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Die Tora versucht, unsere menschlichen Neigungen anzusprechen (Rav Frand Kedoschim 5782 - Beitrag 2)

Rav Frand zu Paraschat Kedoschim 5782 – Beitrag 2

 

Die Tora versucht, unsere menschlichen Neigungen anzusprechen

Diese Woche ordnet die Tora uns an: "Vor Mutter und Vater soll ein jeder von euch Ehrfurcht haben… [Wajikra 19:3]. Raschi bemerkt zur Stelle, dass die Mutter bezüglich der Furcht vor Eltern dem Vater vorangeht. In den Zehn Geboten jedoch, wo von der Mizwa der Ehrerbietung der Eltern die Rede ist, geht der Vater der Mutter voran. Raschi erklärt: "Es ist offenbar vor Ihm, dass der Sohn den Vater mehr als die Mutter fürchtet; deshalb musste der Passuk (Vers) die Furcht vor der Mutter betonen. Andererseits ist die Situation bezüglich des Ehrens umgekehrt. Die natürliche Tendenz ist, eine nähere Beziehung der Liebe und Zuneigung zu einer Mutter zu haben, weil sie die Kinder besänftigt und verwöhnt und sie deshalb von ihren Kindern mehr geehrt wird als der Vater. Deshalb muss die Tora die Ehrerbietung des Vaters betonen. In beiden Fällen fand es die Tora nötig, das zu betonen, was gegen die natürliche Neigung eines Menschen geht.

Rabbi Jerucham Levovitz weist daraufhin, dass in dieser berühmten Lehre eine noch viel grössere Lektion liegt. Die Botschaft hier ist, dass ein Mensch nachdenken und sich dauernd die Frage stellen muss: "Was ist wirklich meine Veranlagung?" Nachdem die menschliche Natur so ist, dass wir in der Regel unsere Väter mehr fürchten als unsere Mütter, ist dies eben der Grund, warum wir daran arbeiten müssen, unsere Mütter mindestens so sehr zu fürchten wie unsere Väter. Nachdem die menschliche Natur so ist, dass wir unsere Mütter mehr ehren als unsere Väter, müssen wir daran arbeiten, unsere Väter mindestens so zu ehren wie unsere Mütter.

Die Botschaft dieser Lehre von Chasal (unsere Weisen) ist es, unsere natürlichen Neigungen zu erkennen. Wir müssen uns selbst beobachten, wir müssen überlegen, wie die menschliche Psyche funktioniert und wachsam sein, um jegliche natürlichen Neigungen auszugleichen, die unsere Tora-Verpflichtungen gefährden. Wenn wir blind unseren Instinkten folgen, werden wir die Botschaft der Tora übersehen.

Die Tora berücksichtigt Menschen mit ihren Vorlieben, Charakterzügen und Begierden, und konzentriert sich auf ihre Schwächen, im Bestreben, sie zu korrigieren. Die Botschaft ist nicht nur bezüglich des Fürchtens und Ehren der Eltern. Die Botschaft umfasst den gesamten Bereich der Tora-Gesetze. Die Botschaft ist es, zu denken. Wohin gehe ich? Was sind meine Stärken? Was sind meine Schwächen? Wie geht die Tora diese an, um sie zu korrigieren?

Quellen und Persönlichkeiten:

  • 1. Raschi (1040-1105) [Rabbi Schlomo ben Jizchak]; Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller TENACH- und Talmudkommentare“.
  • 2. Rabbi Jerucham Halevi Levovitz (1874 - 1936): Einflussreicher Denker, Maschgiach (Leiter und geistiger Ratgeber) der Jeschiwa in Mir, Litauen. Verfasser vieler Werke, u.a. Da’at Chochma uMussar.

 

Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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