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Die Macht unserer Worte – Wachstum durch Herausforderungen - (Raw Ciner Matot-Mass‘ej 5779)

Aktuell - wie eh und je

Die Macht unserer Worte – Wachstum durch Herausforderungen

Das Buch Bamidbar schliesst mit den Doppelparaschot Matot-Mass‘ej. Zahlreiche Begebenheiten zeugen von der Macht unserer Worte. Die erste Parascha, Matot, beginnt mit den Gesetzen der Nedarim (Gelübde). „…lo jachel Dewaro, kechol hajozeh miPiw ja’asseh“ - „…er soll sein Wort nicht entweihen, sondern alles tun, wie es zu seinem Munde ist ausgegangen“ [Bamidbar 30:3].

Ein Mensch erklärt für sich etwas als verboten und nach dem Gesetz der Thora wird es damit auch verboten! Eine Übertretung wird dem Genuss eines (unkoscheren) Hamburgers gleichgesetzt! Wir sind alle mit dem Gedanken vertraut, dass Stöcke und Steine uns die Knochen brechen können, aber Worte uns niemals etwas anhaben können. Im geistigen Bereich, in dem wir leben (der von der scheinbaren Wirklichkeit des Materiellen verdeckt wird) haben die raum- und zeitlosen Worte mehr Macht als körperliche Handlungen. Unsere Worte schaffen eine Wirklichkeit, die bewirkt, dass eine Tat, die wir gegen das für uns selbst ausgesprochene Verbot begehen, für uns im geistigen Bereich schädlich und gefährlich wird.

Unser Wochenabschnitt beschreibt den Kriegsbeginn mit Midjan. Der Vers hält fest, dass eintausend Männer aus jedem Stamm in den Krieg zogen. Der Midrasch fügt hinzu, dass sich gleichzeitig eintausend Männer aus jedem Stamm zum Gebet versammelten. Rav Chaskel Lewenstein szl. fragt, weshalb Tefilah (Gebet) notwendig war. Als Gesandte G-ttes war ihnen der Sieg doch sicher. Wozu brauchte man eintausend Dawener (Betende), entsprechend der Anzahl der Krieger?

Er erklärt, dass wir von dem, was sichtbar bzw. unsichtbar ist, irregeführt werden. Falls die Schlacht ohne das Beisein der „Dawener“ gewonnen worden wäre, hätte das irrige Gefühl aufkommen können, dass wir die Schlacht „wegen unserer Stärke“ gewonnen haben. Damit die Juden klar erkennen konnten, dass

der Sieg nur wegen der Tefilah errungen wurde, musste für jeden Kämpfenden ein „Dawener“ da sein. Die gleiche Anzahl der Dawener gewann die Schlacht! „Die Stimme ist die Stimme von Ja’akow und die Hände sind die Hände von Ejsaw“ [Berejschit 27:22]. Unsere Kriege werden mit unserem Mund gewonnen, mit unserer Tefilah, mit unserer Verbindung zu Haschem. Nur auf diese Weise kann ein Krieg gewonnen werden.

Die Thora hält im Kriegsbericht fest, dass Bil‘am mit dem Schwert getötet wurde [Bamidbar 31:8]. Raschi erklärt, dass Bil‘am versucht hatte, sich unserer Waffen zu bedienen. Er hatte versucht, uns mit seinen Flüchen wortgewaltig Schaden zuzufügen. Deshalb war es nur recht, dass er mit Hilfe seiner Waffen getötet wurde. Darum hebt die Thora hervor, dass er durch das Schwert fiel.

Unser Ringen mit den Völkern (und unser innerer Kampf, um unsere Aufgabe auf dieser Welt zu erfüllen), ist ein Kampf des Wortes gegen das Schwert. Setzen wir unser Vertrauen auf unsere eigenen Handlungen, auf unsere Fähigkeiten und Stärken oder erkennen wir, dass unser ganzer Erfolg und unsere endgültige Erlösung nur von Haschem abhängig ist und damit von seiner Beziehung zu Ihm?

Die Macht unserer Worte sehen wir in einer Gemara (Talmud) im Traktat Kiduschin [29b]. Was soll man tun, wenn wenig Geld zur Verfügung steht und nur einer von beiden, Vater oder Sohn, ganztags Thora lernen kann? Nach der ersten Meinung hat der Vater Vortritt – er soll lernen gehen. Rav Jehuda hält demgegenüber fest, dass der Sohn gegenüber seinem Vater Vortritt hat, wenn er scharfsinnig und fleissig ist und das Gelernte behält.

Die Gemara fährt fort mit dem Bericht von Rav Acha, der seinen Sohn Ja’akow in die Jeschiwa von Abaje schickte. Während eines Besuchs zu Hause erkannte Rav Acha, dass die Qualität des Studiums seines Sohnes nicht so überragend war, wie er angenommen hatte. Rav Acha beschloss deshalb, dass Rav Ja’akow zu Hause bleiben solle und er stattdessen lernen gehe.

