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Bei Turteltauben gibt es keine „zweite Ehe“ - Anerkennung für Loyalität - Rav Frand zu Tasria 5780

 Rav Frand zu Paraschat Tasria

Übersetzung und Ergänzungen: S. Weinmann

 

Bei Turteltauben gibt es keine „zweite Ehe“ - Anerkennung für Loyalität

Der Beginn von Paraschat Tasria befasst sich mit den Gesetzen der Unreinheit, die mit der Geburt eines Kindes verbunden sind. Am Ende einer 40-tägigen Periode der Unreinheit und einer teilweisen Reinheit nach der Geburt eines Jungen und am Ende einer 80-tägigen Periode der Unreinheit und einer teilweisen Reinheit nach der Geburt eines Mädchens muss die Mutter „ein in seinem ersten Jahr stehendes Schaf  zum  Ola-Opfer (Ganzopfer) und eine junge Taube oder eine (erwachsene) Turteltaube zum Sündopfer dem Kohen (Priester) an den Eingang der Mischkan’s (Stiftzelt) bringen“, um ihren Reinigungsprozess abzuschliessen [Wajikra 12:6].

Obwohl es viele Arten von koscheren Vögeln gibt, sind die einzigen Arten von Vögeln, die als Opfer auf den Altar dargebracht werden können, die junge Taube [Ben-Jona] und die Turteltaube [Tor]. Der Ba’al HaTurim macht die interessante Beobachtung, dass immer dann, wenn die Tora die Möglichkeit bietet, eine Tor [Turteltaube] oder eine Ben-Jona [junge Taube] als Vogelopfer darzubringen, die Erwähnung des Tor allemal der Erwähnung der Ben-Jona vorausgeht. Die einzige Ausnahme ist hier im Fall des Sündopfers der Frau nach der Geburt, bei dem die Tora zuerst die Ben-Jona [junge Taube] und erst danach die Tor [Turteltaube] erwähnt.

Der Ba’al HaTurim erklärt, dass in der Regel (in der ganzen Tora) die Tor oder die Ben-Jona paarweise gebracht werden. In unserem Fall hier bringt die Frau jedoch nur einen, da ihr zweites Opfer ein Schaf ist. Die Turteltaube [Tor] hat eine einzigartige Eigenschaft, sie paart sich   lebenslänglich nur mit einem Partner. Wenn ihr Partner von ihr weggenommen oder getötet wird, wird sie keinen anderen Partner suchen, sondern scheinbar - sozusagen - um den ersten Partner für den Rest ihres Lebens trauern. Infolgedessen rät uns die Thora, anstatt ein Paar Turteltauben zu zersetzen, indem man eines von dem Paar für ein Vogelopfer nimmt, dass es vorzuziehen ist, eine Ben-Jona zu nehmen, da deren Partner in der Lage sein wird, einen anderen Partner zu finden, wenn sein erster Partner als Opfer weggenommen wird.

Rav Simcha Sissel Broide leitet aus diesem Ba’al HaTurim zwei Erkenntnisse ab. Erstens sehen wir, wie empfindlich die Tora für die Gefühle von Tauben ist, davon können wir ableiten, wie empfindlich wir für die Gefühle unserer Mitmenschen sein müssen. Zweitens sehen wir, dass die Tora Loyalität schätzt. Die Tora belohnt den Tor - indem sie uns auffordert, stattdessen die Ben-Jona für unser Opfer zu suchen - weil er diese wunderbare Eigenschaft der Loyalität gegenüber seinem Partner hat.

Der Ramban hat eine ähnliche Lehre in Paraschat Wajikra [1:14]. Der Ramban schreibt, dass die Tora Torim [Turteltauben] als geeignete Spezies für Korbanot (Opfer) herausgegriffen hat, gerade wegen ihrer gegenseitigen Loyalität. Diese einzigartige Eigenschaft macht sie zur optimalen Wahl für die spirituelle Erhebung, die derjenige sucht, der ein Vogelopfer bringen möchte. Der Ramban fügt hinzu: "Auch Israel wird nie von der Loyalität zu seinem Schöpfer und seiner Tora abweichen." 

Der Ramban schreibt weiter, dass die Bnej-Jona [junge Tauben] diese Qualität zwar nicht teilen, aber eine alternative Eigenschaft haben, die sie gebührend macht. Die junge Taube (die einzige Art von Tauben, die dargebracht werden kann) hat die Eigenschaft, dass sie immer in ihr Nest zurückkehrt. Die meisten Vögel werden niemals in ihr Nest zurückkehren, wenn ein Mensch Eier oder Küken vom Nest weggenommen hat. Die Benej Jona sind eine Ausnahme. Sie sind ihren Nestern so treu, dass sie zurückkehren, obwohl menschliche Hände das Nest demoliert haben. Der Ramban fügt hinzu: "Auch Israel wird unter keinen Umständen seinen Schöpfer und seine Tora mit etwas anderem eintauschen."  Daher sind nach dem Ramban Torim und Bnej Jona die Vogelarten, die in dem Bejt HaMikdasch (Tempel) gebracht werden können, weil sie die Qualität der Loyalität mit dem jüdischen Volk teilen.

Nun fragen wir uns vielleicht, wo stehe es in der Tora, dass es lobenswert sei, loyal zu sein? Wo weist uns eines der 613 Mizwot an, „loyal zu sein“? Wir sind es gewohnt, über Eigenschaften nachzudenken, die die Tora schätzt, wie: Chessed (Güte), Emet (Wahrhaftigkeit), Schalom [Friedlichkeit]. Wo ist Loyalität in dieser Liste?

