Schewat/ Paraschat Beschalach

Besuchen Sie jetzt unsere neue Website

logo new 1

Warnung

JUser: :_load: Fehler beim Laden des Benutzers mit der ID: 62

Raw Frand zu Parschat Wajechi 5761 (Beitrag 2)

Chuschim ben Dan: Eine nicht akzeptable Situation als solche entlarven

Der Talmud sagt uns [Sotah 13a], dass Esaw (Esau) protestierte, als die Brüder in der Me’arat HaMachpela (Grabstätte von Machpela) in Chewron (Hebron) ankamen, um Ja’akow zu begraben. Es war nur noch ein einziger Platz frei. Die anderen Plätze waren für Adam, Chava (Eva), Awraham, Sara, Jizchak, Riwka und Lea benützt worden. Esaw forderte den letzten Platz für sich, mit dem Argument, dass nach dem Ableben der Eltern zwei Grabplätze übrigblieben und den einen hätte Ja’akow mit dem Begräbnis von Lea bereits erhalten, der zweite gehöre nun ihm.

Die Söhne Ja’akows argumentierten, dass Esaw das Recht, an diesem Ort begraben zu werden, mit dem Verkauf des Erstgeburtsrechts verloren hatte. Esaw entgegnete jedoch, dass er nur den Teil des ‚doppelten Erbes‘, welcher dem Erstgeborenen zusteht, verkauft hatte, nicht aber seinen gleichen Anteil mit Ja’akow, auch in der Me’arat HaMachpela. Die Brüder bestanden jedoch darauf, dass ein Vertrag bestünde, in dem er seinen Anteil an der Grabstätte in der Höhle verkauft habe. [Ja’akow hatte nämlich von allem Silber und Gold, das er aus dem Haus Lawans mitgebracht hatte, einen Haufen gemacht und zu Esaw gesprochen, nimm dies für deinen Anteil in der Höhle und Esaw willigte ein. Raschi Bereschit 50:5]. Esaw verlangte eine Einsichtnahme in den Kaufvertrag.

Die Brüder versicherten ihm, dass sie das Dokument besassen, aber dass sie es in Ägypten zurückgelassen hatten. Esaw bestand darauf, das Begräbnis so lange aufzuschieben, bis die Brüder den Verkauf der letzten Grabstätte beweisen konnten.

Wen sollten die Brüder nach Ägypten zurückschicken? Die Zeit der Intercity-Züge war noch nicht gekommen. Sie einigten sich auf Naftali, den schnellsten Läufer unter den Brüdern.

Chuschim ben (der Sohn des) Dan war taub. Deshalb verlangte er eine Erklärung dafür, weshalb das Begräbnis seines Grossvaters mittendrin aufgehalten wurde. Chuschim war verblüfft, als ihm der Grund für die Verzögerung angegeben wurde. ‚Mein Grossvater soll hier schändlich liegen bleiben, bis Naftali aus Ägypten zurückkehrt?‘ Daraufhin hieb Chuschim Esaw mit einem Knüppel über den Kopf und tötete ihn. Der Talmud folgert, dass dies die Erfüllung von Riwkas Sorge war: „Warum soll ich euch beide an einem Tag verlieren?“ [Bereschit 27:45]. Der Talmud fügt hinzu, obwohl sie nicht am gleichen Tage starben, fand jedoch das Begräbnis beider am gleichen Tag statt.

Dies ist eine merkwürdige Begebenheit. War von Ja’akows zwölf edlen und aussergewöhnlichen Kindern und von seinen herrlichen Enkelkindern nur Chuschim ben Dan feinfühlig genug, um das Unerträgliche dieser Situation wahrzunehmen? Warum hebt der Talmud ausserdem seine Taubheit speziell hervor?

Der Mirer Rosch Jeschiwa, Rav Chajim Schmulewitz sz‘l, erklärt, dass diese Gemara uns eine wichtige Lebensweisheit lehrt. Der Unterschied zwischen Chuschim und den anderen Kindern und Grosskindern lag im Umstand, dass sich die letzteren unglücklicherweise bereits an den Gedanken gewöhnt hatten, ihr Vater müsse in Schande liegen bleiben, bis Naftali aus Ägypten zurückkehrt. Warum?

Die Antwort darauf ist, dass es kontinuierlich begann. Zuerst gab es eine Forderung. Dann kam eine Gegenforderung. Als nächstes folgte eine Gegendarstellung usw. Alle anderen gewöhnten sich langsam an die Tatsache, dass Verhandlungen im Gange waren, ohne daran zu denken, dass das Ganze eine Riesenbeleidigung für Ja’akows Ehre war.

