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Nur wer nach spiritueller Grösse strebt, kann erfolgreich sein (Rav Frand, Tasria 5783)

Rav Frand zu Paraschat Tasria (-Mezora) 5783

 

Ergänzungen: S. Weinmann

 

Nur wer nach spiritueller Grösse strebt, kann erfolgreich sein

Die vorgeschriebenen Opfer für eine Frau, die ein Kind geboren hat, sind ein in seinem ersten Jahre stehendes Lamm als Korban Olah (Ganzopfer), und eine junge Taube oder eine Turteltaube als Korban Chatat (Sündopfer). Die Tora trifft jedoch Vorkehrungen für eine Frau, die sich das Lamm als Olah-Korban (Ganzopfer) nicht leisten kann, und legt fest, dass sie in diesem Fall zwei junge Tauben oder zwei Turteltauben – eine als Korban Olah und die andere als Korban Chatat – bringen kann [Wajikra 12:6-8].

Raschi kommentiert hier [12:8] aufgrund einer Talmud-Stelle im Traktat Sewachim [90a], dass die Tora hier in Wirklichkeit unpräzise ist. Tatsächlich ist die Halacha so, dass zu jeder Zeit, da ein Mensch sowohl ein Sühneopfer als auch ein Ganzopfer bringen muss, die Person das Sühneopfer zuerst bringt und erst danach das Olah-Opfer. Dies ist eine prozedurale Regel beim Bringen von "gemischten Opfern". Raschi erklärt den Grund für diese Regel in Paraschat Wajikra [5:8] im Namen des Talmuds [Traktat Sewachim 7b]: Ein Sühneopfer leistet Sühne für eine Sünde; ein Olah (was Aufsteigen bedeutet, denn das ganze Tier wird hier verbrannt) stellt die Beziehung zum Allmächtigen wieder her. Wenn ein Mensch jemanden verletzt hat, sollte er einen Vermittler senden, der sich für ihn entschuldigt, und nach der Entschuldigung ist es angemessen, ein Geschenk zu bringen, um die Beziehung wiederherzustellen. Man beginnt mit der Besänftigung, nicht mit dem Geschenk.

Wenn jemand zum Beispiel seine Frau verletzt hat, sodass er ihr eine Entschuldigung schuldet, sollte es offensichtlich sein, dass die Anstandsregel mehr fordert, als nur Blumen zu schicken. Zuerst muss ein Mann sich profus entschuldigen, um seinen begangenen Fehler gutzumachen. Erst dann ist es angemessen, ein Geschenk zu bringen. Man sollte nicht erwarten, dass ein Geschenk anstatt einer Entschuldigung ausreichend ist. Deshalb geht das "Chatat" (Sühneopfer) immer dem "Olah-Opfer" (Ganzopfer) voraus.

Dieser Gedanke wird in Tehillim (Psalmen) durch den Passuk "Sur meRa weAssej Tov - Wende dich ab vom Schlechten und tue Gutes" [Tehillim 34:15] zusammengefasst.

Warum also, fragt der Talmud [Sewachim 90a], legt die Tora hier auf unpräzise Weise fest "und sie soll zwei Turteltauben oder zwei junge Tauben, eine für ein Ganzopfer und eine für ein Sühneopfer", nehmen? Der Talmud antwortet, in etwas mysteriöser Weise, dass "das Ganzopfer dem Sühneopfer nur in der Tora-Vorlesung vorangeht, nicht in Bezug auf die Reihenfolge, in der sie wirklich dargebracht werden".

Die offensichtliche Frage ist, dass die Tora nicht geschrieben wurde, um uns zu verwirren. Wenn sie in Wirklichkeit in umgekehrter Reihenfolge dargebracht werden sollen, warum schreibt die Tora es in umgekehrter Weise: "…eine als Olah und die andere als Chatat"?

Raw Avraham Gurvitz bringt die folgende Erklärung: Natürlich gilt die Faustregel "Wende dich vom Schlechten ab und tue Gutes". Wir müssen immer zuerst aufhören zu tun, was wir falsch tun, und dann versuchen, das Gute zu tun. Dies ist, was wir wirklich tun müssen. Jedoch muss ein Mensch dauernd nach den Sternen greifen. Ein Mensch muss nach Grösse streben. Er muss das Höchste für sich wollen – sicherlich in geistiger Hinsicht, aber auch in jeder Bemühung. Ein Mensch, der sich nicht Grosses vornimmt, wird nie etwas erreichen. Die Tora sagt "eine für eine Olah und eine für ein Chatat", weil die Tora uns informiert, dass es unsere Denkweise sein sollte, dass wir die grösste Nähe zum Ribbono schel Olam erreichen wollen. Wenn wir diese Theorie in uns haben, verstehen wir, dass wir in der Praxis, wenn wir etwas Falsches getan haben, das Sühneopfer zuerst und erst danach das Ganzopfer darbringen müssen.

