Brustschilds.“ [Schemot 25:3-7].
Der Or HaChajim stellt fest, dass es scheint, als ob diese Auflistung hinsichtlich des Wertes in absteigender Reihenfolge dargelegt ist – bis auf das Ende, wo die Schohamsteine und andere wertvolle Steine erwähnt werden. Wenn dem so ist, fragt er, warum werden dann die Schohamsteine und die Steine zum Besetzen an das Ende der Liste gesetzt? Diese wertvollen Steine waren vielleicht die teuersten Materialien, die für den Bau des Mischkans und die dazugehörigen Gefässe benötigt wurden.
Der Or HaChajim gibt zu dieser Frage die folgenden drei Antworten:
Seine erste Antwort hat mit der „Hintergrundsgeschichte“ der Schohamsteine und der Steine zum Besetzen zu tun. Raschi zitiert die Begebenheit, dass die Nesi’im (Fürsten) gebeten worden waren für das Mischkan zu spenden. Daraufhin liessen sie den Sammlern ausrichten, dass sie zuerst zu allen anderen sammeln gehen sollten. Sie würden sich dann freiwillig bereit erklären, am Ende der Baukampagne das noch Fehlende beizusteuern. Die Gemeinde trug jedoch alles Nötige für den Bau zusammen, es blieb sogar noch übrig. Die Nesi’im spendeten deshalb die Edelsteine, welche nicht Hauptteil des Baufonds waren. Die Torah bemängelt jedoch ihre „Spendenfaulheit“ und liess darum einen Buchstaben im Namen der „Nesi’im“ weg [Schemot 35:27].
Wir würden ihr Angebot als sehr bewundernswert betrachten. Wenn wir eine Baufondskampagne durchführen würden und von einem Spender das Angebot bekämen „am Ende des Spendenaufrufs für das verbleibende Defizit aufzukommen“, wäre dies für uns ein grossartiges Angebot. Die Torah steht ihren Handlungen gegenüber jedoch kritisch gegenüber. Was war an ihrer Einstellung falsch?
Das Problem bei diesem Angebot besteht darin, dass sie hätten wissen müssen, dass es bei dem Bau des Mischkans keine solche Sache wie ein Defizit geben kann. Ein Defizit bedeutet ein Mangel, etwas Fehlendes. Aber G’tt ist gar nicht auf unser Geld angewiesen. Er gab uns lediglich die Gelegenheit, den Verdienst zu haben, an einer Mizwa teilzuhaben. Es würde in diesem Falle sowieso genug geben, egal wie viel es brauchte. Die Frage lag nur darin, wem die Mizva des Baus des Mischkans angerechnet würde. Die Fürsten wurden getadelt, weil sie die Gelegenheit für diese Mizva nicht nutzten.
In einer ähnlichen Situation kam einmal jemand zum Chofez Chajim und bot ihm an, die ganzen Kosten der Jeschiva von Radin zu übernehmen. Der heilige Gelehrte lehnte das Angebot ab. Der Chofez Chajim sagte dem Spender, dass er es nicht zulassen könne, dass eine einzelne Person den anderen möglichen Spendern den Verdienst für seine Jeschiva wegnehmen könne.
Rabbi Zev Leff erklärt die Bedeutung der Strafe, die den Fürsten für ihre „Faulheit“ bei der Spende für das Mischkan gegeben wurde. Die Strafe war der Buchstabe, der vom Wort der Fürsten entfernt wurde („Nesi’im“ – Nun Sin Alef Jud Mem), so dass man nur noch „Nisaim“ liest (Nun Sin Alef Mem). Der Unterschied zwischen den beiden Wörtern ist markant. „Nesi’im“ bedeutet: Diejenigen, die tragen. „Nisaim“ bedeutet: Diejenigen, die getragen werden. Die Fürsten wurden gelehrt, dass sie ein grundlegende und fundamentale Lektion ausser Acht gelassen hatten: Der Torahschrank trägt diejenigen, die ihn tragen und nicht umgekehrt. Jemand, der für eine Torahinstitution oder für einen Torahgelehrten spendet, sollte nicht denken „ich unterstütze Torah“, sondern er sollte erkennen: „Torah unterstützt mich“. Darum, um diese Lektion den Fürsten bewusst zu machen, wurde ihr Titel „Träger“ entfernt und sie wurden „diejenigen, die getragen werden müssen“ genannt.
