Schewat/ Paraschat Beschalach

Raw Zweig zu Parschat Wajeschew 5774

Übersetzt und bearbeitet von Herrn Gill Barnea, Düsseldorf Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Weil es mich kümmert

„…und Josef brachte üble Nachrede von ihnen an ihren Vater.“ [37:2]

Die Thora hält fest, dass Josef von seinen Brüdern gehasst wurde, weil er gegenüber Ja’akow von ihren angeblichen Vergehen berichtete, bei denen er sie beobachtet hatte. Die meisten Kommentare stimmen darin überein, dass obwohl die Absichten Josefs ehrlich und rein waren, er für die Fehlinterpretation des Verhaltens seiner Brüder bestraft wurde. Seine spätere Bestrafung rührte aus seinen falschen Annahmen her - und nicht für die Übermittlung ihrer Taten. Wo lässt es sich im Vers ableiten, dass die Absichten Josefs rein waren?

Der Vers besagt, dass Josef negative Berichte über seine Brüder an deren Vater überbrachte. Warum heisst es nicht, „an seinen Vater“? Dies würde doch mit dem nächsten Vers in Einklang stehen, wo die Thora die Beziehung zwischen Josef und seinem Vater behandelt.

Es gibt zwei Gründe, weshalb jemand einen Vater über das negative Verhalten seiner Söhne informiert. Wenn der Informant kein Verwandter ist, dann besteht seine Absicht im Allgemeinen darin, den Vater dabei zu unterstützen, das schlechte Benehmen seiner Söhne zu korrigieren. Doch wenn der Informant zudem ein Sohn ist, dann ist es möglich, dass er eventuell eine Möglichkeit sieht, seinen Status in den Augen des Vaters zu verbessern, indem er seine Brüder in Verruf bringt (also diskreditiert). Die Thora hält ausdrücklich fest, dass Josef die Information an deren Vater überbrachte, um zu betonen, dass seine Absichten selbstlos waren. Er wollte Ja’akow über ihr Fehlverhalten informieren, damit dieser es korrigieren würde. Wenn es in der Thora geheissen hätte, dass Josef die Information an seinen Vater überbrachte, dann würde es implizieren, dass er es getan habe, um sich in seiner Beziehung zu seinem Vater einen Vorteil zu verschaffen.

Eine moralische Verpflichtung

„Niemand ist angesehener in diesem Hause als ich; und er (der Hausherr) enthält mir nichts vor als dich, indem du sein Weib bist; und wie sollte ich diese grosse Übeltat begehen und gegen G-tt sündigen?“ [39:9]

Josef lehnte es ab, den Avancen der Frau Potiphars nachzugeben, und er versuchte ihr zu erklären, warum es für ihn unpassend wäre, ihren Wünschen zu entsprechen. Josef führte die folgenden zwei Argumente an: Es wäre die ultimative Demonstration von Undankbarkeit gewesen, das Vertrauen seines Meisters zu missbrauchen. Und weil das Verbot von Ehebruch zu den sieben noachidischen (universalen) Geboten zählt, würde er zudem gegen G-tt sündigen.

Die Rangfolge von Josefs Prioritäten verlangt nach einer Erklärung. Warum erwähnt er das Unrecht gegenüber seinem Meister noch vor der Sünde gegenüber G-tt? Es sei auch an dieser Stelle erwähnt, dass Raschi die Ansicht eines Talmudgelehrten [Traktat Sota 36b] zitiert, wonach Josef den Avancen der Frau von Potiphar nachgegeben hätte, wenn er in Gedanken nicht seinen Vater vor sich gesehen hätte. Wie ist das mit den von Josef angegebenen Gründen vereinbar?

In seiner Einleitung zum Buch „Ewen Schlema“, lehrt der Gaon von Wilna, das ultimative Ziel der Einhaltung von Mizwot bestehe darin, einen Juden mit ethischen und moralischen Werten auszustatten. Die Mizwot sensibilisieren den Menschen dazu, ein Leben von moralischer Standhaftigkeit und Integrität zu führen. Nur dann reflektiert ein Jude die g-ttlichen Merkmale seines Schöpfers.

