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Ist ein Kohen ein Kohen? (Raw Frand, Ki Tawo 5783)

Raw Frand zu Paraschat Ki Tawo 5783

Ergänzungen: S. Weinmann

Ist ein Kohen ein Kohen?

Diese Woche finden wir in der Parascha die Schilderung des Vorgangs, wie die „Bikurim“ - die Erstlingsfrüchte - nach Jerusalem gebracht wurden. Der Passuk sagt: „Und gehe zum Priester, der in jenen Tagen sein wird, und sage ihm…“ [Dewarim 26:3] Raschi’s Kommentar zu dem Vers „der in jenen Tagen sein wird“ ist der folgende: “Ihr habt niemand anderen als den Priester, der in euren Tagen da ist.“

Es gibt eine ähnliche Raschi in Paraschat Schoftim. Der Passuk sagt dort, dass ein Mensch zu dem Richter gehen soll, „der in jenen Tagen sein wird“. [Dewarim 17:9] Raschi’s Kommentar: „Selbst, wenn er nicht gleich den anderen Richtern ist, die vor ihm waren, musst du auf ihn hören; für dich ist nur der Richter in deinen Tagen da“. Es ist uns nicht erlaubt zu sagen: „Warum sollte ich zu dem Richter in meiner Generation gehen, wenn er dem Richter der vorangehenden Generationen doch nicht das Wasser reichen kann.“

Der Ramban stellt eine Frage zu Raschi’s Erklärung. Ich kann verstehen, bemerkt der Ramban dazu, dass jemand, der eine richterliche oder halachische Entscheidung sucht, versucht sein könnte, die Glaubwürdigkeit des Richters oder des Posseks (Dezisor), der das Urteil fällt, in Frage zu stellen. Jemand könnte sagen: „Wer ist er schon - im Vergleich zu den Tora-Gelehrten vorangehender Generationen?“ Die meisten von uns erinnern sich an Rav Mosche Feinstein, szl. Viele von uns erinnern sich sogar noch an Rav Henkin. Einige können sich sogar noch an den Chason Isch erinnern. Sie waren die grossen halachischen Autoritäten der vorangehenden Generation. Wenn wir zu einem Richter unserer Zeit gehen, wird jemand, der die erwähnten Toragrössen kannte, unvermeidlich Bedenken haben. Er könnte die Autorität und Richtigkeit der Entscheidungen, die er von der heutigen halachischen Autorität erhält, anzweifeln. Um einer solchen Tendenz entgegenzuwirken, sagt uns die Tora, dass wir zu dem Richter gehen sollen, der in unseren Tagen wirkt.

Beim Kohen ist es anders, meint der Ramban: Ein Kohen ist ein Kohen. Wenn sein Vater ein Kohen war, ist er ein Kohen. Wenn jemand mit Nachnamen Cohen heisst, wird niemand daran zweifeln. Warum musste die Torah genau darlegen, dass damit „der Kohen unserer Generation“ gemeint ist? Was hätte ich sonst meinen sollen? Es macht keinen Unterschied, ob er ein ungebildeter oder ein gelehrter Kohen ist. Ein Kohen ist ein Kohen und kann Bikurim (Erstlingsfrüchte) annehmen. Was also meint Raschi? Wen kümmert es, dass er den Kohanim vorangehender Generationen nicht ebenbürtig ist? Jedoch muss der Ausdruck des Verses: „Gehe zum Priester, der in jenen Tagen sein wird, …“ erklärt werden. Der Ramban geht einen anderen Weg als Raschi.

Rav Jerucham Leibowitz erklärt - in seinem Kommentar „Da’at Tora“  zum Chumasch - Raschi’s Sichtweise. Des Rätsels Lösung, sagt er, sind die Worte, die der Jude an den Kohen richtet, wenn er seine ersten Früchte bringt. Die Tora führt an, dass er sagen soll: „Ich tue dem Ewigen, DEINEM G’tt, heute kund… [Dewarim 26:3] Er sagt nicht, dass die Kundmachung dem Ewigen, UNSEREM G’tt, gilt (ElokejNU). Im Gegenteil, er sagt: ‚DEINEM G’tte’ (Elo-keCHA). Im ganzen Tenach (Torah- und Prophetenschriften) wird der Name G’ttes sehr selten mit einer Einzelperson verbunden („lo mejached Schem Schamajim al haJachid“).

„’DEINEM G’tt’ soll ich sagen – zu diesem Kohen, der so unwissend ist? Vielleicht hätte ich in biblischen Zeiten: ‚Zu dem ‚G’tt Aharons’ oder dem ‚G’tt von Pinchas’ sagen können. Aber in unseren Zeiten, nur weil er mit Nachnamen Katz heisst, soll ich: „Dem Ewigen, DEINEM G’tte’ sagen?“

Das ist es, worauf Raschi hinaus will. Lasse keine solchen Gedanken zu. Gehe zu dem Kohen, der in deinen Tagen lebt – so wie er ist – und tue ihm kund: „dem Ewigen, DEINEM G’tt“.

Rav Jerucham fährt fort und schreibt, dass seine Ansicht durch einen Midrasch in Kohelet Rabba unterstützt wird, der den Passuk in Diwrej HaJamim [Chronik l 12:27] erörtert: „Und Jehojada, der Fürst des Hauses Aharons, und mit ihm dreitausendsiebenhundert (Mann).“ Der Midrasch frägt dazu: „War Jehojada damals der Fürst des Hauses Aharon?“ Wir lernen daraus, sagt der Midrasch, dass sogar, wenn Aharon in der Generation von Jehojada gelebt hätte, Jehojada der Kohen Gadol (Hohepriester) gewesen wäre. Jehojada war - den Bedürfnissen seiner Generation entsprechend - für diese Tätigkeit besser gerüstet als Aharon. Dies belegt Raschi’s Sichtweise.

Quellen und Persönlichkeiten:

Raschi, Akronym für Rabbi Schlomo ben Jizchak (1040-1105); Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller TENACH- und Talmudkommentare“.

Ramban: Rabbi Mosche ben Nachman – "Nachmanides" (1194 - 1270); Gerona, Spanien; Erez Jisrael; einer der führenden Tora-Gelehrten (Rischonim) des Mittelalters, einer der Haupterklärer des Chumasch (fünf Bücher Moses), wie Verfasser weiterer Werke in Haschkafa (Kitwej haRamba“n) und Abhandlungen zum Talmud.

Rabbi Jerucham Halevi Leibowitz (Levovitz) (1874 - 1936): Einflussreicher Denker, Maschgiach (Leiter und geistiger Ratgeber) der Jeschiwa in Mir, Litauen. Verfasser vieler Werke, u.a. Da’at Chochma uMussar und Da’at Tora zum Chumasch.

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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