Raw Frand zu Paraschat Nasso 5779
Die zwei Bedeutungen von "Ki Jafli" passen wundersam zusammen
Paraschat Nasso zählt uns die Gesetze des Nesirut auf: "Sprich zu den Kindern Israels und sage ihnen: Ein Mann oder eine Frau, die sich absondern, indem sie ein Nasir-Gelübde auf sich nehmen, um Haschem zu Ehren enthaltsam zu sein..." [Bamidbar 6:2].
Ein Nasir darf keinen Wein trinken. Er darf keinen Kontakt mit Toten haben, nicht einmal zum Begräbnis seiner nächsten Verwandten gehen. Er darf sich nicht rasieren oder die Haare schneiden. Indem er die Worte "Siehe ich bin ein Nasir" sagt, nimmt er all diese Einschränkungen auf sich. Bezüglich des Verbots von Tum’at Met (Verunreinigung durch Tote) hat der Nasir denselben Status wie der Kohen Gadol (Hohenpriester).
Dieser Abschnitt beginnt mit den Worten "Ein Mann oder eine Frau, „ki jafli“ indem sie ein Nasir-Gelübde auf sich nehmen..." Was deuten diese sonderbaren Worte "ki jafli" an und was ist die Verbindung zwischen diesem Ausdruck und dem Nesirut? Die früheren Kommentatoren schlagen zwei Erklärungen vor. Raschi zitiert, dass "lehafli" von der selben Wurzel wie "lehafrisch" stammt, was heisst, sich abzusondern. Der Passuk würde dann heissen "Ein Mann oder eine Frau, die sich absondern, indem sie ein Nasir-Gelübde auf sich nehmen".
Oder "lehafli" könnte heissen, “zu artikulieren”, “sich ausdrücken”. Dies ist der Zugang des Rambam. In seinem 14-bändigen Werk, Jad haChasaka, erklärt der Rambam die Gesetze von Schwüren, Gelübden, Nesirut und Cherem alle im Buch von "Hafla'ah". Es heisst "Hafla'ah", weil alle diese Gesetze über Ausdrücke sind, die ein Mensch gesagt hat, der verschiedene Einschränkungen und Verantwortungen auf sich genommen hat.
Doch es gibt auch eine dritte mögliche Erklärung des Wortes "lehafli". "Lehafli" könnte meinen "Es ist ein Peleh (Wunder)!" Ob die Übersetzung von "lehafli" nun Absonderung oder Aussprechen ist, beide passen mit etwas Wundersamen zusammen (Peleh).
Der Seforno kommentiert, wenn ein Mensch sich von etwas distanziert, das er gerne hat, (zum Beispiel, dass er keinen Wein mehr trinken wird) dann ist das wundersam. Denken wir darüber nach. Was wäre, wenn ein Mensch auf sich nehmen würde, nie mehr Süsses zu trinken? Oder kein Stück Kuchen mehr zu essen? Nie mehr einen Berliner? Es wäre ein Peleh, wenn ein Mensch diese Fähigkeit hätte, sich freiwillig von den Genüssen dieser Welt zu distanzieren.
Die zweite Erklärung von "lehafli” ist auch wundersam. Die Tatsache, dass ein Mensch sich ausdrücken kann, das Geschenk der Sprache, vernünftige Gedanken und Gefühle auszusprechen ist ein grosses Wunder. Unsere Sprache ist das, was uns von den Tieren unterscheidet. Die Kraft der Sprache gibt dem Menschen die Kraft, aufzudecken, was in seiner lebendigen Seele ist. Dies ist ein Peleh!
Mit Nesirut, mit zwei Worten "harejni Nasir" (Siehe ich bin ein Nasir), kann man die Heiligkeit eines Kohen Gadol erreichen! Schon allein durch diese Worte, kann er sein Wesen zu etwas sehr Heiligem machen. Durch nur diese Worte, kann er seine Leidenschaften zurückhalten. Deshalb fallen diese zwei Bedeutungen zusammen. Ob jetzt Nesirut "Absonderung" oder "Ausdruck" ist, es ist alles dasselbe. Das Peleh (Wunder) ist, dass die Sprache einen Menschen ändern kann, dass er fähig wird, sich von seinen Leidenschaften zu distanzieren. Deshalb führt die Torah diese Gesetze mit den folgenden Worten ein: "Ein Mann oder eine Frau ki jafli“. Beide Konzepte sind in der Tat ein Peleh.
Quellen und Persönlichkeiten
- Rambam, Rabbi Mosche ben Maimon (1135 – 1204), einer der bedeutendsten Rischonim, seine Hauptwerke sind „Mischne Tora-Jad Hachsaka“, Erklärung zur Mischna und „Moreh Newuchim“, Spanien, Aegypten, Israel
- Rav Ovadia ben Ja’akov Seforno (1470 – 1550); Rom und Bologna, Italien; klassischer Chumascherklärer
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