Laut der ersten Antwort von Or HaChajim ist dies der Grund, wieso die Schohamsteine zuletzt in der Reihenfolge der Spenden aufgezählt werden. Da sie eine Gabe waren, die mit einem Mangel an Begeisterung und Eifer behaftet war, wurden sie bei der Aufzählung der Spenden für das Mischkan sozusagen an die letzte Stelle degradiert, obwohl sie wertvoll waren.
Die zweite Antwort, die der Or HaChajim zu dieser Frage gibt, ist, dass alles andere in der Liste geheiligt (Kodesch) war und für keinen profanen Zweck verwendet werden konnte. Die Schohamsteine und die Steine zum Besetzen waren jedoch Teil des Priestergewandes. Die Priestergewänder können für profane Zwecke verwendet werden [Joma 68b]; die Kohanim können diese Kleider tragen (wenigstens für eine kurze Zeit), sogar wenn sie nicht „im Dienst“ sind. So gesehen sind diese Gaben in einem nicht so heiligen Zustande wie die anderen Materialien und werden deshalb am Ende der Liste erwähnt.
Zum Schluss erwähnt der Or HaChajim eine dritte Antwort: Gemäss einem Midrasch wurden die Schohamsteine nicht durch menschliche Schaffenskraft gespendet. Sie wurden auf himmlischen Wolken zum Lager der Juden gebracht. Darum gehörten sie zu einer andern Kategorie und wurden zuletzt erwähnt.
Wir können fragen, wie weit die Antworten mit der ursprünglich gestellten Frage übereinstimmen. Die ursprüngliche Frage war, warum die Schohamsteine und die Steine zum Besetzen an das Ende der Liste gesetzt wurden? Wie können die Antworten dieser Frage gerecht werden?
Wir müssen sagen – gemäss den Antworten des Or HaChajim – dass die Aufzählung tatsächlich in absteigender Reihenfolge IST. Der Wert wird aber nicht am Geldwert gemessen. Der Wert wird mit anderen Massstäben gemessen – an Selbstaufopferung, daran, wie viel Arbeit dahinter steckt, in der Art, wie es dargebracht und wie es gegeben wird. Das ist Wert.
Die Liste IST auf den Wert bezogen. Der Hintergund dieser Frage ist: Sind seltene Steine nicht wertvoller als Gewürze? Die Antwort ist: “Es kommt ganz darauf an.“ Die Gründe, warum diese speziellen Steine nicht mehr wert waren, sind in den verschiedenen Antworten enthalten.
Ein Jude, der sein Geld zusammenklaubt und mit viel Liebe und Selbstaufopferung Gewürze spendet, mag wohl eine Gabe spenden, die nur einen Bruchteil des Wertes von Schohamsteinen besitzt, aber mit dem Himmlischen Massstab gemessen, haben diese Gewürze sehr wohl mehr Wert. Der Wert wird nicht aus dem „Verkaufswert“ der Materialien bestimmt. Wert wird nach einer ganz anderen Norm berechnet. G’ttes Anforderungen beziehen sich darauf, wie etwas gegeben wurde. Darum überragt die Gabe des armen Juden, die mit Eifer gegeben wurde, diejenige der Fürsten, die langsam kam. G’tt betrachtet die Art und Weise der Spende. Darum waren die Gewürze mehr wert als die Schohamsteine, die als ein Teil des Priestergewandes getragen wurden. G’ttes Bewertung unserer Zuwendungen misst sich daran, ob es durch Selbstaufopferung und mühselige Arbeit gegeben wurde und nicht durch eine g’ttesgesandte Gabe, die auf Wolken ankommt.
Der Or HaChajim antwortet, dass seine ursprüngliche Beobachtung stimmte. Die Gaben sind in absteigender Reihenfolge aufgelistet. Wir müssen gemäss den Antworten des Or HaChajim nur die Norm oder den Massstab verstehen gemäss denen den Spenden Wert zugewiesen wird.
Quellen und Persönlichkeiten:
Or HaChajim (1696 - 1743): Name des Hauptwerks von Rabbi Chajim ben Mosche ben Atar, Torahkommentator; Marokko, Italien, Israel.
Chofez Chajim: (1838-1933): Rav Jisrael Me’ir HaKohen von Radin. Autor grundlegender Werke zu jüdischem Recht und jüdischen Werten (Halachah, Haschkafah und Mussar).
Rabbi Ze'ev Leff: Rabbi und Rosch Jeschiwa im Moschav Matitjahu, Israel.
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