Raw Wein zu Parschat Matot 5768
Das Wort eines Menschen sollte ihn binden
In jüdischem Gesetz sind mündliche Vereinbarungen – wenn korrekt bezeugt zur Zeit der Vereinbarung – genauso bindend wie irgendein ein schriftlicher Vertrag.
Die Torah lehrt uns, dass “alles, was aus einem Mund kommt, die Erfüllung dieses Ausspruches von seinem Eigentümer erfordert.” Verpflichtungen, wie zum Beispiel Gelübde und Schwüre werden im jüdischen Gesetz als sehr ernst angesehen und die Strafen, wenn man eine solche Verpflichtung nicht einhält sind recht schwerwiegend.
Deshalb schreibt König Schlomo in Kohelet: “Es ist besser, nicht zu schwören, als zu schwören und diesen Schwur dann nicht einzuhalten.” Wegen dieser Ernsthaftigkeit von Schwüren, ist es in jüdischen Kreisen üblich geworden, dass man alle zu machenden Verpflichtungen, egal wie ernsthaft oder nobel diese sind, von den hebräischen Worten „bli Neder“ – dies soll kein Gelübde sein – begleitet.
Um Menschen von schon gemachten Gelübden und Schwüren zu befreien, verfügt die Halacha über einen gesetzlichen Mechanismus, der nachträglich Gelübde oder Schwüre annullieren kann. Dieser Mechanismus basiert auf dem Prinzip, dass der Schwur ein Fehler oder eine Entgleisung war, unter der irrigen Annahme, dass die Umstände es erlauben würden, diesen Schwur einzuhalten. Jetzt jedoch, wenn offensichtlich geworden ist, dass der Schwur nicht eingehalten werden kann, entweder wegen veränderten oder unvorhergesehenen Umständen, kann dieser Schwur nachträglich durch ein dreiköpfiges Gericht annulliert werden.
Dies ist der Ursprung des berühmten und bewegenden Kol Nidrej Gebets, mit dem wir den heiligen Tag von Jom Kippur beginnen. Wir können nicht um himmlische Vergebung flehen, wenn wir noch mit unerfüllten, nicht eingehaltenen Verpflichtungen und Versprechungen beladen sind. Doch auch die Macht des jüdischen Gerichts hat seine Grenzen, wenn es um das Annullieren von Verpflichtungen geht. Schwüre, Gelübde oder Versprechen, die öffentlich gemacht wurden, können in den meisten Fällen nicht annulliert werden. Es gibt auch noch andere Ausnahmen, wann solche Versprechen nachträglich nicht annulliert werden können.
Ein ganzes Traktat des Talmuds, Nedarim, ist der Schwierigkeit dieses Themas gewidmet. Es ist dies eines der „üblichen“ Traktate, die den Talmud-Stundenplan in den Jeschiwot (Talmud-Hochschulen) der Welt füllt.
Die dieswöchige Parscha heisst Matot – die Stämme. Mosche spricht zu den Führern der Stämme von Israel und instruiert sie, bezüglich der Gesetze von Schwüren und mündlichen Verpflichtungen. Weshalb ist dies der einzige Ort in der Torah, wo Gesetze ausdrücklich den Führern der Stämme gegeben wurden? Vielleicht lehrt dies uns, dass Menschen in einer leitenden Position doppelt aufpassen müssen, was sie versprechen und zu was sie sich verpflichten.
Wir sind uns nur allzu bewusst, dass in den Wahlkampagnen, die in der heutigen Zeit in der westlichen demokratischen Welt sowie in Israel laufen, die Worte der Kandidaten nicht als bare Münze entgegengenommen werden können. Menschen bewegen sich auf der Bühne ihrer geäusserten Anschauungen und Verpflichtungen, jedoch wenn sie einmal gewählt sind, dann werden diese öffentlich verkündeten Versprechungen und Abmachungen nur zu oft vergessen.
Wenn die Torah jeden Einzelnen an sein Wort bindet, um wieviel mehr sind dann Leute in einer öffentlichen Position und gewählte Führer an ihre Versprechen gebunden, die doch die Basis ihres Wahlsieges bilden.
Deshalb instruierte Mosche zuerst die Anführer der Stämme, die Führer von Klal Jisrael bezüglich dieser Gesetze der Torah. Nur indem man sein Wort hält, kann Vertrauen und Sicherheit zwischen der Allgemeinheit und den Führern erreicht werden.
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