Es gibt viele Werte, Charaktereigenschaften und Wesenszüge, die in der Thora ausdrücklich erwähnt werden. Allerdings gibt es in der Tora ein sehr allgemeines Gebot: „We’assita haJaschar wehaTow be’Ejnej Haschem ...“ (Und tue, was in den Augen von Haschem recht und gut ist…) [Dewarim 06:18].

Woher weisst du, dass du niemanden im Verkehr den Weg abschneiden sollst? Wo steht das geschrieben? Wir verstehen, dass, wenn eine Person leicht als religiöser Jude erkennbar ist, ein solches Verhalten unter der Kategorie von „Chilul Haschem“ (Entweihung des Namens G-ttes) fällt. Aber was ist, wenn jemand als religiöser Jude nicht leicht zu erkennen ist? Warum ist es ihm nach dem Tora-Gesetz immer noch verboten, jemanden im Verkehr den Weg abzuschneiden?

Es gibt viele solche Dinge. Wo steht geschrieben, dass man seinen Rasen mähen muss? Wo verbietet uns die Tora mit unserem Eigentum das Auge des anderen auszustechen? Darauf sagt der Ramban [Dewarim 06:18], es sei alles verboten, weil der Passuk „We’assita haJaschar wehaTow be’Ejnej Haschem ...“, vorschreibt, was frei übersetzt "ein Mentsch zu sein" bedeutet.

Der Ramban schreibt weiter: „Auch die Dinge, die nicht explizit erwähnt werden, achte auf sie und versuche aus der Tora das abzuleiten, was in Seinen Augen recht und gut ist, denn Er liebt, was richtig und gut ist. Das ist eine ausgezeichnete Eigenschaft, die von uns verlangt wird, weil es unmöglich ist, alle richtigen Interaktionen des Menschen mit seinen Freunden und Nachbarn in der Tora festzuhalten.  Die Tora listet viele spezifische Handlungen auf (siehe Wajikra 19:13-18, wie z.B. räche sich nicht, trage deinem Nächsten nicht nach, gehe nicht als Verleumder umher usw.), aber dann gab uns die Tora eine allgemeine Mizwa von „We’assita haJaschar wehaTow “, um alle anderen Dinge einzuschliessen, die zu zahlreich sind, um sie aufzulisten.

Es ist unsere Mission, die Eigenschaften zu erkennen, die der Allmächtige mag. Dieser Ba’al HaTurim und der Ramban an den erwähnten zwei Stellen sagen, dass die Tora Loyalität und Mitgefühle gegenüber unserer Umwelt schätzt. Die Botschaft kann sehr subtil sein. Offenbar müssen wir uns mit den Gründen der Gebote befassen und herausfinden, warum für den                     G-ttesdienst speziell Tauben und Turteltauben erforderlich sind (oder warum Turteltauben normalerweise zuerst erwähnt werden und warum bei der Geburt eines Kindes die Ben-Jona zuerst erwähnt wird). Unsere Aufgabe ist es, zwischen den Zeilen zu lesen, alle Eigenschaften aufzunehmen, die der Herr der Welt schätzt und diese in unserem Leben in die Tat umzusetzen.

Es gibt ein weiteres Beispiel, das der Ramban zum Lesen zwischen den Zeilen präsentiert, um ein angemessenes menschliches Verhalten auf der Grundlage des expliziten biblischen Gesetzes zu bestimmen: Praktisch alle verbotenen Beziehungen sind Beziehungen, die für immer verboten sind. Ein Beispiel ist die Schwiegermutter eine Erwa [verbotene Beziehung]. Sie bleibt eine Erwa, auch wenn die Frau eines Mannes stirbt und ihre Mutter nicht mehr seine Schwiegermutter ist. Das Verbot, eine Frau und ihre Schwester zu heiraten, ist jedoch insofern einzigartig, als es nur zu Lebzeiten der Schwester gilt, die er zuerst geheiratet hat.

Der Ramban erklärt [Wajikra 18:18], dass der Grund für dieses Verbot darin besteht, die Harmonie unter den Schwestern zu fördern. Wenn zwei Schwestern mit derselben Person verheiratet wären, würde dies zu unerträglichen Familienstreitigkeiten führen. Die beiden Schwestern würden sich gegenseitig hassen. Die Tora will nicht, dass Schwestern sich gegenseitig hassen. Die Tora möchte, dass Schwestern sich lieben. Deshalb, sagt der Ramban, gilt dieses Gebot nicht, wenn eine der Schwestern gestorben ist. Wo finden wir in der Tora, dass Geschwister sich lieben sollten? Es mag subtil tönen, aber wir finden es genau hier im Verbot, zwei Schwestern zu heiraten.

Das Lesen zwischen den Zeilen der Tora-Gesetze gibt uns einen besseren Einblick in die Tora und einen grösseren Einblick in das, was der Allmächtige als „recht und gut“ [jaschar weTow] ansieht.

Quellen und Persönlichkeiten:

  • 1. Ramban: Rabbi Mosche ben Nachman (1194 - 1270); Gerona, Spanien; Erez Israel; einer der Haupterklärer des Chumasch (fünf Bücher Moses), wie Verfasser weiterer Werke in Haschkafa (Kitwej haRamban) und Abhandlungen zum Talmud.
  • 2. Ba’al HaTurim (1268 – 1340): Torah-Erklärung von Rabbi Ja‘akov ben Ascher, der auch den Tur schrieb, eine frühe, jüdische Gesetzessammlung, die Basis von unserem Schulchan Aruch (Gesetzbuch). Erste Ausgabe 1514 in Konstantinopel.
  • 3. Raw Simcha Sissel Broide, (1912-2000), Rosch Jeschiwa von Jeschiwat Chevron.

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Die Bearbeitung dieses Wochenblatts erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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