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Die himmlische und die irdische Wahrheit - (Rav Frand Bereschit 5765)

Die himmlische und die irdische Wahrheit

Der Pasuk sagt: „Lasst uns den Menschen erschaffen.“ [Berejschit 1:26] Der Midrasch bemerkt dazu, dass G’tt „sich mit den Engeln beriet“ bevor er Adam, den ersten Menschen, schuf. G’tt wollte uns „Derech Erez“, moralisches Verhalten lehren: Es ziemt sich, dass jemand, der über die Entscheidungsgewalt verfügt, sich mit seinen Untergebenen bespricht, auch wenn die Entscheidung schlussendlich von ihm alleine gefällt wird.

Der Midrasch berichtet, dass die Rückmeldungen, welche G’tt von den Engeln erhielt, nicht einmütig waren. Einige waren dafür, den Menschen zu schaffen und andere dagegen. Die Barmherzigkeit (Chesed) argumentierte, dass der Mensch geschaffen werden solle, denn er sei ein wohlwollendes Wesen, das zu vielen guten Taten fähig sein werde. Die Wahrheit (Emet) riet hingegen ab, den Menschen zu schaffen, denn ein Charakterzug des Menschen sei Falschheit und dies sei das Gegenteil von Wahrheit.

Der Midrasch erzählt weiter, dass G’tt die Wahrheit ergriff und zu Boden warf. Ein Pasuk in Daniel spielt auf diese Begebenheit an und sagt: „… und Du warfst die Wahrheit zu Boden …“ [Daniel 8:12] Die einfache Leseart des Midraschs besagt, dass G’tt mit dem Einwand der Wahrheit „ein Problem hatte“ und deshalb die Wahrheit aus dem Spiel zog, indem er sie zu Boden warf. Anschliessend schuf er den Menschen trotz ihrem Einwand.

Welche Bedeutung hat dieser Midrasch? Hörte die Wahrheit auf zu existieren, nur weil G’tt sie auf den Boden warf?

Es gibt hier ein Gleichnis. Rav Schwab erklärt diesen Midrasch auf eine Weise, die auch eine Gemara in Bava Batra erläutert, die mich immer beschäftigt hatte. Es gibt zwei Arten von Wahrheit: die himmlische und die irdische. Die himmlische Wahrheit ist die richtige, unveränderliche, harte Wahrheit. Bei der himmlischen Wahrheit gibt es keine Tricks und sie sagt genau, wie die Sache sich verhält. Das ist auch der Grund, wieso die Propheten harsche Worte an das jüdische Volk richteten. Sie überbrachten eine Mitteilung voll himmlischer Wahrheit. Die himmlische Wahrheit kennt keinen Zuckerguss oder Kompromisse. Sie ist die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts anderes als die (manchmal schmerzvolle) Wahrheit. Der Ausdruck „die Wahrheit schmerzt“ bezieht sich auf die himmlische Wahrheit.

Auf dieser Welt haben wir auch Wahrheit. Aber wir menschlichen Geschöpfe sind nicht immer fähig mit der reinen Wahrheit umzugehen.

Ein Freund fragt mich: „Wie gefällt dir meine Krawatte?“ Soll ich ihm sagen: „Überhaupt nicht. Sie passt nicht zu deinem Anzug!“ Die Wahl der Krawatte könnte darauf hinweisen, dass ihr Träger entweder über einen sehr schlechten Geschmack oder eine schlechte Sehkraft verfügt. Aber das sagt man ihm nicht.

„Interessant … kreativ … sehr schön … originell …“ Wir verwenden eine ganze Reihe von Eigenschaftswörtern, aber zur unveränderlichen Wahrheit können wir uns nicht überwinden. Wir überdecken die Wahrheit mit Zuckerguss. Wir biegen die Wahrheit zurecht. Das ist die irdische Ausprägung von „Wahrheit“.

„Wie ging’s heute?“ „Gut.“ Muss ich wirklich eine ausführliche Beschreibung liefern wie der heutige Tag verlief? Ist „gut“ die Wahrheit? Nein. Aber es ist die „irdische Wahrheit“.

