Schewat/ Paraschat Beschalach

Raw Frand zu Parschat Pinchas 5770

Raw Frand zu Paraschat Pinchas 5770

Wider jede statistische Vernunft – die Lehre daraus

Bearbeitet und ergänzt von S. Weinmann

Das Buch Bamidbar wird auch "Buch der Zählungen" ("Chumasch haPekudim") genannt, weil es mit der Zählung des jüdischen Volkes beginnt und endet. Die Parascha dieser Woche umfasst eine weitere Aufzählung der Angehörigen der verschiedenen Stämme. Der Chafez Chajim weist darauf hin, dass der Stamm Binjamin 45'600 Menschen umfasste, während der Stamm Dan 64'400 Angehörige hatte. Dan hatte somit rund 19'000 mehr Menschen als Binjamin. Binjamin war einer der kleinsten Stämme, der Stamm Dan war der zweitgrösste Stamm. Wenn wir jedoch die Nachkommen jedes einzelnen Stammvaters betrachten, sehen wir, dass Dan nur einen Sohn besass, während Benjamin 10 Söhne hatte. Chuschim, der einzige Sohn Dans, war dazu noch schwer behindert. Er war taub.

Stellen wir uns ein Familientreffen im Haus von Ja’akow Awinu vor. Ja’akow sitzt am Kopfende des Tisches und seine Söhne sitzen um den Tisch. Binjamin hat zehn Söhne! Binjamins Kinder nehmen alle rege an den Diwrej Tora und anderen Diskussionen teil, die am Tisch stattfinden. Der arme Dan hat nur einen Sohn und der ist taub – unfähig mitzureden. Was wird mit dem Stamm Dan sein? Wie wird der arme Chuschim je einen Schidduch (Ehepartner) finden? Wie wird er je seinen Lebensunterhalt verdienen? Dan konnte wahrscheinlich in der Nacht nicht schlafen, weil er sich so sorgte, was wohl mit seinem Stamm geschehen würde.

Wenn wir zu Beginn des ägyptischen Exils die Prognose gewagt hätten, welcher der beiden Stämme einige Generationen später grösser sein werde, hätte eine mathematische Hochrechnung klar vorhergesagt, dass der Stamm Binjamin bei weitem zahlreicher sein würde als der Stamm Dan. Diese statistische Erwartung ist jedoch augenscheinlich nicht eingetreten. Aus irgendeinem Grund hatte Binjamin sogar mit seinen zehn Söhnen einen recht kleinen Stamm und Dan wurde mit seinem einzigen behinderten Sohn der Zweitgrösste.

Der Chafez Chajim benutzt dies als Beispiel um zu zeigen, dass man nie weiss, was die Zukunft bringen wird. Man kann nie wissen "woher meine Hilfe kommen wird" [Tehillim/ Psalm 121:1]. Wir wissen nie, wie sich das Leben ändern wird. Wenn G'tt einen Menschen mit vielen Nachkommen segnen will, so WIRD er mit vielen Nachkommen gesegnet, auch wenn die Umstände dies sehr unwahrscheinlich erscheinen lassen.

Diese Lehre, so erklärt der Chafez Chajim, gilt für alles im Leben. Sie gilt für Reichtum. Sie betrifft die Suche nach einem passenden Ehepartner. Sie gilt für die Gesundheit. Sie gilt für alles.

Manchmal betrachten wir eine bestimmte Situation und fragen uns - aufgrund unserer alltäglichen Erfahrung ("Derech haTewa") - wie kommt dieser Mensch nur über die Runden? Wie schafft er es, finanziell zu überleben? G'tt hat viele Boten. Die Stämme von Dan und Binjamin sind Beispiele für die Allmacht G'ttes. Es trifft nicht immer das ein, was wir aufgrund unserer Erfahrung erwarten.

Als Rebbe (Dozent) sehe ich dasselbe. Ich arbeite schon eine recht lange Zeit als Lehrer. Manchmal nehme ich an, dass sich ein Schüler zu einer beachteten Grösse entwickeln wird. Andere Schüler bringen einen Lehrer zur Verzweiflung: "Was wird je aus ihm werden?" In aller Regel sind Lehrer später erstaunt. Ein Mensch weiss nie, von wem er später Nachat (Befriedigung) haben wird. Ein Mensch weiss nie, wer was werden wird. Ich habe dies sehr oft gesehen.

Was wir von Dan und Binjamin lernen, ist, dass das Leben lange ist und viele seltsame Wendungen beinhaltet. Wir können die Zukunft nicht voraussagen. Ein Mensch weiss nie, woher seine Rettung kommen wird.

Quellen und Persönlichkeiten:

Chafez Chajim: (1838-1933): Rabbi Jisrael Me’ir HaKohen von Radin. Autor grundlegender Werke zu jüdischem Recht und jüdischen Werten (Halachah, Haschkafah und Mussar), wie Mischna Berura, Chafez Chajim, etc. Einer der prominentesten Führer des orthodoxen Judentums vor dem 2. Weltkrieg.            

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