Raw Frand zu Parschat Balak 5762
War G’tt Bilam’s Vertreter? Einsatz „für die Sache“ statt „gegen Lohn“
Parschat Balak beinhaltet die bekannte Geschichte von Balak, dem König von Moab, der sich wegen dem heranziehenden jüdischen Volk Sorgen macht. Die Moabiter gingen richtigerweise davon aus, dass sie bei konventioneller Kriegsführung gegen die Benej Israel (Kinder Israels) keine Siegeschancen hatten. Sie hatten nämlich vom Schicksal der anderen Könige und Nationen vernommen, die es gewagt hatten, Israel herauszufordern.
Darum griff Balak zur „Geheimwaffe“, der Chemiewaffe von damals. „Und er sandte Boten zu Bilam, dem Sohn von Be’or ...“ [Bamidbar 22:5]. Bilam verfügte über die Kraft des Fluches. Er verfehlte seine Wirkung auf das ausgesuchte Opfer nicht. Deshalb verlangte Balak, dass Bilam die Nation, die „aus Ägypten gezogen war und die Oberfläche der Erde bedeckte“, verfluche.
Bilam bat die Boten, über Nacht zu bleiben. Je nachdem, was G’tt ihm sagen würde, könne er am nächsten Morgen Balaks Anfrage beantworten. G’tt sprach zu Bilam: „Gehe nicht mit! Du darfst das Volk nicht verfluchen, denn es ist gesegnet.“ [22:12] Bilam gab diese Mitteilung an Balaks Boten weiter.
Als Balak vernahm, dass Bilam nicht kommen würde, nahm er an, dass der versprochene Lohn nicht gross genug war – dass er zu billig habe wegkommen wollen. Deshalb schickte Balak eine vornehmere Delegation, die Bilam einen hohen Lohn anbot und versprach, ihm alle seine Wünsche von den Augen abzulesen.
Bilam, der nicht mit Dummheit geschlagen war, liess gegenüber den Boten verlauten: „Meine Hände sind gebunden. Sogar wenn Balak mir seinen ganzen Schatz mit Silber und Gold gäbe: Ich kann nur tun, was G’tt mir erlaubt.“ Und wiederum warteten sie eine Nacht.
Diesmal sagte G’tt zu Bilam: „Wenn die Leute, die zu dir gekommen sind, dir Nutzen bringen („likro lecha“), so kannst du mit ihnen gehen – du darfst jedoch nur das sprechen, was ich dir sagen werde.“ [22:20] Es scheint, dass G’tt, wenn wir das so sagen können, Seine Meinung geändert hatte! Als Bilam das erste Mal um Erlaubnis fragte, sagte G’tt: „Nein, du darfst nicht gehen!“ Und danach schien G’tt plötzlich Seine Meinung zu ändern. Was hatte sich geändert?
Raschi bemerkt zu den Worten „im likro lecha“ folgendes: „Geh‘ mit ihnen, wenn du glaubst, dass diese Menschen zu deinem Vorteil, um dich zu bezahlen, hier sind.“ Mit anderen Worten: Ich habe keinen Einwand, dass du gehst, wenn du aus diesem Unternehmen Profit schlagen kannst!
Das war der Unterschied! Als sie ihn das erste Mal baten, mitzukommen, boten sie ihm nichts – weder Geld noch Ehre. Unter diesen Umständen sagte G’tt zu Bilam: „Geh‘ nicht.“ Beim zweiten Mal bot Balak Bilam Reichtum und Ehre an. Jetzt sagte G’tt zu ihm: „Wenn du aus der Sache Gewinn schlagen kannst, so darfst du gehen.“
Sorgt sich G’tt um Bilams Lebensunterhalt? Ist Er Bilams Vertreter? Ohne Lohn darfst du nicht gehen. Wenn du die Stunde in Rechnung stellen kannst – dann darfst du gehen!?
