Die Leviten wählen bewusst den Dienst im Heiligtum (Rav Frand Wajikra 5782 - Beitrag 1)

Rav Frand zu Paraschat Wajikra 5782 – Beitrag 1
Ergänzungen: S. Weinmann
Die Leviten wählen bewusst den Dienst im Heiligtum
In der dieswöchigen Parascha heisst es [Wajikra 2:1-2]: "Wenn jemand ein Mincha (Speiseopfer) darbringen will, so bringt er Mehl, Öl und Lewona (Weihrauch) in das Bejt Hamikdasch (Tempel). Der Kohen (Priester) nimmt vom Mehl und Öl, das gemischt wurde, ein Komez (Handvoll), nebst allem Weihrauch, und lasse dies als Gedenkteil auf dem Misbe’ach (Altar) in Rauch aufgehen, als ein Feueropfer von lieblichem Geruch dem Ewigen zu Ehren." Dann heisst es weiter [Wajikra 2:3]: "Was von dem Speiseopfer übrig bleibt, gehört Aharon und seinen Söhnen…" Der Midrasch Rabba [3:6] bringt diesen Passuk mit einem Vers in den Psalmen [Tehillim 17:14] in Verbindung. Dieser Vers sagt: "Mimtim Jodecha Haschem…- Es gibt starke Menschen (stark in Frömmigkeit), die ihren Anteil direkt aus Deiner Hand erhalten..." Gemäss dem Midrasch handelt es sich beim Stamm Levi um die starken Menschen, die ihren Anteil direkt aus G'ttes Hand erhielten. Dieser Stamm war so stark, so sagt der Midrasch, dass er auf seinen Teil im Lande Israel verzichtete und stattdessen seinen Anteil direkt von G'tt empfing.
Der Ateret Mordechaj unterbreitet zu diesem Midrasch eine schöne Erklärung, welche uns eine wichtige Lehre für die heutige Zeit gibt. Er sagt, dass man vielleicht annehmen könnte, dass die Levijim (Angehörige des Stammes Levi), die früher im Bejt Hamikdasch (Tempel) Dienst taten und die Lehrer der Kinder Israels waren, ein Stamm von "Nebbichs" waren. (Unter einem "Nebbich" wird in Jiddisch eine Person umschrieben, die einem leid tut – er ist ein "Nebbich" bedeutet: "Er tut mir leid.") Ja'akow Awinu (unser Stammvater) hatte zwölf Söhne. Elf davon waren begabte und erfolgreiche Kinder, einer war ein "Lemech". ("Lemech" bedeutet auf Jiddisch: Jemand, der nicht so klug ist.) Was tut man mit einem Kind, das leider ein bisschen zurückgeblieben ist? Dieser Sohn bleibt im Bejt Hamikdasch um Dienst zu tun oder er wird ein Rebbe (ein Lehrer).
In der heutigen Welt gibt es folgendes Sprichwort: "Jene, welche etwas können, tun es - und jene, die nichts können, werden Lehrer." Das bedeutet, dass einer, der ein bisschen Grips im Kopf und den Kopf auf den Schultern hat, hinausgehen und Arzt oder Anwalt oder Computerspezialist werden soll - etwas Anspruchsvolles! Mindestens Beamter sollte er sein! Aber nebbich, wenn du nichts anderes werden kannst - dann und nur dann - werde Lehrer!
Der Midrasch sagt, dass dies beim Stamm Levi absolut nicht der Fall war. Man soll keine Minute denken, der Stamm Levi sei ein Haufen von Nebbichs gewesen. Die Leute des Stammes Levi waren kraftvoll. Sie waren begabt und leistungsfähig. Was Naftali, Sewulun und all die anderen Stämme taten, hätten sie auch zustande bringen können. Sie verzichteten jedoch auf die begrenzte und vergängliche Welt zugunsten der bleibenden Welt, die "Chaj we'Kajam" (lebendig und ewigwährend) ist.
Mosche Rabbejnu segnet das jüdische Volk kurz vor seinem Ableben. Er spricht zum Stamm Levi und sagt u.a [Dewarim 33:10]: "So mögen sie (der Stamm Levi) Ja’akow deine Rechte lehren und Israel dein Gesetz; so mögen sie Räucherwerk Dir bringen und Ganzopfer auf Deinen Altar."
Wo liegt der Beweis, dass sie ihren Entscheid nicht bereuten? Der Wunsch eines Arztes ist, dass der Sohn auch Medizin studiert. Ein Geschäftsmann will, dass der Sohn eines Tages sein Geschäft übernimmt. Wenn jemand jedoch, chas we'Schalom (G-tt behüte), keine Freude an seiner Tätigkeit empfindet, dann will er nicht, dass sein Sohn in seine Fusstapfen tritt. "Ich hatte es schwer. Ich konnte keine Schule besuchen. Aber du sollst im Leben etwas Rechtes werden."
Der Midrasch sagt uns, dass der Stamm Levi keine Drückeberger waren. Sie taten das, was sie gewählt hatten, nicht weil sie nichts anderes tun konnten. Im Gegenteil: Sie trafen eine bewusste Wahl und waren von der geistigen Fülle angezogen, die diese Stellung ihnen und ihren Kindern bot. Der Stamm Levi entschied sich nicht für das Lehramt, weil sie nichts anderes zu tun hatten. Sie entschieden sich für das Lehren, weil sie den wahren Wert dieses Berufes erkannten.
Quellen und Persönlichkeiten:
1. Midrasch Rabba (der grosse Midrasch): Grosse Sammlung von Erklärungen und Aggadot zum Chumasch der Tanna’im (Mischnagelehrten) und Amora’im (Talmudgelehrten).
2. Rav Mordechaj Rogov ["Ateret Mordechaj"] (verst. 1967): Rosch Jeschiwa des Beit Hamidrasch LaTorah; Mir (Litauen), Schanghai, Chicago.
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