Josef war in erster Linie darüber besorgt, dass Ehebruch einem Vertrauensbruch gegenüber seinem Meister gleichkommen würde. Dieser ultimative Vertrauensbruch wäre gleichbedeutend mit einem völligen Verlust seiner Integrität. Die Einhaltung der noachidischen Gebote war hier ein sekundäres Anliegen, weil diese nicht von einem Menschen verlangen, ein „g-ttliches“ Wesen zu sein. Doch ein Nachfahre von Awraham, Jizchak und Ja’akow zu sein, verlangt dies eben doch. Seinen Vater vor Augen zu sehen, erinnerte Josef an seine Wurzeln und verdeutlichte ihm seine Verpflichtung, auf eine Art und Weise zu handeln, die seiner Mission im Leben entsprach - nämlich seinem Schöpfer nachzueifern. Es bedarf nicht immer tiefgreifender Kenntnisse der Heiligen Schriften, um sich „menschlich“ zu verhalten. Auch bevor die Thora gegeben wurde, galt das ethische Prinzip des grundlegend moralischen Verhaltens (hebr. Derech Erez kadma la’Thora). Und das Benehmen von Josef bildet ein perfektes Beispiel dafür.

Ein Gedanke des grossen Rabbi Chajim Woloszyner, sz“l

"Als Re’uwen das hörte, rettete er ihn [Josef] aus ihrer Hand und sprach: Wir wollen ihn nicht totschlagen… Werft ihn in diese Grube in der Wildnis…“ [37:21-22]

Im Talmud [Schabbat 24a] heisst es, wie auch von Raschi im Vers [37:24] zitiert, dass dies eine Grube voller Schlangen und Skorpionen war. Nach der Halacha (dem jüdischen Religionsgesetz) wird ein Mann, der in eine Grube voller Schlangen und Skorpione fällt, als tot erachtet - und seine Frau gilt als Witwe und darf wieder heiraten. Dennoch beschreibt die Thora das Handeln Re’uwens als einen Rettungsakt für Josef!

Im Gegensatz dazu, überzeugte Jehuda seine Brüder, Josef aus der Grube herauszuholen und ihn in die Sklaverei zu verkaufen. Trotzdem heisst es im Talmud [Sanhedrin 6a], dass jeder, der Jehuda dafür lobt, G-tt erzürnt! Wie ist das zu verstehen?

Reb Chajim Woloszyner, sz“l (1749-1821), der bedeutendste Schüler des Gaon von Wilna, erklärt: Re’uwen veranlasste Josef, in eine Grube voller Schlangen und Skorpione zu stürzen, doch die Grube war in Erez Jisrael. Jehuda rettete Josefs physisches Leben, doch er verschuldete es, dass Josef aus Erez Jisrael herausgeschafft wurde. Es ist weitaus besser, sagt Reb Chajim, umgeben von Schlangen und Skorpionen in Erez Jisrael zu bleiben, als ausserhalb von Erez Jisrael zu leben! [zitiert in der Zeitschrift „Jeschurun“, 6. Ausgabe, Seite 200].

Am Rande dieses Gedankens sei erwähnt, dass sein Lehrer, der Gaon von Wilna, im Jahre 1783 Richtung Erez Jisrael (damals Palästina) auswanderte. Unklar bleibt bis heute, was ihn dazu bewog, seine Auswanderung nach Palästina nach wenigen Monaten abzubrechen und wieder nach Vilnius (Wilna) zurückzukehren.

Desweiteren ein Zitat von Raschi in Parschat Lech Lecha [Bereschit 17:8] zu folgendem Vers: „Und ich will dir, und deinen Nachkommen nach dir, geben das Land deines Wohnsitzes, das ganze Land Kena‘an, zum ewigen Besitz, und werde ihnen zum G-tt sein“. Raschi erklärt hierzu im Namen des Talmuds [Traktat Ketubot 110b]: „…zum ewigen Besitz und dort werde ich euch zum G-tt sein; wer aber ausserhalb des Landes wohnt, der ist mit einem Menschen zu vergleichen (bzw. gleichzusetzen), der keinen G-tt hat!“

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