Verlange keine Buchprüfung (Raw Frand Ki Tawo 5781– Beitrag 1)
Ergänzungen: S. Weinmann
Verlange keine Buchprüfung
Zu Beginn dieser Parascha finden wir das "Widuj Ma'asser" (das Bekenntnis des Zehnten), welches beim Bringen aller Zehnten am Ende des dreijährigen Ma'asser-Ziklus gesagt wird. Die Torah beschreibt den Ablauf des "Widuj Ma'asser": "Wenn du im dritten Jahre (des Schmitta-Zyklus) im Zehntjahre, alle Zehnten deines Ertrages vollständig entrichtet und ihn dem Leviten und dem Ger (Fremdling / Konvertiten), der Waise und der Witwe gegeben hast, dass sie in deinen Toren (Städten) essen und sich sättigen,
Dann sollst du vor dem Ewigen, deinem G’tt sprechen: 'Ich habe alles Heilige aus dem Haus geschafft, und habe es auch dem Leviten und dem Fremdling (Konvertiten), der Waise und der Witwe, ganz nach dem Gebot, das Du mir befohlen hast, gegeben; ich habe keines Deiner Gebote übertreten und keines vergessen. Ich habe nicht davon gegessen, als ich in Trauer war, und habe in einem unreinen Zustand nicht davon gegessen und habe davon nichts für Tote verwendet; ich habe auf die Stimme des Ewigen, meines G’ttes gehört; ich habe alles getan, wie Du es mir befohlen hast.“ [Dewarim 26:12-14]
Dies ist ein recht sonderbares Bekenntnis. Normalerweise ist Widuj (Geständnis) eine Aufzählung der Dinge, die ein Mensch falsch getan hat: "Für diese Sünde...; für diese Sünde..." Dieser Abschnitt hier wird aber das „Bekenntnis des Zehnten“ genannt, obwohl man hier aussagt, dass man alles korrekt getan hat
Der Höhepunkt dieses Bekenntnisses ist der nachfolgende Passuk: "Schaue hinunter (Haschkifa) von Deiner heiligen Stätte, vom Himmel herab und segne Dein Volk Israel und den Boden, den Du uns gegeben hast, wie Du es unseren Vorvätern zugeschworen hast, das Land, worin Milch und Honig fliesst." [Dewarim 26:15]
Bei der Zerstörung von Sedom [Bereschit 18:16] bemerkt Raschi zum Wort ‘Haschkifa’, dass dieser Ausdruck vom Verb ‘wajaschkef’ stammt (und Er schaute hinunter): "Wo immer die Torah das
Wort ‘haschkifa’ benutzt, bedeutet dies Negatives - ein strenges Hinunterschauen vom Himmel - im Sinne von Din (Gericht), mit der Absicht, eine Strafe auszuführen." Der Passuk - im dieswöchigen Wochenabschnitt - aber [Dewarim 26:15] ist die Ausnahme von dieser Regel. Hier bedeutet das Wort ‚haschkifa‘ ein gnädiges Schauen. "Gross ist die Kraft der Armenabgaben", sagt Raschi, "sie verwandelt die Eigenschaft des Zornes in Erbarmen."
Raw Schwab fragt darauf eine einfache Frage: Warum wird das Wort 'haschkifa' im Widuj Ma'asser überhaupt verwendet? Wenn es sonst mit Strafe und Zerstörung assoziiert wird, hätte doch die Torah im Gebet beim Abschluss des Zehnten-Geständnisses ein anderes Verb zum ‘Herabschauen’ benützen können?
Die Antwort darauf ist, dass das Widuj Ma'asser unvermeidlich und immer zum Hinunterschauen mit Strenge vom Himmel einlädt. Denn immer, wenn ein Jehudi zu Haschem sagt, "Ich habe alles getan" veranlasst dies, dass er streng beurteilt wird. Kein Jehudi sollte dies je behaupten! Kein Mensch kann je im Gericht vor dem Allmächtigen völlig unschuldig sein. Im Talmud [Traktat Arachin 17a] heisst es: Rabbi Elieser Hagadol sagt: "Würde der Ewige mit Awraham, Jizchak und Ja’akow streng ins Gericht gehen, würden sie seiner Zurechtweisung nicht standhalten…"
Wir mögen uns als noch so gut einschätzen, wir werden es nicht wagen, uns vor Haschem damit zu brüsten. Es wäre dasselbe, wie man um eine Rechnungsprüfung nachfragte! Man kann der ehrlichste Mensch der Welt sein, doch es ist nie klug, um eine Revision zu bitten.
Sobald wir im "Widuj" solch mustergültige Beachtung und Erfüllung unserer Pflichten bestätigt haben, wird "haschkifa" unausweichlich negativ und streng, wären da nicht die Verdienste der „Geschenke für die Armen“, die die Eigenschaft des Gerichts in diejenige des Mitleids und Erbarmens umwandeln.
Dies soll uns als starke Lehre dienen, wie schützend die Gaben an die Armen für uns wirken.
Quellen und Persönlichkeiten:
Raschi (1040-1105) [Rabbi Schlomo ben Jizchak]; Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller TANACH- und Talmudkommentare“.
Rav Schimon Schwab (1908 - 1995): Rabbiner der Gemeinde Adat Jeschurun in Washington Heights, New York.
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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich
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