Alle hatten Zeit, um sich langsam an den Lauf der Geschehnisse zu gewöhnen. Chuschim jedoch war taub und konnte sich deshalb nicht am Dialog beteiligen. Als Chuschim fragte, was vor sich ging, hatte er keine Vorbereitungszeit. In einem Moment war er konfrontiert mit der ganzen Wucht der Lage, wie wenn er von einer Ladung Ziegelsteine getroffen worden wäre. Chuschim hatte g‘ttseidank keine Angewöhnungszeit.

Daraus lernen wir eine beeindruckende Einsicht in die menschliche Natur. Menschen gewöhnen sich an alles. Diese Erscheinung ist Segen und Fluch in einem. Menschen könnten ohne die Fähigkeit, sich anzupassen, nicht bestehen. Manchmal befinden wir uns in schrecklichen Situationen und wir wissen nicht, wie wir das überleben sollen. Aber g‘ttseidank sind Menschen anpassungsfähig und formbar.

Der erschreckende Nachteil dieser Erscheinung ist jedoch, dass wir uns an alles gewöhnen können – an Mord, an Gewalt – an alles. Wenn ein Soldat im Krieg zum ersten mal jemanden umbringen muss, ist er ausser sich. Aber wenn jemand genügend lange tötet und oft den Tod um sich greifen sieht, kann er sogar das bewältigen.

Folgendes können wir daraus lernen: Es gibt Zeiten, in denen man sagen muss: ‚Man erwartet nicht von mir, dass ich mich daran gewöhne. In gewissen Situationen muss ich jederzeit mit Abscheu und Ekel reagieren‘.

Meine Vorträge sind für viele meiner Schüler der „letzte Stop“ bevor sie die Jeschiwa verlassen. Nachher gehen sie oft hinaus in die Welt und erlernen einen Beruf. Ein, zwei Jahre später treffe ich häufig ehemalige Studenten. Wenn ich mich erkundige, wie es denn so gehe, antworten sie mir manchmal: ‚Schrecklich, ich kann das Büro nicht ausstehen. Ich ertrage den Schmutz nicht. Ich halte das unzüchtige Geschwätz nicht aus. Und auch nicht all die Anzüglichkeiten.‘

Ich antworte dann mit einem Segen: ‚Du sollst immer auf diese Art fühlen. Es ist schlecht, wenn du dich daran gewöhnst‘. Es gibt Umstände im Leben, in denen wir immer mit Abscheu reagieren müssen. Das Problem beginnt erst richtig, wenn wir eine untragbare Situation zu akzeptieren beginnen.

(Anmerkung des Herausgebers: Verschiedene Leser der englischen Version fragten, wieso Chuschim das Recht hatte, Esaw kurzerhand zu töten. Niemand tadelte Chuschim, nachdem er Esaw getötet hatte und er wurde auch nicht wegen Mord vor Gericht gestellt. Chuschim hatte recht, obwohl wir – oberflächlich gesehen – nicht wissen, warum. Darauf gab Rav Frand folgende Antwort:

Der Ramban zu Paraschat Wajischlach [34:13] erklärt im Namen des Rambam, dass Schimon und Levi die Bewohner von Schechem töteten, weil sie sicher zumindest einige der Schewa Mizwot Benej Noach (die sieben universalen Gesetze, die Noach und all seinen Nachfahren erhalten hatten) übertreten hatten: Awoda Sara (Götzendienst), Gesel (Diebstahl) und Gilui Arajot (Unzucht). Aus diesem Grund waren sie alle todesschuldig. (Ein Benej Noach, der einen der sieben noachidischen Gebote übertritt, ist todesschuldig)

Vielleicht war die Situation bei Chuschim und Esaw dieselbe. Wir wissen von unseren Weisen, dass Esaw mehrere der sieben Gesetze, Mord und Unzucht eingeschlossen, übertreten hatte. Aus diesem Grund war auch Esaw todesschuldig. Ausserdem liess Esaw es nicht zu, dass Ja’akow auf Land, das ihm gehörte, begraben werden soll. Diese Tatsache könnte einen Akt von Diebstahl darstellen. Und für das allein wäre er schon todesschuldig geworden.)


Quellen und Persönlichkeiten:
Rav Chajim Schmulewitz (1902 - 1978); Rosch Jeschiwa Mir; Litauen; Kobe; Jerusalem. 

 

Rav Frand, Copyright © 2007 by Rav Frand und Project Genesis, Inc und Verein Lema'an Achai / Jüfo-Zentrum.

Weiterverteilung ist erlaubt, aber bitte verweisen Sie korrekt auf die Urheber und das Copyright von Autor, Project Genesis und Verein Lema'an Achai / Jüfo-Zentrum und auf Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, sowie www.torah.org.

PopFeed: The email recipient specified is either empty or invalid. Please check the plugin options.

Drucken E-Mail

  • /parascha/23-wajechi/495-raw-frand-zu-parschat-wajechi-5761-beitrag-1.html
  • https://www.juefo.com/

Aktuell sind 214 Gäste und keine Mitglieder online