Schewat/ Paraschat Beschalach

Besuchen Sie jetzt unsere neue Website

logo new 1

G-ttesfurcht, eine einfache Sache? (Rav Kamenetzky, Ejkew 5783)

Rav Mordechai Kamenetzky zu Paraschat Ejkew 5783

 

Ergänzungen: S. Weinmann

 

G-ttesfurcht, eine einfache Sache?

Einer der am meisten diskutierten Pessukim (Verse) in der dieswöchigen Parascha befasst sich mit der G"ttesfurcht. Mosche verlangt von den Benej Jisrael eine simple Aufgabe: "G"tt zu fürchten", Obwohl es wie etwas Einfaches tönen mag, wissen alle, dass es dies nicht ist. Das Problem ist, dass Mosche diese Bitte so formuliert, wie wenn es einfache Sache wäre. Er sagt: "Und nun, Jisrael, was verlangt denn der Ewige, dein G-tt, von dir, doch nur, dass du den Ewigen, deinen G-tt, fürchtest…" ֲ[Dewarim 10:12]. Es tönt, wie wenn die G"ttesfurcht nur eine kleine Sache wäre.

Der Talmud [Gemara Traktat Berachot 33b] stellt die Frage, die wir alle stellen würden: "Ist die G"ttesfurcht solch eine kleine Sache? Rabbi Chanina sagte doch im Namen von Rabbi Schimon ben Jochai: Der Heilige, gelobt ist Er, hat in Seinen Schatzkammern nichts ausser einem Lager von G"ttesfurcht, wie geschrieben steht: Die G"ttesfurcht ist Sein Schatz [Jeschaja 33:6]. Wenn die G"ttesfurcht vom Allmächtigen so geschätzt wird, ist es offensichtlich, dass es sehr schwierig ist, sie zu erlangen. Die Gemara antwortet: Richtig! Jedoch war es doch Mosche, der diese Aufgabe verlangte, und für Mosche war die G"ttesfurcht eine kleine Sache. Rabbi Chanina vergleicht dies mit einem Menschen, der um einen grossen Gegenstand gebeten wird, den er besitzt. Da er ihn hat, scheint es für ihn ein kleiner Gegenstand zu sein. Und umgekehrt, wenn von einem Menschen ein kleiner Gegenstand verlangt wird und er besitzt ihn nicht, scheint es ihm ein grosser Gegenstand zu sein".

Diese Gemara gab mir immer zu denken. Nur weil es für Mosche leicht war, soll es für uns auch leicht sein? Warum also deutet Mosche dem Volk an, dass die G"ttesfurcht etwas Leichtes ist? Er kann das leicht sagen. Sollte man nicht seine Zuhörer kennen und zu ihnen auf ihrem Niveau sprechen?

Raw Jizchak Silber, der Gründer von Toldot Jeschurun, einer Organisation, die entfremdete russische Juden über ihr Erbe ausbildet, das von ihnen entrissen wurde, ist als Vater der zeitgenössischen russischen Judenheit bekannt. Raw Silber wurde gerade vor der Russischen Revolution in 1917 in Kazan geboren. Sein geschätzter Vater lehrte ihn Tora im Geheimen. Nicht nur beendete er während seinen Jahren in Russland einige Male Schass (Talmud Bawli-babylonischer Talmud), sondern unterrichtete auch vielen anderen Menschen Tora.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde er in Stalins Gulag (Straf- und Arbeitslager in der Sowjetunion) inhaftiert, wo es ihm trotz den unmenschlichen Bedingungen gelang, ein Schomer Schabbat zu bleiben (nie den Schabbat zu entweihen). Später musste er vor dem KGB (sowjetische  Geheimdienst) fliehen, welcher ihn wegen seinen Tora-Aktivitäten in Russland verhaften wollte. Im Jahr 1972 durfte er nach Israel auswandern. Als er bei seiner Ankunft in Israel aus dem Flugzeug stieg, umarmte er den dort stehenden Zollbeamten.

"Chawiwi! Mein lieber Freund!" rief Raw Silber aus, als er den Mann fest umarmte. "Es ist so wunderbar, hier zu sein und mit einem Juden wie ein Jude zu sprechen!" Der Mann lächelte höflich und sagte "Schalom".

"Bitte sage mir", plädierte Raw Silber seine Intensität, die eine Frage anzukündigen schien, deren Antwort scheinbar alle Probleme von Juden des Jahrtausends lösen würde. "Seit Jahren ringe ich mit diesem Problem. Bitte sage mir, wie hast du den Kezot Hachoschen auf die Sugja (Abhandlung) von Arejw verstanden?" (Der Kezot Hachoschen ist ein klassischer Kommentar auf den Schulchan Aruch, 4. Teil, Choschen haMischpat, dass das gesamte Zivil- und Strafrecht des jüdischen Gesetzbuches enthält.

"Ma se Kezot Hachoschen?" (Du, was ist das Kezot  Hachoschen), kam die Antwort.

Raw Silber war verwirrt. Er versuchte es mit einer anderen Frage. "Vielleicht kannst du mir erklären, wie du die Mischna im Traktat Ukzin im letzten Kapitel verstanden hast?

"Mischna? Ukzin? Kezot? Worüber sprichst du?"

Raw Silber, der sich an die Schwierigkeiten erinnerte, die er beim Unterrichten von Tora in Russland erlebt hatte, fühlte sich schlecht. Echt entsetzt fragte er den Mann: "Wie ist dies möglich? Du willst mir sagen, dass du hier in Israel lebst und die Möglichkeit hast, Tora zu lernen. Und du weisst nicht, was der Kezot ist? Du hast noch nie von der Mischna Ukzin gehört?" Raw Silber begann zu weinen.

Man erzählt, dass der Zollbeamte von Raw Silbers einfacher Ehrlichkeit so berührt war, dass er begann, Tora zu lernen.

Vielleicht erzählt uns die Gemara die einfache Wahrheit. Es war wichtig für eine gesamte Nation, den Mann zu sehen, für den die G"ttesfurcht den einfachsten und elementarsten Aspekt des Lebens bedeutete. Für Mosche war die G"ttesfurcht etwas Natürliches. Als Führer hatte er das Gebot, die Nation mit seiner Aufrichtigkeit zu beeindrucken. Für uns einfache Juden ist es wichtig, jemanden zu sehen, dessen jüdische Observanz so einfach und anmutig ist, wie wenn es seine zweite Natur ist. Für uns mag es eine Anstrengung sein, aber es ist zwingend, dass der Massstab für unsere Ziele jemand ist, für den die G"ttesfurcht etwas Natürliches ist.

In Amerika sagen wir, dass jeder ein Präsident werden kann. In Mosches Vision, die er seinem Volk vermittelte, kann jeder G"ttesfürchtig sein.

____________________________________________________________________________________

Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

___________________________________________________________________________________

Copyright © 2023 by Verein Lema`an Achai / Jüfo-Zentrum

Zusätzliche Artikel und Online-Schiurim finden Sie auf: www.juefo.com

Weiterverteilung ist erlaubt, aber bitte verweisen Sie korrekt auf die Urheber und das Copyright von Autor

und Verein Lema´an Achai / Jüfo-Zentrum

Das Jüdische Informationszentrum („Jüfo“) in Zürich erreichen Sie per E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! für Fragen

zu diesen Artikeln und zu Ihrem Judentum.

What do you think?

Send us feedback!

Drucken E-Mail

  • https://www.juefo.com/
  • /parascha/57-ejkew/1849-immer-in-greifbarer-naehe-raw-lam-ejkew-5782.html

Aktuell sind 334 Gäste und keine Mitglieder online