Wir sind alle Überlebende (Rav Frand Schemini 5782 - Beitrag 2
Rav Frand zu Paraschat Schemini 5782 – Beitrag 2
Wir sind alle Überlebende
Nach dem Tod von Nadaw und Awihu sagt der Passuk: "Mosche sprach zu Aharon und zu El’asar und Itamar, seinen restlichen Söhnen…" [Wajikra 10:12]. El’asar und Itamar werden als die "restlichen Kinder" (Banaw haNotarim) von Aharon bezeichnet. Raschi fügt hinzu: "Sie überlebten den Tod. Dies lehrt uns, dass der Tod auch für sie bestimmt war (als Strafe für ihren Vater), wegen der Sünde des Kalbes." Mosches Gebet hob jedoch das halbe Verhängnis gegen Aharons Kinder auf, wie geschrieben steht: "Und ich betete auch für Aharon zu jener Zeit [Dewarim 9:20]."
Das Wort "Hanotarim" bedeutet buchstäblich die "Überlebenden". Der zitierte Ausdruck kann somit mit den Worten "Mosche sagte zu den überlebenden Söhnen …" übersetzt werden. In der heutigen Zeit bedeutet das Wort "Überlebender" jemanden, der den Holocaust durchgemacht hat und am Leben geblieben ist. Die Wahrheit ist, dass Überlebende eine besondere Verantwortung für sich selbst tragen. Sie überlebten, während andere umkamen. Bereits früher erwähnten wir die Lehre des Seforno [Schemot 2:10]: "Die Tochter von Pharao nannte ihn Mosche, da er andere von ihren Zarot (Leiden) herausziehen wird (mascha). Sie sprach, deshalb benenne ich ihn so, weil dies seine Aufgabe sein wird, da er selbst vom Nil (maschui) herausgezogen wurde". Er war ein Überlebender und trug deshalb eine Verantwortung, das meiste aus seinem Leben zu machen, das von der Verwüstung verschont blieb. Dies ist die Verantwortung aller Überlebender.
Überlebende sind jedoch nicht nur die Leute, die sich in den Konzentrationslagern in Europa befanden, sondern auch diejenigen von uns, die sich in Geborgenheit und Sicherheit in den USA befanden und keine Eltern oder Grosseltern hatten, die direkt im Holocaust litten. Auch sie sollten nicht das Gefühl haben "wir sind keine Überlebende". Dies wäre eine unrichtige Haschkafa (Denkweise), die Dinge anzuschauen.
Genauso wie das Dekret (nach der Sünde des Goldenen Kalbs) gegen alle Söhne von Aharon verfügt worden war, wovon zwei wegen G"ttes Gnade verschont blieben, geht dasselbe auch für uns alle bezüglich des Holocausts an. Wir müssen uns alle als Überlebende des Dekrets betrachten, das über dem jüdischen Volk zu jener Zeit verhängt wurde. Manche Leute waren die Hauptleidtragenden dieses Dekrets, weil sie sich in Europa befanden, aber wir alle waren im Dekret eingeschlossen, und wir alle, die überlebten, sind "Notarim" (Überlebende).
Welchen Unterschied macht es, ob wir Überlebende sind oder nicht? Der Unterschied liegt in dieser Lektion des Seforno. Wir sind alle "Maschuis" (aus dem Wasser gezogen). Wenn wir alle "Maschuis" sind, dann müssen wir alle Mosche’s ("Mascha’s" - andere aus ihrer Klemme ziehen) sein.
Wir sehen es regelmässig. Wenn ein Mensch einen Flugzeugabsturz überlebt, verändert dies sein Leben. "99 Menschen starben auf diesem Flugzeug, und ich habe überlebt. Ich muss aus irgendeinem Grund überlebt haben. Ich muss etwas mit meinem Leben unternehmen." So muss jeder Jude, der heute am Leben ist, denken. "Ich bin ein Überlebender. Der Ribbono schel Olam (Herr der Welt) hat mich gerettet. Es ist nicht genug für mich, ein "Maschui" (ein passiver Überlebender) zu sein. Ich muss ein Mosche (ein aktiver Helfer) sein."
[Anmerkung des Herausgebers: Leider sehr aktuell in unserer Zeit, wenn wir sehen, wie viele Juden mit ihren Familien und kleinen Kindern aus der Ukraine flüchten mussten und ihr Hab und Gut hinter sich lassen mussten]
Quellen und Persönlichkeiten:
Seforno: Rav Ovadia ben Ja’akov Seforno (1470 – 1550); Rom und Bologna, Italien; klassischer Chumascherklärer
_________________________________________________________________________________
Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich
_____________________________________________________________________________________
Copyright © 2022 by Verein Lema'an Achai / Jüfo-Zentrum.
Zusätzliche Artikel und Online-Schiurim finden Sie auf: www.juefo.com
Weiterverteilung ist erlaubt, aber bitte verweisen Sie korrekt auf die Urheber und das Copyright von Autor und Verein Lema'an Achai / Jüfo-Zentrum.
Das Jüdische Informationszentrum („Jüfo“) in Zürich erreichen Sie per E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! für Fragen zu diesen Artikeln und zu Ihrem Judentum.
What do you think?
Send us feedback!
- /parascha/37-schmini/1901-das-groesste-glaubensbekenntnis-und-aharon-schwieg-rav-frand-schmini-5783.html
- /parascha/37-schmini/1811-eroeffnungstag-der-achte-rav-frand-schemini-5782-beitrag-1.html