Als Abaje vernahm, dass Rav Acha auf dem Weg zu ihm war, ergriff er die Gelegenheit: Ein gefährlicher Dämon machte nämlich das Bejt haMidrasch (Lehrhaus) von Abaje unsicher. Er hatte sogar zwei Lernende am Tage angegriffen (in der Regel schaden die Dämonen nicht am Tage und umso weniger, wenn man zu zweit ist). Abaje verkündete: “Keiner darf Rav Acha in sein Haus aufnehmen.“ Diese Anordnung sollte Rav Acha zwingen, im Bejt haMidrasch zu übernachten und dem Dämon den Garaus zu machen. Die Gemara erklärt, dass Abaje die Hoffnung hegte, dass vielleicht ein Wunder geschehen und Rav Acha den Dämon bezwingen würde.

Rav Acha traf in der Stadt ein und sah überall das Zeichen „Zimmer besetzt“. Er musste also im Bejt haMidrasch sein Nachtlager aufschlagen. Der Dämon griff ihn in Form einer siebenköpfigen Schlange an. Mit jeder Verbeugung in Rav Achas Gebet, fiel einer der Köpfe der Schlange, bis der Dämon bzw. die Schlange tot war.

„Wäre mir kein Wunder geschehen, so hätte ich in ernsthafter Gefahr geschwebt“, schilderte Rav Acha die „Gastfreundschaft“ der Stadt.

Der Maharscha stellt zwei grundlegende Fragen: 1. Wie konnte Abaje Rav Acha in so eine gefährliche Situation bringen, aus der ihn nur ein Wunder retten konnte? 2. Und sogar, wenn ein Wunder stattfinden würde, würde dies doch die Verdienste von Rav Acha schmälern? Denn Wunder geschehen einem Menschen in den Verdiensten (als Belohnung) seiner guten Taten. Mit anderen Worten: Wie konnte Abaje eine Situation herbeiführen, in der Rav Acha im schlimmsten Fall getötet und im besten Fall einen Teil seiner Verdienste verloren hätte?

Seine einfache Antwort ist: Abaje wusste, dass Rav Achas Gebet den Dämon töten würde! Das war kein Wunder! - „Die Stimme ist die Stimme von Ja’akow und die Hände sind die Hände von Ejsaw.“ Genauso wie ein Sieg eines Berufsboxers in einem Kampf gegen ein dreijähriges Kind kein Wunder darstellt, so war es absolut klar, dass ein Jude auf der Stufe von Rav Acha einen Dämon mit seinem Gebet töten würde!

Abaje dachte, dass Haschem den Dämon eventuell töten würde, noch bevor Rav Acha zum Gebet ansetzte. Nur in diesem Fall wäre dies ein Wunder gewesen und hätte dessen Verdienste geschmälert. Abaje nahm jedoch dieses Risiko in Kauf, um die Stadt von der dämonischen Gefahr zu befreien.

In seiner Bescheidenheit wollte Rav Acha den Tod des Dämons nicht seinem Gebet, sondern einem Wunder zuschreiben, und deshalb beklagte er sich. Im Grunde genommen war der Tod des Dämons jedoch das natürliche Resultat von Rav Achas „K.O.“- Gebet.

Mögen wir die Kraft unserer Gebete in allen Situationen, die wir in unserem Leben begegnen, gut nutzen, und ganz besonders um Haschem näherzukommen.

Lehre von Paraschat Mass’ej:

Die zweite Parascha dieser Woche, Paraschat Mass‘ej, beschreibt die 42 Reiserouten, die wir auf dem Weg nach Erez Jisrael in der Wüste durchzustehen hatten. Nur durch diese Reisen und Mühen in der Wildnis, erreichten wir die notwendige Stufe, um Erez Jisrael betreten zu können. Daran sollten wir denken, wenn wir in unserem Privatleben unausweichlich Schwierigkeiten und Mühen zu durchstehen und zu meistern haben. Wir können uns nur dann entwickeln, wenn wir jedes einzelne Problem überwinden und dadurch wachsen. Ohne diese Herausforderungen gibt es kein Wachstum.

Dies ist auch eines der Voraussetzungen um zur Erlösung durch Maschiach und zum Bau des Bejt Hamikdasch (Tempel) bald in unseren Tagen den Verdienst zu haben.

Quellen und Persönlichkeiten

  • Maharscha: Rabbi Schmuel Elieser Edels (1560-1631), Talmudkommentator.
  • Rav Jecheskel (Chazkel) Lewenstein (1884 – 1974): Maschgiach (geistiger Leiter) der Jeschivot von Mir und Ponivesch, Litauen, USA, Israel.

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Die Bearbeitung der Gedanken dieser Woche erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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