Raw Ciner zu Parschat Ejkew 5761 (Beitrag 2)
Wie setze ich meine Fähigkeiten richtig ein?
Später warnt Mosche vor den Gefahren, die von Reichtum ausgehen: "Passt auf ... ihr werdet euch schöne Häuser bauen ... ihr werdet viel Gold und Silber besitzen ... ihr werdet Haschem vergessen ... und ihr werdet in eurem Herzen sagen: " Alle diese Güter habe ich mir selbst mit der Kraft meiner Hände erworben"[8:11-17]."
Rav Dessler szl. schreibt, dass diese starke Überzeugung, dass vor allem unsere eigenen Fähigkeiten, unser Leben beeinflussen, sowohl vollkommen richtig als auch grundfalsch ist. "Alles ist g'ttgegeben ausser der G'ttesfurcht." In geistiger Hinsicht bestimmen wir, und nur wir, wer wir sind und wohin wir uns bewegen. In der physischen und materiellen Welt hingegen bewirkt unser Einsatz gar nichts. Wir sind verpflichtet, uns zu bemühen, aber wir haben keinen Einfluss darauf, ob unsere Bemühungen von Erfolg gekrönt sind oder nicht.
Man kann nur darüber staunen, wie die allgemeine Denkweise demgegenüber geradezu diametral entgegengerichtet ist. Es ist in religiösen Kreisen üblich, vor der Berufsausbildung ein oder zwei Jahre in der Jeschiwa/im Seminar zu lernen. Zwei Jahre sind etwas viel, aber noch tragbar. Nachher ist es Zeit, wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren. Ihr wisst: in die Welt der Realität. Die Welt der Ehrlichkeit (wie zum Beispiel die Aussagen der Politiker), die Welt der Moral (kürzlich mal wieder gesehen?), die Welt von Disziplin und harter Arbeit (wie viel erhält ein Fussballstar pro Spiel?), wie gesagt ... die wahre Welt!
6 bis 10 Lebensjahre bilden wir uns für etwas aus, das wir nicht beeinflussen können. Aber mehr als zwei Jahre Vorbereitung für das Unvergängliche ist uns viel zu viel.
Der Ra“n fügt noch einen interessanten Aspekt hinzu: Wir sind alle schon Menschen begegnet, denen wir wegen ihren aussergewöhnlichen Begabungen grossen Erfolg im Leben voraussagten. Für uns ist es klar, dass diesen Menschen das Glück wegen ihren von aussen erkennbaren Fähigkeiten lacht. Widerspricht dies nicht den Pesukim (Versen), die lehren, dass nicht wir bestimmen, wie etwas in dieser Welt enden wird?
Er schreibt, dass es Menschen gibt, die sagen: "Meine Kraft, mein Wissen, meine Geistesblitze sind es, die mir meinen Besitz beschert haben." Der nächste Pasuk richtet sich an sie: "Gedenke Haschem, weil Er derjenige ist, der die Fähigkeiten gegeben hat ..." [8:18] Der Targum erklärt, dass Er dir die Eingebung und den Ratschlag vermittelte, wie du deinen Reichtum erwerben kannst. Interessanterweise wird das Wort Idee in Deutsch mit "Einfall" umschrieben. Die Idee fiel hinein!
Wir müssen noch einen Schritt weitergehen und uns fragen, wieso uns Haschem diese Fähigkeiten gab. Alle unsere Stärken und Fähigkeiten müssen für das Geistige nutzbar gemacht werden. Ein Mensch mit charismatischer Ausstrahlung sollte diese dafür einsetzen, andere Haschem näher zu bringen. Er muss wissen, woher diese Gabe kommt und sie richtig nutzen, sei es bei der Arbeit, in der Freizeit oder als guter Nachbar. Jemand, der das Gefühl für die richtigen Aktien hat, sollte die Früchte seiner Arbeit benützen, um anderen zu helfen. Er muss realisieren, dass ihm sein Talent gerade zu diesem und keinem anderen Zweck gegeben wurde. Denk daran: ER ist es, der dir diese Fähigkeiten geschenkt hat!
Mögen wir die Tausenden von Möglichkeiten, die sich fortwährend bieten, nutzen, um geistig zu wachsen und zu steigen. Achten wir darauf, sie nicht zu übersehen und unsere Mitmenschen nicht zu vernachlässigen. Wir müssen erkennen, wo wir diese Welt wirklich ändern können und wo nicht.
Gut Schabbes!
Quellen und Persönlichkeiten:
Targum (Onkelos) (gest. ca. 90): massgebender aramäischer Übersetzer des Chumasch.
Ra’n: Rabbi Nissim ben Jakob (gest. 1040): Talmuderklärer in Kairuan, Ägypten.
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