Raw Gurvitz unterstützt diesen Gedanken mit einer Idee, die er von seinem Vater gehört hatte. Der Passuk sagt: "Mosche und Aharon waren unter Seinen Priestern und Schmuel unter denjenigen, die Seinen Namen anrufen" (Tehillim/Psalm 99:61). Der Talmud [Traktat Berachot 31b] sagt, dass der Prophet Schmuel in der Kraft seiner Gebete [Maharsch’a zur Stelle] auf demselben Niveau war wie Mosche und Aharon. Aus diesem Grund stellt der Vers sie in Tehillim gleich. Der Midrasch [Jalkut Schim’oni 78] sagt, dass bevor Schmuel geboren wurde, täglich eine himmlische Stimme (Bat Kol) verkündete: "Ein Junge wird geboren werden, der ein Zaddik (Frommer, Gerechter) sein wird, und sein Name wird Schmuel sein." Der Midrasch sagt, dass alle schwangeren Frau zu jener Zeit ihre Söhne Schmuel nannten, als sie geboren wurden, in der Hoffnung, dass vielleicht ihr Sohn das Baby sein würde, das die himmlische Stimme (Bat Kol) erwähnte.

Der Vater von Rav Gurvitz bemerkte zu seinem Sohn: "Weisst du, wie ein Prophet Schmuel hervorgebracht wurde? Er wurde hervorgebracht, weil ein Umfeld herrschte, in dem jeder danach strebte, solche Grösse für ihren Sohn zu haben, dass er wie Mosche Rabbejnu und Aharon sein würde!" Wenn jeder danach strebt, einen Schmuel HaNawi (der Prophet) zu haben, dann kann in der Tat ein Schmuel HaNawi entstehen! Wenn jeder jedoch nur pragmatische Ambitionen für seine Kinder hat, wird bei niemandem in jener Generation Grösse entstehen.

Dies ist dasselbe Konzept. Wir müssen nach Grösse streben. Ob wir nun am Ende solch eine Grösse erreichen oder nicht, wissen wir nicht, dennoch müssen wir nach den Sternen greifen, das Höchste anstreben!

Ein Jude kam einst in die Jeschiwa von Woloschin und brachte seinen jungen Sohn zum Neziw. Er sagte dem grossen Rosch Jeschiwa: "Hier ist mein Sohn, ich will, dass er in Ihrer Jeschiwa lernt, und ich will, dass Sie ihn zu einem Juden mit Integrität machen, und dass er ein Jude wird, der feste Zeiten für das Lernen von Tora festlegt." Der Rosch Jeschiwa antwortete diesem Juden: "Wissen Sie, dass als Ihr Vater Sie in die Jeschiwa brachte, er mir sagte: 'Ich will, dass Sie ihn zu einem Adam Gadol (grossen Mann) und zu einem Menschen machen, der qualifiziert ist, Gesetze in Israel zu entscheiden (More Hora'a)'. Wenn es nur Ihre Aspirationen sind, einen Sohn zu haben, der einfach ein feiner Mensch ist, der den Daf Jomi lernt, können Sie nicht einmal sicher sein, dass dies geschehen wird."

Wenn die Aspirationen hoch sind, kann er zumindest eine Chance haben, Grösse zu produzieren. Wenn ein Mensch jedoch kurzsichtig denkt, wenn er kleinlich denkt, wird er sogar Minimales nicht erreichen.

Raw Gurvitz fügt einen wunderschönen Gedanken hinzu: Warum bringt die Tora dieses Konzept des "eine als Olah (Ganzopfer) und eine als Sühneopfer" (was "denke gross" bedeutet) für eine Frau, die nach der Geburt eine Reinigung anstrebt? Dies ist nicht die einzige Stelle in der Tora, wo ein Mensch sowohl ein Sühneopfer als auch ein Olah bringt. Die Tora hätte uns diesen Gedanken auch an anderen Stellen erwähnen können. Warum dann gerade hier?

Die Antwort ist, dass wenn eine Frau ein Kind zur Welt bringt, sie glauben muss, dass "ich gerade den nächsten Gadol Hador (grossen Mann der Generation) geboren habe". Wenn eine Mutter so denkt, kann sie in der Tat fähig sein, Grösse für ihr Kind zu erreichen. Wenn es ihr Ziel ist, dass er ein mittelmässiges Kind sein soll", wird keine Grösse aus ihm hervorgehen.

