Raw Frand zu Parschat Emor 5763 (Beitrag 1)
Emor: "Aha, ist das der Grund?"
Zu Beginn von Parschat Emor sagt Haschem (G'tt) zu Mosche: "Sprich zu den Kohanim, den Söhnen von Aron" [Wajikra 21:1] Der Midrasch zieht aus diesem Passuk (Vers) die Lehre, dass Haschem Mosche folgendes zeigen wollte: "jede Generation mit ihren Richtern, jede Generation mit ihren Königen, jede Generation und ihre Weisen, jede Generation mit ihren Verbrechern und darüber hinaus, wie König Schaul und seine Söhne im Kampf (gegen die Pelischtim (Phillister)) durch das Schwert fielen". Der Midrasch zitiert dann, wie Mosche G'tt fragt: "Weshalb wird der allererste König, der über Deine Kinder gesetzt wurde, vom Schwert erschlagen?" Darauf antwortete G'tt: "Wieso beschwerst du dich bei Mir?
- Sprich lieber zu den Kohanim, die er (Schaul in der Priesterstadt Nof) umbrachte, weil sie ihn anklagten." "Deshalb", so endet der Midrasch, "heisst es: 'Sprich zu den Kohanim.'"
Dies ist ein aussergewöhnlicher Midrasch, der - oberflächlich betrachtet - nur ein Wortspiel betreibt. Was ihn auch schwer verständlich macht, ist, dass die Ermordung der Kohanim in der Stadt Nof nicht die Hauptsünde von König Schaul war. Die Pesukim (Verse) erzählen uns [Schmuel I; Kapitel 15], dass Schaul den klaren Auftrag erhielt, die ganze Nation von Amalek, Männer, Frauen und Kinder, auszulöschen. König Schaul hatte mit Amalek Erbarmen und verschonte ihren König, womit er den G'ttlichen Auftrag missachtete. Schmuel (Samuel) kam zum König und teilte ihm mit, dass er wegen dieser Sünde nicht würdig sei, König zu bleiben und dass Haschem ihm die Königswürde über Israel entziehen werde. Bis zum heutigen Tag leiden wir unter diesem unglückseligen Ereignis. Haman und höchstwahrscheinlich viele Unterdrücker des jüdischen Volkes stammen von diesem Amalekiten ab.
Wieso sagt dann unser Midrasch, dass Schaul wegen den Kohanim von Nof so einen schlimmen Tod gefunden hat? Wie bringen wir diesen Midrasch mit den klaren Worten der Pesukim in Einklang?
In seinem Sefer (Buch) HaDerasch WehaIjun gibt der Reischa Rav folgende schöne Erklärung. Die Hauptsünde Schauls war tatsächlich seine Weigerung, alle Amalekiten umzubringen. Nur wäre er wegen dieser Sünde alleine noch nicht auf diese schlimme Art getötet worden. Warum? Weil er sich hätte entschuldigen können, indem er gesagt hätte: "Ich bin eine feinfühliger Mensch. Ich habe mich nicht dazu bringen können, unschuldige Männer, Frauen und Kinder zu töten." Dies wären verständliche menschliche Gefühle gewesen. Manchmal ist es für einen Menschen schwer, Herr über seine Gefühle zu sein.
Das Ereignis von Nof entkräftete jedoch dieses Argument - hier zeigte Schaul kein Mitgefühl. Er löschte ein ganze Stadt von jüdischen Priestern aus. Wo war sein Mitgefühl in dieser Stunde? Wäre es nur um den Fehler gegangen, nicht das ganze Volk Amalek ausgelöscht zu haben, gäbe es vielleicht noch eine Entschuldigung. Schaul's Handlungsweise in Nof erlaubte jedoch diese Entschuldigung nicht. Die Ereignisse in Nof bezeugten klar: "Nein, Schaul, du bist kein mitfühlender Mensch."
Der Beis HaLevi und andere Toraherklärer sagen in diesem Zusammenhang, dass wir in Zukunft vor dem himmlischen Gericht auf die gleiche Art und Weise beurteilt werden. Wenn wir nach 120 Jahren "nach oben steigen" und versuchen, für unsere Taten Ausflüchte zu geben, wird G'tt unsere Lebensgeschichte betrachten und fragen: "Aha, ist das der Grund?"
"Du hattest kein Geld? Aber für X, Y oder Z hattest du Geld!"
"Du hattest keine Zeit? Aber für A, B und C hattest du Zeit!"
" Du warst nicht mit Klugheit gesegnet? Aber für andere Dinge, die du machen wolltest, warst du genug gescheit!"
Unsere eigenen Taten und unser eigenes Leben wird die gewichtigste Anklage gegen uns bilden. Haschem kennt alle unsere Taten und wird unsere fadenscheinigen Ausreden durchschauen. "Was bedeutete dies oder jenes und wie stehst du dazu?" Für den Midrasch bedeutet "Sprich zu den Kohanim": Versuche, dieses Argument den Kohanim der Stadt Nof beizubringen, die du erbarmungslos umgebracht hast.
Quellen und Persönlichkeiten:
Midrasch: Erklärungen zur Torah, sehr oft mit Gleichnissen.
Rav Aaron Levine [Reischa Rav] (ca. 1880 - 1941): Autor des Werkes "Hadrasch we'ha'Ijun", Führer der Aguda und Parlamentsabgeordneter; Rabbiner in Rejscha, Polen.
Rabbi Josef Ber Solovieitschik [Beis HaLevi] (1820 - 1892): Rabbiner und Gelehrter in Voloschin, Slutzk, Warschau und Brisk (Brest-Litovsk), Polen.
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