Von Rav Schimon Schwab hörte ich einen fantastischen Gedanken. „Wo liegt der Unterschied?“ fragte Rav Schwab und antwortete: Eine der stärksten Kräfte auf dieser Welt ist die Möglichkeit, etwas „Lischmah“ zu tun, d.h. ohne Berechnung, nur um der Sache selbst willen. Etwas selbstlos zu tun, nur weil man denkt, dass dies das Richtige ist, hat eine Kraft, die man kaum beschreiben kann. Andererseits büsst sie ihre Intensität ein, wenn Menschen um des Geldes und nicht um der Sache willen etwas tun.
Rav Schwab erklärt mit diesem Gedanken den Aufstieg und Fall des Kommunismus im letzten Jahrhundert. Der Kommunismus war eine äusserst erfolgreiche Bewegung. Bis vor kurzem lebten mehr als 1 ½ Milliarden Menschen unter kommunistischer Herrschaft. Und doch erlebten wir vor kurzer Zeit wie der Kommunismus zusammenbrach.
Weshalb war der Kommunismus so erfolgreich? Rav Schwab vertrat die Meinung, dass er wegen den „Lischmah-nikes“ derart erfolgreich war. Männer wie Marx, Lenin oder Trotzky waren Menschen, die eine bessere Welt schaffen wollten. Sie wollten der Welt ein neues System geben, das den „bankrotten Kapitalismus“ ersetzen sollte, unter dessen Herrschaft der Gegensatz zwischen arm und reich enorm gewesen war. In einem gewissen Sinn hatte der Kommunismus erhabene Ideale. Es gab Menschen, die handelten – ich finde keinen besseren Ausdruck – LeSchem Schamajim (mit himmlischer Zweckbestimmung)! Sie taten es einzig und allein für den Kommunismus. Sie handelten Lischmah!
Rav Schwab erinnerte sich an eine Parade der Kommunisten in seiner Heimatstadt im Deutschland der 20er-Jahre. Es gab einen jüdischen Jungen, der sich gegen seine Eltern aufgelehnt hatte und in der ersten Umzugsreihe mitmarschierte. Er wurde verachtet. Die ganze Gemeinde wollte nichts mit ihm zu tun haben. Aber das war ihm gleichgültig, weil er es Lischmah tat. Er glaubte an das, was er tat, wie viele unserer jüdischen Brüder es leider auch getan hatten.
Wenn Menschen bereit sind, Leib und Leben für eine Sache hinzugeben, ist dies eine starke Kraft. Jetzt, 70 Jahre später, können wir versuchen zu verstehen, wieso diese Bewegung zusammenbrach. Diese Ideologie scheiterte sicherlich vor allem deshalb, weil sie ihre Kraft von „Lischmah“ verloren hatte. Es braucht nicht viel Vorstellungsvermögen, um dies zu erkennen. Wir sahen, welche Reichtümer die Landesväter von jenseits des eisernen Vorhangs auf Schweizer Bankkonten schaufelten und konnten leicht das ganze Ausmass von Gier und Korruption in den kommunistischen Staaten erkennen. Nachdem das Element von Lischmah verloren gegangen war, schmolz die Kraft des Kommunismus dahin.
Das war es, was G’tt Bilam sagte. Als Balak kam und sagte: „Verfluche mir die Juden“, wollte Bilam mitgehen, weil er die Juden hasste. „Wir müssen die Juden verfluchen! Ich will die Juden auslöschen.“ Das ist eine Ideologie. Deshalb: „Pass auf! Du darfst nicht gehen.“ G’tt weiss, dass ein ehrlich gemeinter Einsatz für eine Sache eine starke und tödliche Kraft ist.
Als Balak jedoch sagte: „Ich will dir Geld und Ehre geben“, teilte G’tt Bilam mit: „Wenn es zu deinem Nutzen ist – wenn du es für Geld tust – so darfst du gehen“. Wenn du wegen Geld und Ehre „dabei bist“ und nicht Lischmah, dann kannst du nicht viel anrichten.
Quellen und Persönlichkeiten:
Raschi (1040-1105) [Rabbi Schlomo ben Jizchak]; Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller Torakommentare“.
Rav Schimon Schwab (1908 – 1995): Rabbiner der Gemeinde Adat Jeschurun in Washington Heights, New York.
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