Der Zusammenhang zwischen der Parah Adumah und dem goldenen Mittelweg (Rav Frand, Chukat 5783 - Beitrag 2)
Raw Frand zu Paraschat Chukat 5783 - Beitrag 2
Ergänzungen: S. Weinmann
Der Zusammenhang zwischen der Parah Adumah und dem goldenen Mittelweg
Der Schela’h haKadosch schreibt, dass es unmöglich ist, die Geheimnisse der Parah Adumah (der Roten Kuh) zu lüften. Trotzdem, sagt er, soll sich ein Mensch bemühen, möglichst viele Lehren aus diesem Paradebeispiel eines „Chok“ (unergründbares Gesetz) der Torah zu ziehen.
Der verblüffendste Aspekt dieser Prozedur ist, dass sie einerseits diejenigen (rituell) reinigt, die unrein waren und andererseits diejenigen verunreinigt, die vorher rein waren. Alle Handlungen, die mit dem Herstellen der Asche der Roten Kuh vorgenommen werden, vom Schächten der roten Kuh an bis zum Einsammeln ihrer Asche, bewirken, dass die teilnehmenden Priester und Israeliten samt ihrer Kleider tameh (rituell unrein) werden.) Der Schela’h haKadosch bringt diesen Widerspruch mit einem Prinzip von Maimonides (Rambam) in Verbindung, welches von den Charakterzügen des Menschen spricht.
Der Rambam schreibt [in den ‚Acht Abschnitten des Maimonides’, als Einleitung zu Pirkej Awot- Sprüche der Väter) dass der Mensch in seinem Gefühlsleben und in seinen Charakterzügen nach dem goldenen Mittelweg streben solle. Extremes ist in der Regel schlecht. Der Rambam erläutert diese Regel jedoch so: Besitzt ein Mensch einen Charakterzug, welcher bewirkt, dass er vom „Mittelweg“ in die eine Richtung abdriftet, soll er diesen Fehler ausgleichen, indem er dies in die andere Richtung überkompensiert, d. h. er soll für einige Zeit ins entgegengesetzte Extrem fallen.
Hat ein Mensch beispielsweise einen Hang zu Geiz, so kann er ihn korrigieren, indem er in die Gegenrichtung steuert und eine Zeitlang übermässige Grosszügigkeit zeigt. Ist ein Mensch aussergewöhnlich leichtsinnig, so soll er für eine bestimmte Zeit mehr Ernsthaftigkeit als nötig zeigen.
Der Schela’h nimmt diese Empfehlung des Rambam auf und erklärt damit die Widersprüchlichkeit hier: Ein Mensch, welcher „tahor“ (rituell rein) gewesen war, weil er sich korrekt auf dem Mittelweg bewegt hatte, wird dadurch verunreinigt, dass er in ein Extrem fällt. Jemand, der sich jedoch nicht richtig verhalten hat und in eine bestimmte Richtung abgeschweift ist, wird dadurch „gereinigt“, dass er für einige Zeit ins gegenteilige Extrem umschwenkt und damit das Gleichgewicht wieder herstellt.
Die Parah Adumah ist ein Beispiel für das, was für einen „gesunden“ Menschen Gift ist; für einen „Kranken“ jedoch bringt sie Heilung. Ein Mensch, welcher „tameh“ (rituell unrein) ist, benötigt die Asche der Parah Adumah. Er ist krank und die Asche ist sein Heilmittel. Ein (rituell) reiner Mensch jedoch, welcher Mittel von Kranken benützt, wird auf diese Weise verunreinigt (geschädigt).
Dies entspricht genau Rambam’s Empfehlung zu den Charakterzügen: Eine extreme Ausrichtung ist vielleicht für denjenigen gut, bei dem einige Dinge nicht richtig funktionieren. Für einen normalen Menschen ist Extremismus jedoch zerstörerisch.
Quellen und Persönlichkeiten:
Schela'h Hakadosch - Rabbi Jeschajahu ben Awraham Halevi Horowitz (Hurwitz) (1558 - 1630): Bekannter Kabbalist, halachische Autorität und Gemeindeführer; mit dem Akronym "Schela'h" - nach einem seiner Hauptwerke „Schenej Luchot HaBrit“ (Die zwei Gesetztafeln) - benannt; Prag, Frankfurt a/M., Jerusalem, Tiberias.
Rambam, Akronym für Rabbi Mosche ben Maimon (Maimonides) (1135 – 1204); Spanien, Ägypten, Israel. Einer der bedeutendsten Rischonim, seine Hauptwerke sind: Das umfassende Werk zum jüdischen Recht „Mischne Tora-Jad Hachsaka“, Erklärung zur Mischna und „Moreh Newuchim“ (Führer der Irrenden / Unschlüssigen), wie weitere Werke.
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