Raw Frand zu Parschat Ki Teze 5766
Eltern sollen mit einheitlicher Stimme zu ihren Kindern sprechen
Die Parscha dieser Woche beinhaltet die Weisungen zum Widerspenstigen und Rebellierenden Sohn („Ben Sorer u’Moreh“). Es ist eines der am schwersten verständlichen Abschnitte in der Torah. Der Talmud erklärt in Sanhedrin, Kapitel 8, dass diese Situation sehr aussergewöhnlich ist. Die Eltern beobachten eine geistige Entwicklung ihres jungen Sohnes, die fast unvermeidlich zu einem Lebensstil von Raub oder möglicherweise sogar Mord führen wird. Deshalb rät die Torah, dass man ihn zu einem Zeitpunkt in seinem Leben töten soll, „in dem er noch unschuldig ist“. Das sei besser, als dass er sich so weiterentwickelt und dann die Todesstrafe in vollem Umfang verdient.
Es gibt eine Meinung im Talmud [Sanhedrin 71a], dass es in Wahrheit nie einen Ben Sorer u’Moreh gegeben habe, und dass es auch nie einen geben wird. Gemäss dieser Ansicht steht dieser Abschnitt nur wegen der Lebensweisheit, die er vermittelt, in der Torah. Auf jeden Fall enthält er eine Belehrung, wie Eltern mit ihren Kindern umgehen sollen und was in der Erziehung zu vermeiden ist.
Rav David Feinstein leitet eine interessante sprachliche Folgerung aus der Wortwahl in diesem Kapitel ab. Am Anfang bei der Beschreibung der Umstände des Ben Sorer u’Moreh steht: „Er hörte nicht auf die Stimme seines Vaters noch auf die Stimme seiner Mutter“. [Devarim 21:18] Wenn die Torah jedoch die Zeugenaussage der Eltern im Bejt Din (Gerichtshof) wiedergibt, stellt man einen feinen Unterschied in der Wortwahl fest: „Er hört nicht auf UNSERE Stimme“ [Devarim 21:20].
Es gibt keine geheimnisvollen Regeln, wie man gute Kinder erzieht. Kindererziehung ist die schwierigste Aufgabe auf der Welt. Es gibt jedoch ganz klar Dinge, die man besser vermeiden sollte. Die Eltern sollten die Erwartungen, die sie gegenüber ihren Kindern vertreten, immer einmütig äussern. Wenn ein Kind widersprüchliche Botschaften vernimmt - eine Sache von der Mutter und etwas Anderes vom Vater – ergibt dies einen Nährboden für das Wachstum von Unkraut.
Hört ein Kind widersprüchliche Botschaften, dann sucht es sich nach eigenem Gutdünken aus, wessen Meinung es befolgen will. Da ein Elternteil etwas sagt und der andere etwas Anderes, „soll ein dritter Passuk (Vers) herhalten und die beiden vereinen“. Sogar wenn die Eltern eine einheitliche Meinung haben, was gut und was schlecht ist, was getan werden soll und was nicht, gibt es immer noch keine Garantie, dass die Kinder vollkommen geraten werden. Mindestens haben die Eltern jedoch einen der wichtigsten Gründe dafür, weshalb Kinder auf Abwege geraten, aus dem Weg geräumt.
Deshalb betont die Torah von vornherein, dass die Stimme und Meinung der Eltern nicht einheitlich war. Das Kind hörte nicht auf die Stimme des Vaters und hörte ungerührt auch nicht auf die abweichende Meinung der Mutter. Erst dann, als das Kind schon den wahren und erprobten Weg verlassen hatte, vernehmen wir die Eltern, welche dem Gericht traurig mitteilen: „Wir sind jetzt beieinander. Wir sprechen mit einer Stimme und wir wissen, dass das Treiben unseres Sohnes falsch ist.“ Bedauerlicherweise ist es dann zu spät.
Eltern mögen Unstimmigkeiten untereinander in Bezug auf Kindererziehung haben. Sie sollten jedoch diese Meinungsverschiedenheiten nicht vor den Kindern austragen. Vor den Kindern sollen Eltern eine klare, bestimmte und einheitliche Meinung vertreten. Erreichen sie statt „die Stimme des Vaters“ und „die Stimme der Mutter“ den Zustand von „unsere Stimme“, so verbessern sie ihre Erfolgsaussichten ganz erheblich.
Quellen und Persönlichkeiten:
Rabbi David Feinstein: Zeitgenössischer Rosch Jeschiwa in Jerusalem, Israel. Verfasser des Sefers Kol Dodi.
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