Raw Frand zu Parschat Schemini 5768
Es ist sicher nicht MEINE Schuld!
Parschat Schemini beginnt mit dem „achten Tag“. Während der, diesem achten Tag, vorangegangenen Woche hatten sich die Jehudim mit den „Sieben Tagen der Vollendung“ beschäftigt, die dann mit der Einweihung des Mischkans (Stiftzelt) am achten Tag ihren Höhepunkt fanden. An diesem Tag war alles bereit, bis auf die "Schechina" (G"ttesgegenwart), die sich im Mischkan niederlassen sollte.
Raschi zitiert den folgenden Midrasch: "Als Aharon sah, dass alle Opfer dargebracht und alle Zeremonien durchgeführt waren, und die Schechinah trotzdem nicht zu Israel hinabstieg, verzweifelte er. Er sagte, 'Ich weiss, dass Haschem auf mich aufgebracht ist und dass die Schechinah meinetwegen nicht zu Israel herunterkommt.'" Mosche versuchte Aharon zu sagen, dass dem nicht so sei, doch Aharon blieb verzweifelt, bis sie gemeinsam ins Mischkan eintraten und beteten und die Schechina herunterkam.
Stellen wir uns vor, wie es Aharon zumute war. Er hatte das Amt des Kohen Gadol (Hohenpriester). Er vertrat die gesamte jüdische Nation. Erst kürzlich hatte sich das ganze Volk mit der Sünde des goldenen Kalbes besudelt. Die aktiven Teilnehmer wurden kurz nach dem Ereignis umgebracht. Es waren jedoch nicht nur die aktiven Teilnehmer, die diese Sünde begangen hatten. Fast das ganze Volk hatte beim goldenen Kalb gefehlt. Als Mosche, nach seinem Abstieg vom Berg Sinai, sah, was sich zugetragen hatte, richtete er einen Appell an alle und rief aus "Wer ist für G’tt, soll zu mir kommen." Nur der Stamm Lewi sammelte sich um Mosche, um Haschems Ehre zu verteidigen. Die übrigen Menschen standen den Ereignissen passiv gegenüber, so dass sie der Appell unbeeindruckt liess. Wären wir an Aharons Stelle, so hätten wir wohl die Schuld dafür, dass die Schechinah nicht herunterkam anderen zugeschoben, man hätte das Volk verantwortlich gemacht. "Wir handelten für die Sache des Himmels. Wir, der Stamm Lewi und die Kohanim sind nicht schuldig. Es ist die Schuld des Volkes, sicher nicht unsere!"
Raw Jerucham Lewowitz sagt, dieser Midrasch führt uns die enorme Charakterstärke von Aharon vor. Wenn etwas schief läuft, sagen die meisten Menschen, "es ist SEINE Schuld!" Wenn G"tt behüte eine Tragödie unsere Gemeinde trifft und wir uns versammeln um Busse und Selbstprüfung zu tun, ist unsere Reaktion in aller Regel: "Was haben wohl die ANDEREN falsch getan?"
Aharon zeigte uns die gegenteilige Reaktion. Sein erster Gedanke war, "es muss meine Schuld sein!" Hätten mehr von uns diese Einstellung, anstatt herumzuschauen und zu sagen "wer könnte es sein?" oder "was machen SIE falsch?" dann wären wir bessere Menschen und unsere Gemeinde eine bessere Gemeinde.
Ich hörte einmal eine sehr überzeugende Idee vom Brisker Raw, sz"l. Als der Prophet Jona auf dem Schiff fuhr und das Schiff am Sinken war, beteten alle Seeleute zu ihren Göttern. Wieder, wären wir in einer solchen Situation, was würden wir tun? Wenn wir in einem Flugzeug wären, das Turbulenzen oder G’tt behüte, einen defekten Motor hätte? Jeder würde panisch werden und zu seinen Göttern beten. Wäre dann unsere Reaktion "Seid doch mal ruhig – ICH werde dawenen (beten)!"? Würden wir nicht eher denken "Wie werden wir je überleben, wenn diese Menschen fremden Göttern dienen – sie machen die Dinge nur schlimmer, nicht besser"?
Jona war in einer ähnlichen Situation. Er war auf dem Schiff und alle machten weiter. Dieser Matrose betete zu seinem Götzen und jener zu seinem. Das Schiff war am Auseinanderbrechen. Und doch war Jona – in der Gegenwart all dieser Götzendiener - überzeugt, dass es seine Schuld war. Das Schiff würde nicht wegen der Götzendiener zerstört werden. Jona wusste, dass das Schiff am Auseinderbrechen war, seinetwegen, des rechtschaffenen Propheten.
Und Jona hatte recht. Es war in Wahrheit seine Rechtschaffenheit und Abstammung, die ihm – korrekterweise – sagte, dass es SEINE Schuld war! Er hätte es besser wissen sollen. Man hatte mehr von ihm erwartet. Je grösser ein Mensch ist, umso grösser ist sein Verantwortung für Erfolg oder Versagen.
Dies war auch die Reaktion von Aharon. Er schob die Schuld nicht auf die Menschen, die dem goldenen Kalb gedient hatten. Er nahm die Schuld auf sich, denn Verantwortung kommt mit Geistesgrösse.
Dies muss auch unsere Einstellung sein. Unsere Gemeinschaft sollte nicht an anderen Orten suchen, wenn Schlechtes geschieht. Ja, es gibt Mischehen und ja, viele an anderen Orten verlassen die Torah und den jüdischen Weg. Doch trotz des Versagens so vieler des jüdischen Volkes, die nicht religiös sind, ist es nicht unbedingt IHRE Schuld. "Denn ich weiss, dass es wegen mir ist, dass dieser grosse Sturm über euch ist" [Jona 1:12].
Wenn eine Gemeinde es “besser weiss” – wenn sie wissen, was richtig und was falsch ist, dann haben sie die Verantwortung. Dies muss auch unsere Einstellung sein, die Einstellung von Aharon, dem Kohen Gadol und von Jona, dem Propheten. Würden wir alle diese Einstellung haben und ihr nachleben, um unser Leben zu verbessern, dann würden wir verdienen, dass die Schechinah herunterkommt, möge dies bald in unseren Tagen geschehen.
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