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Glücklich ist die Generation, deren Führer Fehltritte begehen - und diese dann zugeben - (Rav Frand Wajikra 5781 – Beitrag 2)

Glücklich ist die Generation, deren Führer Fehltritte begehen - und diese dann zugeben

In der Parascha dieser Woche lernen wir die Gesetze, welche die folgende Situation betreffen: „Ascher Nassi jechetah“ - Sündigt ein Fürst (d.h. König), er übertritt aus Versehen irgend eines von den Verboten des Ewigen, Seines G’ttes, und wird dann seine Schuld gewahr...“ [Wajikra 4:22]

Raschi macht eine Bemerkung zum Ausdruck „ascher Nassi jechetah“, welcher wörtlich bedeutet: „DASS der Fürst sündigt“. In der ganzen Parascha ist „we’im“ („UND WENN“) der geläufigere Ausdruck. Raschi erklärt, dass das Wort „ascher“ der gleichen Wurzel wie das Wort „aschrej“ entspringt (welches ‘heil’ (wohl) bedeutet), als ob hier gesagt werden sollte: „Glücklich ist die Generation, deren Herrscher darauf achtet, selbst für sein Versehen ein Sündopfer zu bringen, umso mehr bereut er seine Frevel.“

Von späteren Erklärern wird eine Vielzahl von Erläuterungen zur Absicht dieses Raschi-Kommentars gebracht:

Rav Salman Sorotzkin meint in seinem Sefer Osnajim le’Torah, dass Sünden aufgrund von neuen Vorhaben entstehen. Gelobt ist der Herrscher oder Führer, der dauernd Wege und Möglichkeiten sucht, um seinem Volke oder seiner Gemeinde zu helfen. Man begeht normalerweise keine Awejra (Sünde), wenn man den normalen und engen Pfad beibehält und nur das wiederholt, was in der Vergangenheit für das Wohl der Allgemeinheit getan wurde, ohne neue Wege oder Richtungen zu suchen und zu versuchen. Neuerungen und Wechsel führen manchmal zu ungewollten Patzern. Der Passuk lobt den Nassi (Führer), welcher aufgeschlossen gegenüber Änderungen ist und welcher bereit ist, etwas Neues auszuprobieren. Die Generation, die einen Führer besitzt, welcher zumindest bereit ist, etwas Neues zu versuchen, um den Menschen zu helfen, kann sich glücklich schätzen, auch wenn diese Verwegenheit manchmal zu ungewollten Fehlern führt.

Rav David Feinstein gibt eine andere Deutung, von der ich annehme, dass sie näher bei der einfachen Auslegung (Peschat) des Passuks (Verses) liegt. Menschen, die an den Schalthebeln der Macht sitzen, neigen üblicherweise nicht dazu, einzugestehen, dass sie etwas Falsches getan haben. Ein Mensch, der Macht hat, fürchtet normalerweise die Kritik und die Unkenrufe seiner Widersacher. Es widerstrebt ihm, öffentlich einzugestehen: „Ihr sollt wissen: Ich habe einen Fehler gemacht!“

Wie oft haben wir schon vom Präsidenten der Vereinigten Staaten - jedem Präsidenten der Vereinigten Staaten – schon das Eingeständnis vernehmen können: „Ich habe einen Fehler begangen.“ Und bei den wenigen Malen, bei denen der Präsident einen Fehler eingestanden hat, wurde er von der Presse und seinen politischen Widersachern heruntergemacht. Ein Führer, der bereit ist, sich vor sein Volk hinzustellen und zuzugeben, dass er einen Fehler gemacht hat, ist selten. Glücklich ist die Generation, welche einen Führer hat, der sich nicht schämt, zuzugeben, dass er sich geirrt hat. Beneidenswert sind diejenigen, welche von einem Menschen geführt werden, der die Selbstsicherheit besitzt, zuzugeben, dass er nicht fehlerfrei ist.

Rav Schim’on Schwab bringt die gleiche Lehre im Zusammenhang mit einer sehr verblüffenden Gemara [Traktat Chagiga 14a]. Der Talmud erzählt, dass der Prophet Jeschajahu (Jesajas) das jüdische Volk mit 18 verschiedenen Flüchen belegte, aber sein Geist beruhigte sich erst („lo nitkarera Da’ato ad…“), als er die abschliessende Prophetie äusserte: „…die Jungen werden sich über die Alten erheben und die Nichtigen über die Geehrten.“ [Jeschajahu 3:5]

Was bedeutet diese Gemara? War das jüdische Volk dem Propheten Jeschajahu so verhasst, dass er sagte: „Ich werde es ihnen richtiggehend zeigen und ich werde nicht ruhen, bis ich ihnen die schlimmstmögliche Strafe verabreicht habe“? Sicherlich nicht. Das ist nicht die Aufgabe eines Propheten. Die Aufgabe eines Propheten besteht nicht darin, das Volk in Grund und Boden zu stampfen oder sie zu verurteilen.

Rav Schwab erklärt, dass diese Gemara die genau gleiche Lektion lehrt, wie der oben erwähnte Raschi-Kommentar zum Passuk in der dieswöchigen Parascha. Der endgültige „Fluch“ enthält auch eine positive und optimistische Botschaft. Es ist ein gutes Zeichen, wenn die Jungen auf die Schwächen der Älteren hinweisen (obwohl den Kindern vielleicht auch Anstand fehlt, wenn sie sich zu so einer Kritik hinreissen lassen); falls dies die Älteren dazu bringt, Antworten zu geben, in sich zu gehen und zuzugeben, dass sie tatsächlich einige Fehler begangen haben, so ist dies positiv. Dies ist, was den Geist des Propheten Jeschajahu beruhigte. Die Führer sollen so viel Format besitzen, dass sie Kritik ertragen und mit Korrekturmassnahmen antworten können, auch wenn die Kritik vielleicht nicht mit dem gebührenden Derech Erez (Anstand und Benehmen) angebracht wurde. Das ist ein Zeichen für eine glückliche Generation. Diese günstige Vorhersage für das jüdische Volk beruhigte das Gemüt des Propheten.

Quellen und Persönlichkeiten:

Raschi (1040-1105) [Rabbi Schlomo ben Jizchak]; Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller TENACH- und Talmudkommentare“.

Rav Salman Sorotzkin (1881 – 1966): Rabbiner und Kämpfer für die jüdische Erziehung, Lutzk, Polen; Israel. Verfasser von diversen Werken, u.a. Sefer Osnajim le’Torah, Gedanken zum Chumasch.

Rav Schimon Schwab (1908 - 1995): Rabbiner der Gemeinde Adat Jeschurun in Washington Heights, New York.

Rabbi David Feinstein: Zeitgenössischer Rosch Jeschiwa in Jerusalem, Israel. Verfasser des Sefers Kol Dodi.

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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