Das will uns der Midrasch sagen. G’tt nahm die Wahrheit und warf sie zu Boden. G’tt erklärte, dass die Wahrheit, wie die Menschen sie kennen, eine irdische Wahrheit ist. Die himmlische Wahrheit vernehmen sie von den Propheten, zum Beispiel von Jirmijahu oder Jeschajahu. Propheten nennen die Dinge beim Namen.

Die Gemara sagt im Namen von Rabbi Jochanan: „Am Tag, an dem der Tempel zerstört wurde, wurde die Wahrheit den Propheten weggenommen und Narren und kleinen Kindern übergeben“ [Bava Batra 12b]. Was bedeutet das? Der Rambam [Jesode HaTorah 7:1] beschreibt die notwendigen Voraussetzungen um Prophet zu werden. Ein Prophet benötigt Weisheit, Charakterstärke, herausragendes intellektuelles und moralisches Format und so weiter. Wie kann es plötzlich sein, dass nach der Zerstörung des Tempels der Dorftrottel oder ein dreijähriges Kleinkind zum Propheten aufsteigen?

Die Gemara meint, dass die Wahrheit heutzutage dem Kindermund entspringt. Reine, unbeschönigte Wahrheit, Wahrheit, die schmerzt, wird von reifen Menschen mit sozialen Verpflichtungen nicht mehr geäussert. Gebildete Menschen werden mich nicht darauf hinweisen, wie meine Kravatte wirklich aussieht. Nur aus dem Mund von Kindern, die noch keine Verlegenheit kennen oder von Narren, die nichts anderes wissen, kann die Wahrheit noch vernommen werden. Auf diese Weise übermittelt uns G’tt manchmal seine Botschaften.

Rav Schwab schreibt, dass er sich einmal in einem Trauerhaus befand. Der Grossvater mütterlicherseits eines dreijährigen Knaben war kurz zuvor verstorben. Da trat der Grossvater väterlicherseits ein, um seiner Schwiegertochter einen Schiwa-Besuch (Trauerbesuch) abzustatten. Da sagte der Dreijährige zu seinem Grossvater väterlicherseits: „Warum ist Grossvater gestorben und du nicht?“

Das war vielleicht die Botschaft. Der Dreijährige übermittelte vielleicht mit g’ttlicher Eingebung die Botschaft: „Es ist besser ein Trauerhaus als ein Haus der Freude zu besuchen, weil dies das Ende jedes Menschen ist und jeder Lebende sollte sich dies zu Herzen nehmen.“ [Kohelet/Prediger 7:2] Jeder, der einer Beerdigung beiwohnt oder ein Trauerhaus besucht, sollte sich sagen: „Nur mit G’ttes Hilfe bin ich es, der dorthin schreiten kann“. Dieses Grosskind fasste es in Worte: „Wieso nicht du?“

Das ist die Bedeutung der Gemara: „Am Tag, an dem der Tempel zerstört wurde, wurde die Wahrheit den Propheten weggenommen und Narren und kleinen Kindern übergeben.“ Wir scheuen uns, die Wahrheit zu sagen, die manchmal gesagt werden müsste. Sie entspringt nur Menschen, die noch „nicht gescheit genug sind für die (scheinheiligen) Wege dieser Welt“ und die somit die Wahrheit ins Gesicht sagen können. Der Kindermund lässt Wahrheit hören.

Quellen und Persönlichkeiten:
Rabbi Simcha Sissel Ziv [der "Alte von Chelm"] (1824 - 1898): Rosch Jeschiwa in Chelm; einer der Hauptschüler von Rabbi Jisrael Salanter, dem Gründer der Mussarbewegung (Schulung des Charakters).
Wilnaer Gaon: Rav Elijahu ben Schlomo Salman von Wilna (1720 - 1797), Wilna; Torahgenie, Autor von zahlreichen Büchern und Kommentaren.
Midrasch: Erklärung zur Torah, oft mit Gleichnissen.
Rav Schimon Schwab (1908 – 1995): Rabbiner der Gemeinde Adat Jeschurun in Washington Heights, New York.
Rabbi Jochanan (gest. 279 d.g.Z.): Talmudlehrer in Tiberias, Israel.

Rav Frand, Copyright © 2007 by Rav Frand und Project Genesis, Inc und Verein Lema'an Achai / Jüfo-Zentrum.

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