Schewat/ Paraschat Beschalach

Der Feiertag des 15. Aw

Rabbi Schimon Ben Gamliel sagt: Es gab keine grösseren Feiertage für Jisrael als den 15. Aw und Jom Kippur [Talmud, Ta‘anit 26b]

Der Talmud [Ta‘anit 30b] zählt sechs Begründungen auf, weshalb der 15. Aw gefeiert wird.

1) Das Ende des Ablebens der aus Ägypten ausgezogenen Generation: Durch die Sünde der Meraglim (Spione) verhängte G-tt, dass alle Männer über 20 Jahre – aus der Generation, die Ägypten verlassen hatte – in der Wüste sterben und nur ihre Kinder an ihrer Stelle ins Land Israel eintreten sollen. Alle Männer, die sechzig Jahre alt wurden, starben jeweils am Tisch’a Be’Aw. Dies lief wie folgt ab: Jedes Jahr am Erew (Vortag von) Tisch’a Be’Aw liess Mosche ausrufen: Geht und grabet euch euer Grab! Alle Sechzigjährigen gingen hin und gruben sich ihr Grab. Am Abend legten sie sich ins Grab und übernachteten dort. Am Morgen von Tisch’a Be’Aw wurde ausgerufen: Wer lebt, komme hervor. Die Überlebenden (falsches Geburtsdatum) krochen aus ihren Gräbern. Nachher wurden die Gräber der rund 15.000 Toten von den Lebenden mit Erde gefüllt. Im 40. Jahr ihrer Wüstenwanderung fand das gleiche Prozedere statt. Zur grossen Überraschung, krochen am Morgen des Tisch’a Be’Aw alle rund 15.000 Sechzigjährigen aus ihren Gräbern hinaus. Da sagten sie, vielleicht haben wir uns in der Monatsberechnung geirrt und es ist noch gar nicht der 9. Aw. Da legten sie sich am nächsten Abend wieder ins Grab. Sie wiederholten dies bis zum 15. Aw. In der Nacht zum 15. Aw sahen sie, dass der Mond bereits voll war, also der 9. Aw bestimmt schon vorbei war. Daraus folgerten sie: G-tt hat uns das Leben geschenkt – und feierten diesen Tag. Das geschah am 15. Aw 2487 (1273 Jahre vor dem bürgerlichen Kalenderbeginn) und ist der erste Grund zum Feiern.

Die Folge davon: Solange noch Mitglieder dieser Generation am Leben waren, sprach G-tt mit Mosche nur in Visionen – genau wie mit anderen Propheten. Erst an diesem 15. Aw sprach G-tt mit Mosche wieder in der gewohnten Form: „Von Mund zu Mund rede ich mit ihm… nicht in Rätseln…“ [Bamidbar 12:8]

2) Die verschiedenen Stämme Israels erhielten die Erlaubnis, untereinander zu heiraten: Um eine rechtmäßige Verteilung des Heiligen Landes unter den zwölf Stämmen Israels zu sichern, gab es gewisse Einschränkungen bezüglich der Heirat zwischen den Angehörigen zweier Stämme: So war es z.B. einer Frau, die von ihrem Vater Land geerbt hatte, nicht erlaubt, das Mitglied eines anderen Stammes zu heiraten, weil dadurch ihre Kinder, die dem Stamm ihres Vaters angehörten, das Land des mütterlichen Stammes geerbt hätten. Dadurch wäre eine Landvererbung von einem zum anderen Stamm entstanden [siehe Bamidbar 36:1-9]. Diese Verordnung galt aber nur für jene Generation, die das Land eroberte und besiedelte. Als für die nächste Generation diese Einschränkung am 15. Aw aufgehoben wurde, war es ein Grund zum Feiern.

3) Dem Stamm Binjamin wurde erlaubt, wieder zur Gemeinde Israels zu gehören: Der 15. Aw war auch der Tag, als dem Stamm Binjamin wieder erlaubt wurde, Frauen anderer Stämme zu heiraten. Der Stamm Binjamin wurde wegen seines unsittlichen Verhaltens bei der Geschichte mit „Pilegesch beGiw’a“  (Nebenfrau in Giw’a) durch die anderen Stämme fast ausgerottet. Nur 600 Männer überlebten. Überdies bestand ein Bann, dass niemand seine Tochter einem Mann aus dem Stamm Binjamin geben durfte. Dies hätte zum Verschwinden des Stammes Binjamin geführt. Am 15. Aw wurde der Bann aufgehoben, wodurch der Stamm Binjamin dem Jüdischen Volk erhalten blieb [siehe Richter: Kapitel 19 – 21].

4) Hosche‘a ben Ejlah öffnete die Wege nach Jeruschalajim: Nach dem Ableben von Schlomo Ha’Melech (König Salomon) im Jahre 2964 (796 vor dem bürgerlichen Kalenderbeginn) erfolgte die Teilung des Heiligen Landes in zwei Königreiche. Dazu hatte Jerow‘am ben Newat, der König des abgebrochenen nördlichen Reiches Strassensperren durch Militärs errichtet, die seine Staatsangehörigen davon abhielten, ihre drei jährlichen Pilgerfahrten nach Jeruschalajim, in die Hauptstadt des (Südlichen) Reiches Jehuda, zu praktizieren. Hoschea ben Ejlah, König des nördlichen Reiches, hob rund 200 Jahre später, am 15. Aw 3187 (573 Jahre vor dem bürgerlichen Kalenderbeginn), diese Strassensperren auf, was ein Grund zum Feiern war.

5) Der Erhalt der Erlaubnis, die niedergemetzelten Widerstandskämpfer von Bejtar zu beerdigen: Die Festung von Bejtar war der letzte Halt der Rebellion Bar Kochwas. Bei der Niederlage Bejtars am 9. Aw 3895 (135 nach dem bürgerlichen Kalenderbeginn), fielen Bar Kochwa und hunderttausende Juden dem Massaker der Römer zum Opfer. Auch die Überlebenden dieser Schlacht wurden von den Römern in grausamster Weise ermordet. Die Juden aber durften nicht einmal ihre Toten beerdigen. Am 15. Aw 3908 (148 nach ihrer Zählung), wurde den Juden gestattet, die Opfer endlich zu Grabe zu tragen. Anschliessend wurde dem Tischgebet (Birkat Hamason) eine vierte Bracha (Segen), nämlich „Ha’Tow we’ha’Mejtiw“, zum Andenken an das grosse Wunder hinzugefügt. Denn obwohl diese Tragödie bereits 13 Jahre zurücklag, waren die Körper der Ermordeten in keiner Weise degeneriert.

6) "Der Tag des Beilbrechens": Als das Bejt Hamikdasch (der Heilige Tempel) in Jerusalem stand, wurde das jährliche Feuerholzhacken für den Altar immer am 15. Aw abgeschlossen. Dieses Ereignis wurde – wie jede abgeschlossene Bemühung für heilige Zwecke – festlich begangen, und wurde sinnbildlich „Der Tag des Axtbrechens“ genannt.

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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