Immer in greifbarer Nähe (Raw Lam, Ejkew 5782)
Immer in greifbarer Nähe
Rabbi Label Lam zu Paraschat Ejkew
(14. August 2003 (5763)
"WeAtah (und jetzt/nun), Israel, was verlangt denn der Ewige, dein G-tt, von dir, doch nur dass du den Ewigen deinen G-tt, fürchtest, in all seinen Wegen wandelst und ihn liebst... (Dewarim 10:12)
Geh nicht vor mir her. Ich darf nicht folgen
Geh nicht hinter mir. Ich darf nicht führen
Geh einfach neben mir und sei mein Freund
Und zusammen werden wir auf den Wegen von HASCHEM gehen. (Text eines jüdischen Kinderliedes)
"… was verlangt denn der Ewige, dein G-tt, von dir…" Was von Israel verlangt wird, ist doch eine grosse Aufgabe! "Ist die Furcht vor G-tt eine so kleine Sache?" fragt der Talmud (Traktat Berachot 33b) und antwortet darauf: "Ja, für Leute wie Mosche!" Die Frage bleibt, was ist mit dem Rest der Welt? Für uns ist ja diese Aufgabe sehr schwer zu bewältigen!
Vielleicht liegt die Antwort in den einleitenden Worten "Und jetzt (nun)..." verborgen. Was fügen sie eigentlich dem Ganzen hinzu? Wie kann dies den ganzen Sinn aufwerten? Hier bieten unsere Weisen eine wichtige Regel an, die der Schlüssel zu diesem, wie auch zu vielen anderen Versen sein könnte (Midrasch Raba Bereschit 21:6 und Midrasch Tanchuma Beschalach 15): "Und jetzt" bedeutet immer Teschuwa" - schlecht übersetzt als Reue. Warum bedeutet "und jetzt" Teschuwa?
Wie oft beschliessen wir, morgen eine Art Diät zu beginnen? Waren diese Versuche der Veränderung jemals erfolgreich? Wir alle kennen die Antwort. Wir alle kennen das Spiel. Wenn es jemandem ernst damit ist, etwas wirklich zu tun, dann fängt er jetzt und sofort damit an! "Und jetzt", nicht zu einem späteren Zeitpunkt!
Manchmal blicken wir gerne mit nostalgischem Stolz auf die goldenen Jahre unserer Errungenschaften zurück. Damals hatten wir Mut... Damals... Und jetzt? "Und jetzt", nicht nur in der glorreichen Vergangenheit, sondern ein Schritt des persönlichen Fortschritts in der Gegenwart. "Und jetzt" ist die Zeit, in der echte Dinge getan werden müssen!
Es gibt einen weiteren Grund, warum es so schwer ist, sich mit dem gegenwärtigen Moment zu beschäftigen. Unsere Gedanken sind oft entweder mit Sorgen über die Zukunft oder mit Schuldgefühlen über die Vergangenheit beschäftigt. Dabei kann ein ganzes Leben voller kostbarer gegenwärtiger Momente an uns vorbeiziehen. Warum funktioniert unser Verstand auf diese Weise? Die Antwort könnte sein, dass wir uns nur deshalb mit der Zukunft beschäftigen, weil wir uns mit der Vergangenheit nicht versöhnt haben. Da es so viele offene Akten und ungelöste persönliche Probleme gibt, spüren wir intuitiv, dass unser Ansehen niedrig sein könnte. Tief in unserem Herzen sind unsere Sorgen vielleicht nicht unbegründet. Bei so vielen unbezahlten Rechnungen im Leben warten wir nervös auf die Nachricht von der Bank.
Sir Arthur Connan Doyle, der berühmte Sherlock Holmes, soll einen Brief an zehn Personen mit dem tadellosesten Charakter, den er finden konnte, geschickt haben. Er schrieb einfach: "Fliehen Sie! Die Sache ist bekannt!" Innerhalb von 24 Stunden hatten neun von ihnen das Land verlassen.
Etwas weniger skurril ausgedrückt: Es gibt Dinge, vor denen wir nicht weit oder schnell genug davonlaufen können, weil jeder von uns das Wissen darüber in sich trägt, wer wir wirklich sind und was wir getan haben, wenn auch unter Zusammentragen von rationalen Gründen.
Die einzige Lösung besteht darin, sich dem zu stellen und sich dazu zu bekennen, und dieser Prozess wird Teschuwa genannt. Nachdem die Vergangenheit in der Gegenwart versöhnt wurde, beginnen sich die Ängste vor der Zukunft aufzulösen. Die freudige Gegenwart wird zur "soup du jour". Der Mensch, der sich in einem Zustand der Teschuwa befindet, erfüllt aktiv den Auftrag eines "Jetzt" und wieder "Jetzt". "Und jetzt", und nicht das Elend und die schuldbeladenen Lasten der Vergangenheit. "Und jetzt", im Gegensatz zu den Horden von Sorgen, die aus der Zukunft eindringen. "Und jetzt" bedeutet, dass wir uns in einem Zustand des erneuerten und aktiven Vertrauens in sich selbst befinden.
Stellen Sie sich einen Vater und seinen Sohn vor, die über einer belebten Allee gehen. Das Kind braucht sich nur an der Hand seines Vaters festzuhalten. Das Dröhnen der Autos und Lastwagen um ihn herum erschreckt ihn nicht. Ganz im Gegenteil. Es ist amüsiert. Sein Vater führt und beschützt ihn mit Freude, während sie durch den Verkehr navigieren. Ein bisschen vor oder hinter ihm zu sein, bedeutet, sich in tödliche Gefahr zu begeben. Der einzige sichere Ort ist eben neben seinem Vater. Das ist das Wesen der Teschuwa.
Und jetzt können wir vielleicht die Herausforderung des Verses verstehen: "und jetzt (nun), Israel, was verlangt denn der Ewige, dein G-tt, von dir, doch nur dass du den Ewigen deinen G-tt, fürchtest, in all seinen Wegen wandelst und ihn liebst..." Wie das Kind im Strassenverkehr ist die einzige wirkliche Angst die Angst, die Hand des Vaters zu verlieren. Das mag eine grosse Aufgabe sein, aber die Hand des Vaters ist sie immer in Reichweite!
Einen schönen Schabbes
Leibel Lam
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