Schewat/ Paraschat Beschalach

Raw Frand zu Parschat Wajigasch 5773

Die Identität eines Juden

Die Torah berichtet, dass Josef dem Ja’akow mit Speise beladene Wagen (Agalot) schickte. Damit wollte er beweisen, dass er noch lebte [Bereschit 45:21]. Ein berühmter Midrasch erklärt, dass Ja’akow wegen diesem Geschenk davon überzeugt wurde, dass Josef lebte. Dieses Geschenk entsprach nämlich einem Wortspiel. Das Wort „Agalah“ (Wagen) entspricht dem Wort „Eglah“ (Kalb), im Hebräischen die gleichen Konsonanten (in der Tora die gleichen Buchstaben). „Agalah“ symbolisiert hier „Eglah“.  Eglah erinnert an das halachische Subjekt von Eglah Arufah (das Kalb, dem man das Genick bricht, wenn ein Toter gefunden wird) [Dewarim 21:1-9]. Als sie getrennt wurden, waren Ja’akow und Josef gerade dabei, dieses Thema, Eglah Arufah, zu studieren.

Als er die Wagen sah, erkannte Ja’akow, dass Josef lebte. Er hatte nicht den Schatten eines Zweifels [45:27]. Jakob verband die Agalot augenblicklich mit Eglah Arufah, dem letzten Thema, dass sie miteinander studiert hatten.

Ich möchte eine hochinteressante Geschichte erzählen, die zur Zeit des Gaon von Wilna geschah. Sie handelt von einem frisch verheirateten Paar. Unmittelbar nach der Hochzeit verschwand der Ehemann auf Nimmerwiedersehen. Die Frau war eine Agunah (eine „Eingeschlossene“); sie konnte nicht wieder heiraten, denn sie war immer noch mit ihrem verschwundenen Ehemann verheiratet und das Bet Din konnte nicht in Erfahrung bringen, ob ihr Ehemann noch lebte.

Dreissig Jahre später kam einer in die Stadt, ging zu dieser Frau und erklärte: "Ich bin zurück." Die halachische Frage war: „Glauben wir diesem Burschen, der behauptete ihr Ehemann zu sein, oder nicht?“ Im Verlauf von dreissig Jahren verändert sich jeder, aber trotzdem konnte niemand den Verschwundenen wieder erkennen. Da es sich um eine Ejschet Isch (eine verheiratete Frau) handelte, war das Problem ernst.

Andererseits kam dieser Bursche nicht unvorbereitet. Dieser Mann berichtete der Frau von Dingen, die nur der Ehemann wissen konnte. Er erzählte ihr alles über die Hochzeit. Sogar intimes wusste er über sie. Der Mann konnte scheinbar unwiderlegbar beweisen, dass er ihr Ehemann war. Die Einzelheiten, die er erzählte, waren alles Dinge, welche klar nur der Ehemann wissen konnte.

Man fragte den Gaon von Wilna an, ob man diesem Mann glauben dürfe oder nicht. Der Wilnaer Gaon sagte Ihnen, sie sollten den Mann nach Schul (in die Synagoge) führen. Dort sollten sie ihn bitten, seinen Makom kewua (seinen festen Synagogenplatz), wo er immer gebetet hatte, zu zeigen. Sie nahmen den Mann nach Schul und baten ihn, seinen festen Synagogenplatz zu zeigen. Er war dazu nicht imstande. Auf das hin entlarvte ihn der Wilnaer Gaon als Lügner und Betrüger. Wieso?

Diese Person wollte die arme Frau austricksen. Offensichtlich hatte er mit ihrem echten Ehemann gesprochen und sich bemüht, viele „wichtige“ Einzelheiten herauszufinden. Da er aber kein ehrlicher, g’ttesfürchtiger Jude war, machte er sich nicht die Mühe mehr über die geistigen Dinge (Dewarim SchebiKeduscha) ausfindig zu machen. Der Mann kannte die Farbe des Hochzeitsanzugs, die Farbe der Blumen oder den Namen der Musikkapelle, alles oberflächliche Dinge. Eine Person, die ihr Judentum nicht ernst nimmt, wird aber an etwas nicht denken: Dewarim SchebiKeduscha, die heiligen Dinge im Leben eines Juden.

Die Farbe unseres Autos ist nicht das wichtigste in unserem Leben. Wichtig in unserem Leben ist, wo wir in der Synagoge beten, welches Talmudkapitel wir lernen usw.  Deshalb wusste der Gaon, dass dieser Mensch ein Schauspieler war und nicht der echte Ehemann.

Wir lernen diese Lektion von Ja’akow und Josef. Als Josef seinem Vater einen unwiderlegbaren Beweis, dass er wirklich Josef sei, geben wollte, war sein klarstes Beweisstück das halachische Thema, das sie zusammen gelernt hatten. Welches „Daf“ (Talmudseite), welche „Sugjah“ (talmudisches Thema) lernten sie am Tag, an dem Josef wegging? Dies ist die Art und Weise, wie sich ernsthafte Juden ausweisen. Nicht mittels dem Ort, wo sie zusammen Fischen gingen, nicht durch den Platz wo sie miteinander Fussball spielten oder durch andere oberflächliche Aspekte des Lebens. Josef wies sich gegenüber Jakob mit dem Wesentlichen der jüdischen Identität aus: dem Thema aus der Torah, welches sie zuletzt besprochen hatten.

Der Gaon von Wilna hatte keine wundersame Eingebung. Es handelte sich ganz einfach um gesunden Menschenverstand. Ein Jude weiss, wo er betet und wo er lernt, weil dies der Kern seines Lebens ist.

Quellen und Persönlichkeiten:

  • Gaon (Genie) von Wilna / Wilnaer Gaon (1720 – 1797): Rav Eljahu ben Schlomo Zalman; Wilna.



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