Raw Jakow Kamenetsky erwähnt einst bezüglich der Halacha im Schulchan Aruch, dass wenn eine Mutter eines jüdischen Kindes nicht fähig ist, ihr Kind zu stillen, die Eltern eine jüdische Amme für es suchen sollten, weil die nichtjüdische Amme nichtkoscheres Essen zu sich nimmt. Diese Halacha entstammt dem Midrasch, welcher erklärt, dass Mosche sich weigerte, von ägyptischen Frauen sich stillen zu lassen (und daraufhin Mirjam seine eigene Mutter zu Pharaos Tochter brachte, um ihn zu stillen). Die Erklärung für Mosches Weigerung, von einer ägyptischen Frau zu trinken, war [siehe Raschi zur Stelle, Talmud Traktat Sota 12b], dass "der Mund, der dazu ausersehen ist, mit der G"ttlichen Schechina zu sprechen, etwas saugen sollte, das ein Dawar tame (unrein) ist?"

Raw Jakow bemerkt die Verallgemeinerung, die hier gemacht wird, dass jedes jüdische Kind wenn möglich von einer jüdischen Frau gestillt werden sollte, basierend auf dem Präzedenzfall von Mosche Rabbejnu. Wann - fragt er - war es das letzte Mal, dass wir ein jüdisches Baby hatten, das mit der G"ttlichen Schechina sprach? Die Lehre ist, dass wenn man ein Kind hat, man zumindest die Hoffnung und Aspiration haben sollte, dass dieses Kind ein "Mund sein könnte, der mit der Schechina sprechen wird"; dann kann man vielleicht auf Grösse hoffen. Mit einer Einstellung "Ach! Es ist doch nur ein Kind" wird das Kind keine Grösse erzielen.

Es gab einst ein Treffen der Moetzes Gedolej Hatora (Rabbinische Rat der Agudat Jisrael in den USA) im Haus von Raw Awrohom Kamenetsky, dem Sohn von Raw Jakow. Alle Gedolim (Tora-Grössen) waren dort versammelt. Als das Treffen beendet war, entstand die Frage, wer zuerst den Raum verlassen sollte. Raw Jakows Schwiegertochter, die sich im Zimmer befand, war zu jener Zeit schwanger. Sie nahm selbstverständlich an, dass die grossen Rabbiner zuerst das Haus verlassen sollten. Raw Jakow beharrte darauf, dass seine schwangere Schwiegertochter zuerst hinausgehen sollte. Warum? Er sagte: "Weil sie schwanger ist und vielleicht Maschiach in sich trägt!"

Es ist dasselbe Konzept. Sie wird vielleicht ein Kind haben, das einen Mund besitzt, der mit der Schechina sprechen wird. Wenn ein Mensch so denkt, kann er vielleicht Grösse erzielen. Dies ist die Einstellung des "eine für das Olah-Opfer und eine für das Sühneopfer". Wenn ein Mensch jedoch nur versucht, sich vom Schlechten abzuwenden und das Spiel des "nur nichts verlieren" spielt, anstatt Grösse anzustreben, wird er nichts erreichen und in diesem Spiel nichts gewinnen!

Quellen und Persönlichkeiten:

Raschi, Akronym für Rabbi Schlomo ben Jizchak (1040-1105); Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller TENACH- und Talmudkommentare“.

Jalkut Schim’oni ist eine Midraschim-Sammlung. Der Verfasser ist vermutlich Rabbi Schim’on Kara, genannt Rabbi Schim'on haDarschan. Französischer Rabbiner (12. Jahrhundert) Nach         anderen Quellen aus Frankfurt a/M stammend (11. Jahrhundert); vermutlich doch erst aus dem 13. Jahrhundert. Dieses Werk ist deshalb besonders wertvoll, weil er diverse Quellen benutzt, die ansonsten teilweise oder ganz als verloren gelten, wie  Sifrej Suta, Midrasch Jelamdenu, Midrasch Awkir, etc.

Neziw: Akronym für Rabbi Naftali Zwi Jehuda Berlin (1817 – 1893); Rosch Jeschiwa der berühmten Woloschiner Jeschiwa fast 40 Jahre lang, bis sie von der russischen Regierung im Jahr 1892 geschlossen wurde. Verfasser einiger bekannter Werke wie: Ha‘amek Dawar, Ha‘amek Sche'ejla, Mejschiw Dawar, etc.

Rabbi Ja'akov Kamenetsky (1891-1986); Minsk, Slobodka, Seattle, Toronto und New York. War Rabbiner, Rosch Jeschiwa, Possek und grosser Talmudgelehrter. Rosch Jeschiwa von Tora We’Daat, Brooklyn. Zusammen mit Rabbi Mosche Feinstein leitete er das amerikanische Judentum in Fragen der Halacha und in spirituellen Führung bis 1986, als beide Grössen starben. Verfasser von verschieden Werken, wie Emet leJaakov zum Schulchan Aruch und Erklärungen zum Chumasch.

Rabbi Avraham ben Arje Ze’ev Gurvitz, (geb. 1939); Rosch Jeschiwa, Gateshead, England

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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