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Bitachon (Vertrauen) nach Mass (Perspektiven zu Paraschat Mikez 5784)

Perspektiven zu Paraschat Mikez 5784

Aus der DJZ, Nr. 51, 1. Tewet 5767 / 22. Dez. 2006

Ergänzungen: S. Weinmann

 

Bitachon (Vertrauen) nach Mass

Die Parascha beginnt mit „Und es war am Ende von zwei (ganzen) Jahren, und Pharao träumte...“. Bekanntlich war dies der Beginn von Josefs Befreiung aus dem Gefängnis.

Der Midrasch Rabba (Mikez 89:3) fragt, ab wann diese zwei Jahre gezählt werden, und erklärt: „Josef verliess sich nicht vollständig auf G“tt, und musste deshalb noch weitere zwei Jahre im Gefängnis absitzen“.

Als Josef am Ende der letzten Parascha den Traum des „Sar Hamaschkim (Obermundschenk)“ deutete, bat er ihn: „Möchtest du mich nur im Gedächtnis behalten, wenn es dir gut gehen wird; tue mir bitte den Gefallen und erwähne mich vor Pharao und befreie mich von diesem Hause“.

Daraufhin steht am Ende der Parascha: „Und der Sar Hamaschkim dachte nicht an Josef nicht und vergass ihn völlig“. Raschi sagt dazu: „Weil Josef sich auf ihn verlassen hatte, dass er seiner gedenken solle, musste er noch zwei Jahre gefangen bleiben, so wie der Passuk (Vers) in Tehillim (Psalm 40:5) sagt: „Heil dem Mann, der auf den Ewigen sein Vertrauen setzt, und sich nicht an die Rehawim (Hochmütigen) wendet“; nicht auf die Mizrim (Ägypter) vertraut, die ‘Rehawim’ genannt werden (Jeschaja 30:7 und Tehillim/Psalm 87:45)“.

Josefs Sünde war also, dass er einem Menschen und nicht HKB“H (Hakadosch Baruch Hu - der Heilige gelobt sei Er) vertraute. Wie stimmt dies aber mit dem Begriff „Hischtadlut“ (Pflicht des persönlichen Einsatzes) überein? Wir wissen doch, dass HKB“H von uns verlangt, dass wir uns bemühen müssen. Weshalb wird da Josef der Vorwurf gemacht, dass er nicht einmal ein solches minimales „Hischtadlut“ machen durfte, wie hier? Hätte er müssig dasitzen und warten müssen, bis er aus dem Gefängnis entlassen würde? Ist dies wirklich ein Widerspruch zum Bitachon (Vertrauen)? Der Midrasch fragte auch, warum Josef mit zwei Jahren Gefängnis bestraft wurde. Was hat diese Strafe mit der Sünde gemeinsam?

Der Midrasch meint, dass Josefs Fehler das zweimalige Aussprechen des Wortes „Gedenke meiner“ war. Er zeigte damit, dass er mehr als nur das Minimum an Hischtadlut machte. Er versuchte mehr, als der durfte. Die zweite Bitte zeigt, dass auch das erste Mal nicht mit dem vollkommenem Bitachon gesagt wurde, und dass er sich, wenn auch nur minimal, auf einen Menschen verliess.

Rabbi Jisrael Salanter leitet von hier ab, wie viel Bitachon von einem Menschen verlangt wird. Wir sehen in der Gemara (Talmud Berachot 35b) eine Meinungsverschiedenheit zwischen Rabbi Jischmael und Rabbi Schimon bar Jochai, ob ein Mensch durch Hischtadlut sein Geld verdienen soll oder ob er sich auf G“tt verlassen darf, dass Er ihm auch ohne Hischtadlut Parnassa geben wird.

Rabbi Jischmael sagt, dass man sich normal verhalten und sich um sein Brot bemühen muss, wie es heisst (Dewarim 11:14): „ … und du wirst dein Getreide, deinen Most und dein Öl einsammeln“.

Entgegnet ihm Rabbi Schiomon bar Jochai und sagt: „Ist es möglich, dass ein Mensch in der Zeit des Pflügens pflügt, in der Zeit der Aussaat sät, in der Zeit der Ernte einsammelt, in der Dreschzeit drischt, und in der Zeit des Windschaufelns windschaufelt, was wird dann mit der Tora geschehen? Nur, wenn die Kinder Jisraels den Willen G-ttes erfüllen, werden Fremde ihre Arbeit verrichten, wie es heisst (Jeschaja 61:5): „Fremde werden kommen und eure Herde weiden, und Ausländer werden eure Ackerleute und Weingärtner sein…“.

Die Gemara sagt darauf: „Abaje sagt, viele verhielten sich wie Rabbi Jischmael und waren erfolgreich, viele andere verhielten sich wie Rabbi Schimon bar Jochai und hatten keinen Erfolg“.

Der Nefesch Hachajim erklärt darauf: Der Grund warum viele keinen Erfolg hatten war, weil Rabbi Schimon bar Jochai seine Meinung nicht für jeden Menschen gesagt hat. Der normale Mensch ist nicht auf einer Stufe, dass er mit Überzeugung behaupten kann, dass er mit seinem Nichtstun und G-ttesvertrauen auf der Stufe von Rabbi Schimon bar Jochai ist. Deshalb müssen sich die meisten Menschen so verhalten wie es Rabbi Jischmael sagt. Wenn diese Menschen kein Hischtadlut tun, so haben sie keinen Erfolg.

Nur einzelne, herausragende Menschen, die auf dieser Stufe stehen, dürfen sich so verhalten und werden damit auch Erfolg haben. Nicht nur, dass sie sich so verhalten d¨rfen, sondern sie müssen sich so verhalten. Wenn sie dies nicht so tun, werden sie dafür bestraft.

Genau dies sehen wir bei Josef. Er war auf der Stufe, so zu handeln, wie es Rabbi Schimon bar Jochai erklärt hat. Deshalb sagt der Midrasch, dass es Josef an Bitachon mangelte. Er hätte keinerlei Hischtadlut machen, sondern sich ganz auf HKB“H verlassen sollen. Er wurde dafür bestraft, dass er sich so verhielt, als ob er auf der kleineren Stufe von Bitachon wäre. Er verhielt sich nicht so, wie es für seine geistige Stufe passend gewesen wäre.

Jeder Mensch muss selbst einschätzen können, was für ihn der richtige Weg sei!

Quellen und Persönlichkeiten:

  • Midrasch Rabba (der grosse Midrasch): Grosse Sammlung von Erklärungen und Aggadot zum Chumasch der Tanna’im (Mischnagelehrten) und Amora’im (Talmudgelehrten).
  • Raschi, Akronym für Rabbi Schlomo ben Jizchak (1040-1105); Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller TENACH- und Talmudkommentare“.
  • Rabbi Jisrael Salanter (1810 – 1883); Gründer der Mussarbewegung (Schulung des Charakters); Rosch Jeschiwa in Wilna und Kovno; Litauen.
  • Rabbi Chajim ben Jizchak von Woloschin (1749-1821): Berühmter Schüler des Wilnaer Gaon, Gründer der Jeschiwa von Woloschyn; Litauen (heute Weissrussland). Sein Hauptwerk ist die ethisch-kabbalistische Schrift Nefesch Hachajim. Weiteres Werk Ruach Chajim, Kommentar zu Pirkej Awot. Die meisten seiner Werke wurden – noch als Manuskripte – 1815 durch einen Brand vernichtet.

 

Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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